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Krisen belasten die Internationalisierung

Die Expansion ins Ausland steht weiterhin im Fokus deutscher Unternehmen. Internationale Krisen wie die in Osteuropa oder Syrien verunsichern allerdings. Worauf Unternehmer achten müssen.

Hemmen die weltweiten Krisen die Internationalisierung deutscher Unternehmen?


Dr. Thomas Schneider, Partner, EIM Executive Interim Management

Deutliche Einschnitte sind bei der Internationalisierung in Richtung Osteuropa zu sehen. Dies gilt insbesondere für die ehemaligen GUS-Staaten. Bereits freigegebene Investitionsvorhaben wurden gestoppt, geplante Vorhaben werden „on hold“ gesetzt. Die Unsicherheit im Hinblick auf die politischen und wirtschaftlichen Risiken lässt derzeit viele Unternehmer Abstand nehmen.


Jörn Ehrsam, Steuerberater, Spitzweg Partnerschaft

Natürlich ist es ein Rückschritt für deutsche Unternehmen, wenn sie von einem auf den anderen Tag ein Absatzgebiet verlieren, weil dort ein Krieg ausgebrochen ist. Das Beispiel Syrien zeigt dies leider am besten. Aufgrund des dort angefangenen Bürgerkriegs im Jahr 2011 ist für einige unserer Mandanten von heute auf morgen ein kompletter Markt weggebrochen. Hier mussten sich die Unternehmen teilweise wieder komplett neu aufstellen. Die Akquisition neuer Märkte und Aufträge geht nicht von heute auf morgen. Firmen, die hier nicht auf diese Region fokussiert waren, konnten das kompensieren, andere mussten sich komplett neu aufstellen.


Thomas Krempl, Partner, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Die Hiobsbotschaften aus den internationalen Krisenregionen (Syrien, Iran, Irak, Ukraine) haben die Verunsicherung der Unternehmensmanager verstärkt. Ob und inwieweit die aktuellen politischen Krisen die Internationalisierung deutscher Unternehmen grundsätzlich hemmen, ist jedoch fraglich. Diese Krisen treffen vorrangig Unternehmen mit Absatzmärkten oder Auslandsinvestitionen in diesen Regionen, hemmen aber die Internationalisierungsstrategien eher nicht. Sorgen um eine ggf. abkühlende Weltkonjunktur oder die noch latent vorhandene Finanzkrise im Euro-Raum dürften bei den Überlegungen deutscher Unternehmen eine größere Rolle spielen.


Hans-Joachim Heusler, Geschäftsführer, Bayern International Gmb

Internationalisierung ist ein langfristiger Trend. Krisen belasten diese Entwicklung, stoppen sie aber nicht. Deutsche Unternehmen sind gut aufgestellt und profitieren von der Qualität ihrer Produkte, ihrer Innovationskraft und dem Label „Made in Germany“.Die Expansion ins Ausland steht weiterhin im Fokus deutscher Unternehmen. Internationale Krisen wie die in Osteuropa oder Syrien verunsichern allerdings. Worauf Unternehmer achten müssen.

Wo liegen die Fallstricke bei der Internationalisierung?


Dr. Thomas Schneider

Nach wie vor ist die Unkenntnis lokaler Geschäftspraktiken und kultureller Besonderheiten der Hauptgrund einer gescheiterten Internationalisierung. Insbesondere mittelständische Unternehmen beauftragen gerne ihren „besten Mann“ mit dieser Aufgabe und verkennen zwei Probleme, die sich daraus ergeben: Am Stammsitz schaffen sie eine signifikante Lücke, und für den Aufbau der Auslandstochter fehlt Vor-Ort-Wissen. Die erforderliche Fachkenntnis alleine reicht nicht.


Jörn Ehrsam

Deutsche Unternehmen haben im Ausland einen hohen Stellenwert. Dies liegt insbesondere an der fachlichen Kompetenz, Termintreue und Strukturiertheit. Leider haben unsere Mandanten im Ausland aber immer damit zu kämpfen, dass ausländische Auftraggeber sich nicht an die Absprachen halten, was für mittelständische Unternehmen oftmals zu Liquiditätsschwierigkeiten führt, wenn Projekte nicht abgenommen oder verzögert werden und sich dadurch auch die Zahlungen verzögern. Insbesondere in Zeiten, in denen die Banken auch die Kreditvergabe nur mit erheblichen Sicherheiten belegen, ist dies wohl einer der größten Hindernisse für deutsche Unternehmen. Was den ausländischen Auftraggebern jedoch nicht bewusst ist, ist der Umstand, dass sie mit diesem Verhalten auch die eigene Entwicklung in ihrem Land verzögern, da sich Mandanten schon wieder aus solchen Märkten zurückziehen und sich Länder suchen, die als verlässliche Geschäftspartner einzustufen sind.


Thomas Krempl

Externe und von den Unternehmen kaum beeinflussbare Herausforderungen bei der Umsetzung der Internationalisierungsstrategien sind vorrangig mangelnde Rechtssicherheit, rechtliche Hemmnisse und Handelsbarrieren. Aber auch Währungsrisiken und zu lange Zahlungsfristen werden von den Unternehmen als Hemmnisse genannt. Schließlich bleibt auch der Schutz geistigen Eigentums eine große Herausforderung für international tätige Unternehmen. Weitere Fallstricke könnten Probleme mit ausländischen Kooperationspartnern oder kulturelle und sprachliche Barrieren sein.


Hans-Joachim Heusler

Eine der größten Hürden für Unternehmer bei der Markterschließung sind die kulturellen Unterschiede. Was wird etwa bei einer Messebeteiligung in einer bestimmten Exportregion von mir als Aussteller erwartet, ist eine sehr wichtige Frage, die über Erfolg oder Misserfolg der Messeteilnahme entscheidet. Interkulturelle Aspekte sind bei einer Markterschließung genauso wichtig wie die Finanzierung.

Die Expansion ins Ausland steht weiterhin im Fokus deutscher Unternehmen. Internationale Krisen wie die in Osteuropa oder Syrien verunsichern allerdings. Worauf Unternehmer achten müssen.

Welche Länder sind für Unternehmen derzeit besonders attraktiv?


Dr. Thomas Schneider

Die Unsicherheit in Bezug auf Osteuropa wurde bereits angesprochen. Zudem hören wir von vielen Unternehmern, dass sie in China auf zunehmend mehr Restriktionen stoßen, die in erster Linie vom Versuch der Behörden motiviert sind, lokale Produzenten zu schützen. Dadurch ziehen Länder wie Südkorea und Indonesien deutlich mehr Investitionen an. Auch die USA erleben aufgrund ihrer wachsenden Wirtschaft gerade wieder eine Renaissance.


Jörn Ehrsam

Hier gibt es keine allgemeingültige Aussage. Jedes Land kann für deutsche Unternehmen interessant sein. Es kommt ganz darauf an, was das Unternehmen anbietet. Die Absatzmärkte Indien und China können aufgrund ihrer Hebelfunktion attraktiv für Unternehmen sein, da hier entsprechende Massen verkauft werden können. Andere Länder wie in Afrika bieten sich für deutsche Unternehmen an, da hier noch enormer Bedarf etwa hinsichtlich des Aufbaus einer Infrastruktur besteht und deutsche Unternehmen geeignete Partner sind.


Thomas Krempl

Aufgrund der gegenwärtig stagnierenden Konjunkturaussichten im Euro-Raum und den sonstigen EU-Mitgliedstaaten dürfte die sich sukzessive erholende Wirtschaftsleistung in Nordamerika (USA und Kanada) wieder für zunehmende Auslandsaktivitäten deutscher Unternehmen sorgen. Daneben sind aber auch die Absatz- und Beschaffungsmärkte in Asien, allen voran China, trotz aller Rückschläge im Einzelfall weiterhin für ein stabiles internationales Geschäft deutscher Unternehmen attraktiv. Gleiches gilt – mit Abstrichen – für Indien und weitere Schwellenländer in Asien.


Hans-Joachim Heusler

Das hängt stark davon ab, in welcher Branche ein Unternehmen tätig ist. Medizintechnikfirmen konzentrieren sich auf andere Märkte als Unternehmen aus der Bauwirtschaft. Für kleine- und mittelständische Unternehmen sind natürlich unverändert die klassischen Exportmärkte in Westeuropa und den USA und Märkte in Mittel- und Osteuropa ein gutes Sprungbrett in die Internationalität. Generell kann man sagen, dass die asiatischen Märkte interessant bleiben und dass die Firmen den Sprung nach Afrika wagen sollten, um den Markt nicht komplett anderen Ländern wie China zu überlassen. Es gibt für deutsche Firmen dort noch viel zu entdecken.

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