Kommunikation in der Krise

Reputationskrisen können Unternehmen unvermittelt treffen. Entscheidend ist die richtige Kommunikation. Denn nur so können die Erwartungshaltung von Journalisten und Öffentlichkeit mit dem Ziel des Unternehmens vereint werden: Selbsterhalt. 

Die E-Mail des Redakteurs vom Bayerischen Rundfunk traf die Geschäftsführerin des mittelständischen Anlagenbauers wie ein Donnerschlag. Er recherchiere wegen illegaler Lieferungen des Unternehmens an den Iran. Vom Unternehmen gelieferte Güter seien für den Anlagenbau zur Urananreicherung geeignet und fielen damit unter das EU-Iran-Embargo. Mitgesandt wurde eine umfangreiche Liste mit Fragen zum Unternehmen, zu den Geschäftsbeziehungen zum Iran und zu Genehmigungen des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Gern würde man auch ein Interview vor der Kamera hierzu machen. Eine Frist zur Beantwortung war ebenfalls gesetzt: zwei Tage.

Kapazität, Erfahrung und Neutralität

Kritische Recherchen von Journalisten zu Themen, die Einfluss auf die Reputation und damit auf die Rentabilität haben können, treffen mittelständische Unternehmen oft unvermittelt. Doch auch wenn Unternehmen inhaltlich auf kritische Anfragen vorbereitet sind, verlangen PR-Krisen ad hoc mehr Arbeitsressourcen. Die in solchen Situationen notwendigen Kapazitäten bieten spezielle Beratungsagenturen. Vor allem aber bringen sie, neben der Erfahrung im Umgang mit Journalisten und der Öffentlichkeit, die notwendige kritisch-neutrale Außensicht auf die Ereignisse mit. Der Erwartungshaltung von Journalisten und der Öffentlichkeit nach Transparenz steht meist das protektionistische Selbstverständnis eines Unternehmens gegenüber. Viele Krisen eskalieren daher durch mangelhafte Kommunikation. Eine gute Krisenberatung führt die verschiedenen Standpunkte und Erwartungen frühzeitig zusammen

TV-Überfall verhindern

Im Fall des mittelständischen Anlagenbauers war die erste kommunikative Empfehlung, alle Fragen schriftlich zu beantworten, zumal die Geschäftsführer den Umgang mit Medien nicht gewohnt waren. Journalisten sind verpflichtet, Unternehmen, über die sie kritisch berichten wollen, um eine Stellungnahme anzufragen. Eine Frist zur Beantwortung muss dabei „angemessen“ sein. Sie hängt jeweils von der Komplexität der Fragen und der Erfahrung des Unternehmens im Umgang mit Journalisten ab. Fristen von drei bis fünf Tagen sind üblich und nur in seltenen Fällen auch kurzfristiger angemessen.

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