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Klare Verhältnisse

Die Vitrinen des hessischen Traditionsunternehmens Glasbau Hahn sind bei der Aufbewahrung wertvoller Kunstschätze weltweit begehrt. Mit klarem Blick für die Erfolgsfaktoren von gestern und heute hat die Familie auch die Nachfolge frühzeitig geregelt. 

Die von Jacob van Ruisdael im 17. Jahrhundert gemalten Ölbilder der niedersächsischen Burg Bentheim sind Kunstsammlern heute mehrere Millionen Euro wert. Gleich einige tausend Jahre alt ist die Mumie des Pharao Tutenchamun, die Besucher in der ägyptischen Stadt Luxor besichtigen können. Beide Ausstellungsstücke haben eines gemeinsam: Sie werden durch maßgeschneiderte Vitrinen der Glasbau Hahn GmbH vor schädlichen Umwelteinflüssen geschützt. Auch Exponate im Natural History Museum von London und im Louvre von Paris, in der Eremitage in St. Petersburg oder im Metropolitan Museum of Art in New York werden in den Glasumhüllungen aus Hessen aufbewahrt. „Mein Großvater hat die Basistechnologie geschaffen, seine Söhne haben sie weiterentwickelt und sie prägt bis heute den Bau von Vitrinen weltweit“, sagt Geschäftsführer Tobias Hahn.

 
Perfektion in Glas: Zu den Kunden zählt auch das Natural History Museum in London.

 

Tradition und wegweisende Entwicklungen

Gemeinsam mit seiner Cousine Isabel Hahn ist er nun angetreten, die Erfolgsgeschichte des Familienunternehmens in der fünften Generation weiterzuführen. Die Tradition reicht zurück bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts, als die Glasbearbeitung und später der Baubereich die Aktivitäten prägten. Rund fünf Prozent entfallen auf Glaskonstruktionen für Gebäude. Ein Fünftel des Umsatzes kommt zudem aus dem Fensterbau, für den das Unternehmen zunächst vor allem die Glaslamellen zugeschnitten hatte. Als im Zuge des wachsenden Energiebewusstseins die in den Glasrahmen liegende Technologie zur Isolierung und Dämmung enorm an Bedeutung gewann, war Hahn Glasbau unversehens in einer weiteren Marktnische etabliert.Generationenwechsel und Gesellschaftsvertrag

Die Entwicklung im Fensterbau wurde von den Brüdern Till und Thomas Hahn angestoßen, die in den 1970er Jahren die Geschäftsführung in vierter Generation übernommen hatten. In ihre Ära fielen auch die digital gesteuerte Klimatisierung der Vitrinen sowie das weitere nationale und internationale Wachstum. Klare Vorstellungen hatten die beiden Brüder auch, als sie vor rund sechs Jahren kurz nacheinander die Nachfolge einleiteten. „Die Familie hat den Generationswechsel zum Anlass für eine umfassende Strukturierung des Unternehmens und für die Verfassung eines professionell gestalteten Gesellschaftsvertrags genommen“, berichtet Tobias Hahn. So wurde die Arbeitsteilung in Form einer divisionalen Struktur neu geordnet. Isabel ist verantwortlich für den Vitrinenbereich und Tobias für die Abteilungen Glaserei und Lamellenfenster sowie für die Verwaltung. Einhergehend mit der Umwandlung von einer GmbH & Co. KG in eine Kapitalgesellschaft wurde in dem Gesellschaftsvertrag zudem das Verhältnis von Gesellschaftern und Geschäftsführung klar reglementiert. „Die Firmenverfassung ist so gestaltet, dass das Unternehmen auch unabhängig von der Familie weitergeführt werden könnte – etwa wenn sich die Gesellschafteranteile verändern oder ein Fremd-Geschäftsführer gebraucht werden sollte“, erläutert Hahn.

Gut vorbereitet für die Nachfolge

Lufthansa Heimatbasis in Frankfurt: Mit Außenfassade von Glasbau Hahn

Isabel Hahn (43) hatte den Eintritt in den Familienbetrieb frühzeitig geplant. Schon beim betriebswirtschaftlichen Studium an der European Business School fanden die internationalen Anforderungen des Unternehmens in Form von Auslandssemestern in der Schweiz und den USA Berücksichtigung. Cousin Tobias (43) hat zusätzlich zur abgeschlossenen Glaserausbildung ebenfalls ein BWL-Studium absolviert. Zwischenzeitlich war er auch als Musikproduzent – unter anderem mit zwei Top-40-Charterfolgen – gut im Geschäft. „Letztlich war aber das Familienunternehmen und dessen Weiterentwicklung wichtiger für mich“, sagt der Geschäftsführer. Die Senioren halten nach wie vor die überwiegende Mehrheit an den Firmenanteilen. Die Geschäftsführung aber haben sie mit dem Eintritt ins Rentenalter vollständig übergeben. Isabels Vater Till Hahn allerdings kümmert sich noch heute um einige wichtige Kunden und steht der Tochter mit seiner Erfahrung beratend zur Seite.

 

Kurzprofil Glasbau Hahn GmbH

Gründungsjahr: 1829

Branche: Glasbau, Vitrinen, Fenster

Unternehmenssitz: Frankfurt am Main

Mitarbeiterzahl: 140

Umsatz 2012: rund 25 Mio. EUR

Internet: www.glasbau-hahn.de„Die Beziehung zwischen Eltern und Kindern ist nie unbelastet“

Interview mit Tobias Hahn, Geschäftsführer der Glasbau Hahn GmbH

 

Unternehmeredition: Wie haben Sie die Übernahme der Verantwortung im Familienbetrieb empfunden?

Hahn: Ich war mit dem Unternehmen durch Ferienjobs in der Werkstatt bis hin zu Auslandsmontagen von Jugend an eng verbunden. Während der zweijährigen Einarbeitung in die Geschäftsführung hat mich mein Vater dann mit den Anforderungen an das Management und vor allem auch mit den internationalen Regeln vertraut gemacht. Der volle Umfang der Verantwortung wurde mir aber erst bewusst, als er sich ganz aus dem operativen Geschäft zurückzog. Das war fast schon ein Schock, und in den ersten zwei Jahren habe mich mitunter sogar gefragt, ob diese Schuhe nicht zu groß sind. Erleichtert wurde die Übergangsphase allerdings auch durch die Tatsache, dass mein Vater ein funktionierendes mittleres Management aufgebaut hatte. So konnte der Betrieb operativ relativ unabhängig von der Nachfolgeregelung weiterarbeiten.

Mussten sich die Beschäftigten an einen neuen Führungsstil gewöhnen?

Da wir eine sehr geringe Fluktuation haben, kenne ich die meisten Mitarbeiter schon über eine lange Zeit. Andererseits war es für die Beschäftigten, die jahrzehntelang für den Vater gearbeitet hatten, schon eine große Umstellung. Unser Führungsstil und unsere Persönlichkeiten sind eben doch unterschiedlich. Ich habe etwa am Anfang viel mehr Fragen gestellt und versucht, die Mitarbeiter mit ihren Einschätzungen mit ins Boot zu nehmen. Damit waren einige dann aber zum Teil überfordert.

Welchen Rat würden Sie anderen Unternehmerfamilien geben?

Die Beziehung zwischen Eltern und Kindern ist nie unbelastet. In unserem Fall ist sie sehr gut, aber auch sie wird von unterbewussten Kräften beeinflusst. So will man etwa nichts machen, von dem man denkt, dass der Vater es nicht gut findet. Dieser Kräfte sollte man sich bewusst sein, um eine objektive Entscheidung zu treffen. Dann steht man vor der Frage: Ist es gut so oder widersetze ich mich dem? Ich habe in der Übergangszeit unter anderem in psychologischen Fachbüchern zu den Themen Nachfolge, Familie und Kommunikation gute Anregungen gefunden. Möglicherweise hilft auch der Informationsaustausch mit anderen Unternehmern. Mir bringt zum Beispiel die Mitgliedschaft im BdW Bundesverband einen persönlichen Mehrwert. Da geht es um Nachhaltigkeit und ökosoziale Marktwirtschaft – aus meiner Sicht eines der wichtigsten Themen unserer Zeit.

Herr Hahn, vielen Dank für das Gespräch.

 

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