Website-Icon Unternehmeredition.de

Kampf statt Übergabe

Viele Unternehmen werden von Konflikten zwischen Senior und Junior zerrieben, bis hin zur Insolvenz. Die Ursachen liegen in Eitelkeiten und fehlendem Vertrauen. Warum das Allzumenschliche bei der Übergabe immer wichtiger wird.

Dann war das Unternehmen auf einmal weg: Eine Traditionsbäckerei und -konditorei im niedersächsischen Oldenburg, die zuletzt rund 100 Mitarbeiter beschäftigte, geriet zwischen die Mühlen von Senior und Junior. Dabei war alles natürlich anders geplant: „In unserer Familie stand immer fest, dass ich eines Tages den Betrieb übernehmen würde“, berichtet Enno Lübbe, der seinen richtigen Namen lieber nicht in der Presse lesen möchte. „Ich selbst wollte das auch, ich wollte dort Chef sein, wo ich als Kind schon in der Backstube gespielt hatte“, erinnert er sich wehmütig.

Lübbe absolvierte eine Ausbildung zum Bäcker und Konditor, machte seinen Meister und übernahm kurz darauf die operative Führung. Vater Martin wollte ihm eigentlich nur noch so lange zur Seite stehen, bis der Sohn alles komplett im Griff hatte. „Aber das hatte ich seiner Ansicht nach wohl nie“, sagt Lübbe. Ständig redete er ihm in seine Arbeit hinein, blockierte Entscheidungen, stellte sich dem Ausbau des Filialnetzes entgegen. „Damit konnte ich mich irgendwie noch abfinden“, berichtet der Unternehmersohn. Das Schlimmste sei gewesen, dass Lübbe Junior mit den Mitarbeitern bestens zurechtkam, wenn sein Vater sich nicht im Betrieb aufhielt. „Sobald er aber auftauchte, hatte ich nichts mehr zu sagen, dann war er der Chef, jeder schaute nur auf ihn“, erzählt Lübbe.

Nach einigen harten Auseinandersetzungen befand der Junior, so habe es keinen Zweck mehr – und stieg aus. Als sein Vater kurze Zeit später verstarb, führte seine Ehefrau die Firma zunächst weiter, Sohn Enno wollte nicht wieder zurück. „Ich konnte den ganzen Betrieb einfach nicht mehr sehen“, sagt er heute. Dann ging es nach der langen Firmengeschichte steil bergab. Lübbes Mutter verkaufte das Unternehmen schließlich. Die neuen Inhaber liquidierten den Betrieb nach gut einem Jahr – Insolvenz.

Offener und unterschwelliger Streit

Firmenübergaben innerhalb der Familie sind heute komplizierter geworden. Das gilt für kleinere Mittelständler ebenso wie für große Unternehmen. Der Lebensmittelkonzern Oetker-Gruppe aus Bielefeld, der Bonner Süßwarenkonzern Haribo, Tönnies Lebensmittel im nordrhein-westfälischen Rheda-Wiedenbrück oder der Playmobil-Hersteller Geobra Brandstätter mit Sitz in Zirndorf sind nur einige prominente Beispiele dafür. Was sich bei ihnen teils im Rampenlicht der Öffentlichkeit zuträgt, passiert so oder so ähnlich auch bei klassischen Mittelständlern.

Dabei gibt es viele Möglichkeiten, die Übergabe zu torpedieren: Ungünstig übertragene Gesellschaftsanteile, unglücklich verteilte Stimmrechte und falsch aufgesetzte Testamente. Patriarchen, die nicht loslassen. Nachfolger, die sich mit ihren Vorstellungen von Firmenentwicklung und -führung nicht durchsetzen können. All diese Stolpersteine können einen erfolgreichen Übergang des Unternehmens auf die nächste Generation vereiteln.

Viele Unternehmen werden von Konflikten zwischen Senior und Junior zerrieben, bis hin zur Insolvenz. Die Ursachen liegen in Eitelkeiten und fehlendem Vertrauen. Warum das Allzumenschliche bei der Übergabe immer wichtiger wird.

Wortungetüm „Dauertestamentsvollstreckung“

Manchmal folgt der Vertrauensverlust posthum. Ein Beispiel dafür ist Kirsten Schubert. Sie war gerade mal 13 Jahre alt, da stand für sie bereits fest, was sie beruflich später einmal machen wollte: ins Unternehmen ihres Vaters einsteigen, um eines Tages seine Nachfolgerin zu werden. Das war im Jahr 1981. Christoph Schubert hatte den Gebäudedienstleister mit Sitz in Düsseldorf, die spätere Schubert Unternehmensgruppe, 1967 gegründet, Tochter Kirsten wurde zusammen mit der Firma groß. „Das Unternehmen war einfach immer präsent“, erinnert sie sich heute.

„Ich habe dann Betriebswirtschaft studiert und nach meiner Promotion erst einmal eine Niederlassung in Österreich aufgebaut“, berichtet Schubert. Im Jahr 2002 kehrte sie nach Düsseldorf zurück, reorganisierte den Hauptsitz der Unternehmensgruppe, wurde Sprecherin der Geschäftsführung. „2008 hat mein Vater dann jeweils 45 Prozent der Anteile auf meine Schwester und mich übertragen“, sagt Schubert. 99 Prozent der Stimmrechte verblieben allerdings beim Firmengründer. Seine Nachfolge regelte Christoph Schubert per Testament.

Quelle: DIHK

In den kommenden zwei Jahren lief in Firma und Familie alles bestens. Bis der Abend des 19. August 2010 kam, an dem Christoph Schubert völlig unerwartet verstarb. „Ich war mir sicher, dass er die Unternehmensnachfolge gut geregelt hatte, so wollte ich mich zuerst einmal in Ruhe um die Beerdigung kümmern“, erläutert Kirsten Schubert. Doch dann erhielt sie einen Anruf des kaufmännischen Geschäftsführers, der ihr sagte: „Nehmen Sie sich besser einen Anwalt, Ihr Vater hat ein ganz merkwürdiges Testament gemacht.“ Und an diesem Testament zerbrach der Traum, die Unternehmensnachfolge anzutreten.

Im Falle der Schubert Unternehmensgruppe verhinderte das Testament des Vaters, dass sich der Wunsch von Tochter Kirsten, eines Tages seine Nachfolge anzutreten, erfüllte. „Ich nahm mir einen Anwalt, der das Testament prüfte“, erzählt sie. Bald war klar: Hier ist Gefahr in Verzug. Der Grund: Christoph Schubert hatte befunden, dass es für zwei Frauen zu anstrengend sei, ein Unternehmen mit 5000 Mitarbeitern in der schwierigen Branche des Facility Managements zu führen. Daher hatte er eine Dauertestamentsvollstreckung über 30 Jahre für seinen Steuerberater festgelegt. „Für den Fall, dass wir damit nicht einverstanden sein sollten, war als Variante nur der Verkauf vorgesehen“, sagt Kirsten Schubert. Und die Entscheidung, ob das Unternehmen verkauft werden sollte, musste innerhalb von vier Wochen fallen. „Das war schon schwierig genug, da wir die Sterbeurkunde erst nach einer Woche hatten, wir für 32 deutsche Gesellschaften in Deutschland und eine Holding in der Schweiz handeln mussten.“

Viele Unternehmen werden von Konflikten zwischen Senior und Junior zerrieben, bis hin zur Insolvenz. Die Ursachen liegen in Eitelkeiten und fehlendem Vertrauen. Warum das Allzumenschliche bei der Übergabe immer wichtiger wird.

„Die Dauertestamentsvollstreckung war für uns auf gar keinen Fall eine Option“, berichtet Schubert. Denn wie sich herausstellte, hatte sich der findige Steuerberater des Vaters von § 181 BGB befreien lassen, der sogenannte „Insichgeschäfte“ verbietet, also Rechtsgeschäfte mit sich selbst. „Das hätte bedeutet, dass sämtliche Aufträge in allen Steuersachen automatisch an sein Büro gegangen wären“, erklärt Schubert. Das Unternehmen wäre für den Steuerberater damit über 30 Jahre hinweg zu einer wahren Goldgrube geworden.

Noch viel schlimmer: Mit dem Testament gingen die im Gesellschaftervertrag festgeschriebenen 99 Prozent der Stimmrechte des Vaters auf den Dauertestamentsvollstrecker über. Kirsten Schubert hätte damit keine Entscheidungen mehr treffen können. Sie handelte über ihren Anwalt immerhin noch aus, dass sie sich für den Verkauf des Unternehmens 18 Monate Zeit lassen konnte. Sie fand einen geeigneten Käufer, im Jahr 2012 ging die Schubert Unternehmensgruppe an die Wisag Facility Service Holding GmbH in Frankfurt.


„Ich hatte das Testament zwar gelesen, als mein Vater es aufsetzte. Aber ich war überzeugt davon, dass ich das Unternehmen behalten könnte, wenn ich es wollte.“

Kirsten Schubert, Unternehmernsberaterin


„Ich hatte das Testament zwar gelesen, als mein Vater es aufsetzte“, sagt Schubert heute. Schließlich dokumentierte es die Übertragung der Firmenanteile auf die Töchter. „Aber ich war überzeugt davon, dass ich das Unternehmen behalten könnte, wenn ich es wollte.“ Ein Trugschluss, der auch deshalb zustande kam, weil Christoph Schubert über Tod, Testament und seinen Rückzug nie groß gesprochen hatte. „Er war 69 Jahre alt, als er starb“, sagt Schubert. „Er wollte noch nicht gehen.“

Schubert hat die gescheiterte Firmennachfolge verarbeitet und ein Buch darüber geschrieben. „Mein Anliegen ist es, anderen Unternehmern mein Schicksal zu ersparen“, sagt sie. Daher berät sie inzwischen Familienunternehmen in allen Fragen zur Nachfolge. Denn Firmenübergaben in der Familie – und das weiß sie nur zu gut – bergen wirklich viele Stolperfallen.

Viele Unternehmen werden von Konflikten zwischen Senior und Junior zerrieben, bis hin zur Insolvenz. Die Ursachen liegen in Eitelkeiten und fehlendem Vertrauen. Warum das Allzumenschliche bei der Übergabe immer wichtiger wird.

Das Problem mit der Kommunikation

„Im Familienunternehmen vermischen sich zwei Bereiche: der emotionale, familiäre und der rationale Unternehmensbereich, die nach unterschiedlichen Regeln funktionieren“, konstatiert Beatrice Rodenstock, Unternehmensberaterin und Gesellschafterin der Rodenstock GmbH. Rodenstock hat über den Prozess der Nachfolge einen Aufsatz in dem neuen Buch „Veränderungsintelligenz – Agiler, innovativer unternehmerischer den Wandel unserer Zeit meistern“ geschrieben, der sich ausführlich mit dem Prozess der Nachfolge beschäftigt. Für sie sind es vor allem die „emotionalen Themen“ der Familie, die im ersten Schritt zu beachten sind, damit ein Generationswechsel erfolgreich werden kann. Sie spricht von „nicht ausgesprochenen Gefühlen und Erwartungen“, die „in der Familie zu Fallstricken führen könnten“.


„Im Familienunternehmen vermischen sich zwei Bereiche: der emotionale, familiäre und der rationale Unternehmensbereich, die nach unterschiedlichen Regeln funktionieren.“

Beatrice Rodenstock, Unternehmensberaterin


Vielleicht hat der älteste Sohn nach einem Studium in den USA Pläne, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Eventuell würde stattdessen die jüngste Tochter gern in die Fußstapfen des Vaters treten. Möglicherweise will auch nicht jeder, der Firmenanteile erhalten soll, ins operative Geschäft einsteigen. „Dann kann ein Familienmitglied einen Sitz im Aufsichtsrat oder Beirat bekommen“, erklärt Professor Rüsen, Geschäftsführender Direktor am Wittener Institut für Familienunternehmen. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist die Rügenwalder Mühle, bei der Senior und Junior Rauffus im Aufsichtsrat sitzen. Dabei sollte aber sehr sorgfältig bedacht werden, wer in ein Kontrollgremium entsandt wird. Geschieht dies nicht, ist eine gute Entwicklung des Unternehmens trotz bester Planung schnell blockiert.

So war es für einige Zeit auch bei der Alko SE. Stefan Kober, heute Vorstandsvorsitzender des Anbieters für Gartentechnik, Lufttechnik und Automotive mit Sitz im schwäbischen Kötz, war 15 Jahre lang gemeinsam mit seinem Bruder Raymond im eigenen IT-Unternehmen Cancom tätig. Als der Vater im Jahr 2005 schwer erkrankte, entschieden sich die Brüder jedoch, Cancom zu verlassen und zum Familienunternehmen zu wechseln. „Unser Vater war der jüngste von drei Brüdern, die in der zweiten Generation das Unternehmen aufgebaut haben“, sagt Kober.

Viele Unternehmen werden von Konflikten zwischen Senior und Junior zerrieben, bis hin zur Insolvenz. Die Ursachen liegen in Eitelkeiten und fehlendem Vertrauen. Warum das Allzumenschliche bei der Übergabe immer wichtiger wird.

Ab 2006 war der Alko-Vorstand dann mit vier Familienmitgliedern der dritten Generation besetzt. „Dort hatten wir den Generationswechsel vollzogen, leider nicht im Aufsichtsrat“, berichtet Kober. Die ältere Generation im Gremium habe versucht, an ihrer Macht festzuhalten. „Viele Entscheidungen, die wir treffen wollten, wurden blockiert“, sagt Kober. Dies habe dazu geführt, dass Alko nicht wachsen, sich nicht wirklich weiterentwickeln konnte. „2014 haben wir den Aufsichtsrat dann komplett neu besetzt“, erzählt der Vorstandschef. Außer Kobers Bruder hat seitdem dort kein Familienmitglied mehr einen Sitz. „Jetzt können wir unseren Weg gehen“, sagt Kober. (siehe auch UE 4/2017, S. 28–30).


„Viele Entscheidungen, die wir treffen wollten, wurden blockiert. 2014 haben wir den Aufsichtsrat dann komplett neu besetzt.“

Stefan Kober, Vorstandsvorsitzender Alko SE


Damit es zu derlei Schwierigkeiten nicht kommt, ist es gut, in der Familienstrategie festzulegen, wer später einmal mit welchen Stimmrechten ausgestattet sein soll. „Grundsätzlich sollten im Aufsichts- oder Beirat die Familienmitglieder mit der höchsten Kompetenz vertreten sein“, sagt Professor Rüsen. Derjenige, dem die Unternehmerfamilie am meisten zutraut, könne zudem eine Art „goldene Aktie“ erhalten. „Eine solche Regelung sieht vor, dass dem betreffenden Mitglied des Gremiums automatisch zusätzliche Stimmrechte zufallen, sobald existenzielle Entscheidungen zu treffen sind“, erklärt er. Natürlich ist auch zu überlegen, ob die scheidende Generation überhaupt Kontrollrechte haben soll.

Ungesunde Tandems

Doch selbst wenn die Unternehmensnachfolge von langer Hand vorbereitet ist, kann es zu Problemen kommen, sobald der Nachfolger an den Start geht. Wie bei der Unternehmensgruppe Fischer, die unter anderem auf Befestigungstechnik spezialisiert ist. Bekanntestes Produkt: der Fischer-Dübel. Im November 2011 hatte Inhaber Klaus Fischer noch öffentlich verkündet, Schwierigkeiten mit dem Loslassen habe er nicht. Der damals 61-Jährige hatte die operative Führung wenige Monate zuvor seinem Sohn Jörg überlassen.

Im Frühjahr 2012 war der eingeleitete Generationswechsel schon wieder Geschichte. „Wir haben in den vergangenen Wochen feststellen müssen, dass unsere Vorstellungen im Hinblick auf Ausrichtung und Führung des Unternehmens gravierend unterschiedlich sind“, sagte Fischer Senior damals. Sohn Jörg strich die Segel. Im Mai 2017 fand Klaus Fischer nach langer Suche einen Nachfolger – außerhalb der Familie.

Viele Unternehmen werden von Konflikten zwischen Senior und Junior zerrieben, bis hin zur Insolvenz. Die Ursachen liegen in Eitelkeiten und fehlendem Vertrauen. Warum das Allzumenschliche bei der Übergabe immer wichtiger wird.

Natürlich führt eine gescheiterte Nachfolge nicht immer gleich zum Verkauf des Unternehmens. Dennoch ist es gefährlich, wenn sich der Patriarch nicht verabschieden kann. „In solchen Fällen kommt es häufig zu einem Innovations- und Investitionsstau“, sagt Carmen Zotta, Leiterin Competence Center Kreditgeschäft und Corporate Finance an der Frankfurt School of Finance & Management. Da der alte Chef keine neuen Projekte mehr angehen will, hinter aktuellen Entwicklungen und Trends vielleicht auch zurückbleibt, tritt das Unternehmen auf der Stelle, die Wettbewerbsposition wird geschwächt.

Autoritäts- und Statusverlust

Daher ist es das Beste, ungesunde Tandems möglichst zu verhindern. „Ich sehe häufig solche Beispiele“, berichtet Michael Wörle, Vorsitzender und Geschäftsführer des VUN Verbandes für Unternehmensnachfolge e.V. in Hamburg. Da behaupte der Senior dann, der Junior könne nicht führen, aber das stimme meistens nicht. „Der Punkt ist vielmehr, dass ein Nachfolger nicht in der Lage ist, gut zu führen, wenn der Altinhaber von ihm erwartet, dass er ihn kopiert“, erläutert der Experte. Nachfolge habe schließlich nichts mit Folgen, nichts mit Gehorchen zu tun.

Die Lösung erkennt Dominik von Au, PwC-Partner im Bereich Familienunternehmen und Mittelstand und Geschäftsführer der Intes Akademie für Familienunternehmen, darin, dass sich Unternehmer rechtzeitig darüber Gedanken machen, wie ihr Leben aussehen soll, wenn sie nicht mehr an der operativen Spitze ihres Unternehmens stehen. Das bedeutet auch, sich mit der eigenen Endlichkeit, mit Autoritäts-, Macht- und Statusverlust auseinanderzusetzen. „Es ist daher sehr gut, wenn sich Senior-Chefs bei diesem Prozess begleiten lassen, um den Nachfolgeprozess in vielerlei Hinsicht reibungslos zu gestalten“, findet von Au. Gemeinsam mit Beratern sei eine objektive und sachliche Auseinandersetzung beispielsweise zu Fragen der finanziellen Alterssicherung oder der nachfolgefähigen Organisationsstruktur leichter zu klären.

Viele Unternehmen werden von Konflikten zwischen Senior und Junior zerrieben, bis hin zur Insolvenz. Die Ursachen liegen in Eitelkeiten und fehlendem Vertrauen. Warum das Allzumenschliche bei der Übergabe immer wichtiger wird.

„Ich habe einen Fall erlebt, da hat der Altinhaber noch einmal erfolgreich ein Unternehmen aufgebaut“, berichtet Wörle. Seinem Sohn verschaffte dies den Freiraum, die Firma, die er vom Vater übernommen hatte, nach seinen Vorstellungen zu führen. Der Senior hatte einen neuen Lebensinhalt. „Und die Probleme, die beide im Tandem hatten, waren ausgestanden“, stellt Wörle heraus.

Es gibt bei allen Risiken, die so eine wegweisende Entscheidung wie die Unternehmensnachfolge in sich birgt, auch konstruktive Optionen. Die Fallbeispiele, ob prominentes Familienunternehmen oder klassischer Mittelständler, vermitteln immer stärker ein negatives Bild vom Generationenwechsel. Eine Familienfehde lässt sich medial auch besser verkaufen als eine harmonische Übergabe. Von dieser Überpräsenz sollten sich Mittelständler nicht anstecken lassen, sondern unbeirrt ihren Weg weitergehen. Schließlich legen sie gerade diese Eigenschaft auch bei anderen unternehmerischen Entscheidungen an den Tag.


Übertragung per Testament vermeiden

Nicht im Alleingang: Wer bekommt später einmal welche Position im Unternehmen? Wer soll im Aufsichts- oder Beirat sitzen? Soll ein Unternehmen per Testament übertragen werden, dann müssen zumindest vorher alle wichtigen Aspekte im Familienkreis besprochen werden. Andernfalls kommt es später leicht zu Auseinandersetzungen.

Steuerlich unattraktiv: „Eine Übertragung im Todesfall per Testament kann auch steuerlich unattraktiv sein“, sagt die Juristin und PwC-Partnerin Susanne Thonemann-Micker, die auf Nachfolgeberatung und Stiftungen spezialisiert ist. Ein Grund dafür: Erbschaft- und Schenkungsteuer werden regelmäßig auch auf Cash-Bestände erhoben. „Tritt der Todesfall nun etwa an dem Tag ein, bevor alle Löhne und Gehälter gezahlt werden, fällt die Steuer höher aus als danach“, erklärt die Expertin.

Besser schenken: Den Zeitpunkt einer Schenkung hingegen kann der Unternehmer selbst bestimmen. Zudem können in den Schenkungsvertrag Widerrufsrechte aufgenommen werden – etwa für den Fall, dass der Beschenkte vor dem Schenker stirbt. „Vorteilhaft ist es auch, wenn geregelt wird, welchen Ausgleich Familienmitglieder bekommen, die nicht am Unternehmen beteiligt werden sollen“, sagt Thonemann-Micker.

 

Die mobile Version verlassen