Kampf statt Übergabe

Viele Unternehmen werden von Konflikten zwischen Senior und Junior zerrieben, bis hin zur Insolvenz. Die Ursachen liegen in Eitelkeiten und fehlendem Vertrauen. Warum das Allzumenschliche bei der Übergabe immer wichtiger wird.

Wortungetüm „Dauertestamentsvollstreckung“

Manchmal folgt der Vertrauensverlust posthum. Ein Beispiel dafür ist Kirsten Schubert. Sie war gerade mal 13 Jahre alt, da stand für sie bereits fest, was sie beruflich später einmal machen wollte: ins Unternehmen ihres Vaters einsteigen, um eines Tages seine Nachfolgerin zu werden. Das war im Jahr 1981. Christoph Schubert hatte den Gebäudedienstleister mit Sitz in Düsseldorf, die spätere Schubert Unternehmensgruppe, 1967 gegründet, Tochter Kirsten wurde zusammen mit der Firma groß. „Das Unternehmen war einfach immer präsent“, erinnert sie sich heute.

„Ich habe dann Betriebswirtschaft studiert und nach meiner Promotion erst einmal eine Niederlassung in Österreich aufgebaut“, berichtet Schubert. Im Jahr 2002 kehrte sie nach Düsseldorf zurück, reorganisierte den Hauptsitz der Unternehmensgruppe, wurde Sprecherin der Geschäftsführung. „2008 hat mein Vater dann jeweils 45 Prozent der Anteile auf meine Schwester und mich übertragen“, sagt Schubert. 99 Prozent der Stimmrechte verblieben allerdings beim Firmengründer. Seine Nachfolge regelte Christoph Schubert per Testament.

Quelle: DIHK
Quelle: DIHK

In den kommenden zwei Jahren lief in Firma und Familie alles bestens. Bis der Abend des 19. August 2010 kam, an dem Christoph Schubert völlig unerwartet verstarb. „Ich war mir sicher, dass er die Unternehmensnachfolge gut geregelt hatte, so wollte ich mich zuerst einmal in Ruhe um die Beerdigung kümmern“, erläutert Kirsten Schubert. Doch dann erhielt sie einen Anruf des kaufmännischen Geschäftsführers, der ihr sagte: „Nehmen Sie sich besser einen Anwalt, Ihr Vater hat ein ganz merkwürdiges Testament gemacht.“ Und an diesem Testament zerbrach der Traum, die Unternehmensnachfolge anzutreten.

Im Falle der Schubert Unternehmensgruppe verhinderte das Testament des Vaters, dass sich der Wunsch von Tochter Kirsten, eines Tages seine Nachfolge anzutreten, erfüllte. „Ich nahm mir einen Anwalt, der das Testament prüfte“, erzählt sie. Bald war klar: Hier ist Gefahr in Verzug. Der Grund: Christoph Schubert hatte befunden, dass es für zwei Frauen zu anstrengend sei, ein Unternehmen mit 5000 Mitarbeitern in der schwierigen Branche des Facility Managements zu führen. Daher hatte er eine Dauertestamentsvollstreckung über 30 Jahre für seinen Steuerberater festgelegt. „Für den Fall, dass wir damit nicht einverstanden sein sollten, war als Variante nur der Verkauf vorgesehen“, sagt Kirsten Schubert. Und die Entscheidung, ob das Unternehmen verkauft werden sollte, musste innerhalb von vier Wochen fallen. „Das war schon schwierig genug, da wir die Sterbeurkunde erst nach einer Woche hatten, wir für 32 deutsche Gesellschaften in Deutschland und eine Holding in der Schweiz handeln mussten.“

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