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Ist China der neue Champion?

Den Besuch Donald Trumps in China Anfang November interpretierten einige Medien als Wachablösung. China, so die Lesart, sei auf seinem Weg zur globalen Supermacht kaum noch aufzuhalten. Vier Experten kommentieren die Ambitionen aus Fernost.

Neben den USA ist China mittlerweile der wichtigste Zukunftsmarkt, auch für deutsche Mittelständler. Werden die Chinesen in absehbarer Zeit an den USA vorbeiziehen?


Dr. Margot Schüller, China-Expertin, German Institute of Global and Area Studies (GIGA)


Dr. Margot Schüller, China – Expertin, German Institute of Global and Area Studies (GIGA)

Davon gehe ich aus. Bereits 2016 war China für deutsche Exporteure der größte Absatzmarkt hinter den USA. Für deutsche Unternehmen als Lieferanten von Maschinen und Anlagen wird China als Absatzmarkt und Produktionsstandort noch wichtiger werden als bisher.

Marc Szepan, Gründungsmitglied, Mercator Institute for China Studies (MERICS)

China ist nicht nur der größte Zukunftsmarkt, sondern schon jetzt der wichtigste Absatzmarkt und Ergebnisbringer vieler Unternehmen. Auch wird China durch die Initiative „Neue Seidenstraße“ und der damit verbundenen milliardenschweren Investitionen der chinesischen Regierung ein Türöffner für Märkte in Südasien, dem Mittleren Osten und Teilen Afrikas.

Prof. Peter Bofinger, Wirtschaftsweiser der Bundesregierung

Schon jetzt liegen die deutschen Exporte nach China nur noch wenig unter dem Niveau der Ausfuhren in die Vereinigten Staaten. Daher ist bei dem hohen Wachstumstempo der chinesischen Wirtschaft spätestens bis zum Ende des Jahrzehnts damit zu rechnen, dass wir mehr Güter und Dienstleistungen nach China liefern werden als in die USA.


Rainer Burkardt, Rechtsanwalt, Burkhard & Partner


Rainer Burkardt, Rechtsanwalt, Burkardt & Partner

China wird fraglos weiterhin aufholen, jedoch in absehbarer Zeit nicht an den USA vorbeiziehen. Auch wenn sich die USA derzeit im Rahmen der Doktrin „America First“ zunehmend abschotten, bleiben sie ein wichtiger Absatzmarkt für deutsche Mittelständler. Denn auch China wird sich nicht weiter für ausländische Investoren öffnen, als für die Weiterentwicklung des chinesischen Marktes unbedingt notwendig ist.

Den Besuch Donald Trumps in China Anfang November interpretierten einige Medien als Wachablösung. China, so die Lesart, sei auf seinem Weg zur globalen Supermacht kaum noch aufzuhalten. Vier Experten kommentieren die Ambitionen aus Fernost.

Zahlreiche deutsche Unternehmen wie Kuka, KraussMaffei oder Osram stehen mittlerweile unter chinesischer Leitung. Wird die Einkaufstour so weitergehen?

Dr. Margot Schüller

Ja, das ist absehbar. Durch den Aufkauf deutscher Hightech-Unternehmen können chinesische Firmen ihre Technologielücke füllen und sich durch Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten stärker auf die Bedürfnisse deutscher/europäischer Kunden einstellen. Das Interesse an deutschen technologieintensiven Unternehmen mit einem guten Markennamen und gut entwickelten Vertriebsnetzen ist nach wie vor groß.


Marc Szepan, Gründungsmitglied, Mercator Institute for China Studies (MERICS)


Marc Szepan

China verfolgt das strategische Ziel, durch die Initiative „Made in China 2025“ zu den führenden Industrienationen aufzuschließen. Kernbestandteil dieser Strategie ist die Übernahme von global führenden Technologieunternehmen. Genau diese Marktführer sind häufig in Deutschland zu finden. Zwar sind grenzüberschreitende M&A-Aktivitäten seitens chinesischer Käufer im Laufe von 2017 zurückgegangen. Angesichts der langfristigen Strategie Chinas ist allerdings davon auszugehen, dass deutsche Firmen attraktive Übernahmeziele bleiben werden.

Prof. Peter Bofinger

China verfügt über einen gigantischen Devisenschatz von rund 3,1 Bio. US-Dollar. Deshalb ist es für das Land überhaupt kein Problem, technologieführende Unternehmen aus Deutschland zu erwerben. Woher das Geld für den Aufkauf deutscher Unternehmen durch chinesische Investoren tatsächlich stammt, ist bei der engen Verflechtung von Staat und Unternehmen und der Verwendung einer Vielzahl von Finanzierungsfonds oft kaum zu erkennen.

Rainer Burkardt

Chinesische Unternehmen werden auch weiterhin versuchen, im Hochtechnologiebereich deutsche Unternehmen zu kaufen, falls dies im Sinne der chinesischen Regierung ist. Es ist jedoch zu erwarten, dass Deutschland künftig Übernahmen von Hochtechnologieunternehmen genauer prüft und im Zweifelsfall verhindern wird, um den Abfluss von Hochtechnologie ins Ausland zu kontrollieren.

Den Besuch Donald Trumps in China Anfang November interpretierten einige Medien als Wachablösung. China, so die Lesart, sei auf seinem Weg zur globalen Supermacht kaum noch aufzuhalten. Vier Experten kommentieren die Ambitionen aus Fernost.

China ist technologischer Weltmarktführer in Branchen wie E-Commerce oder der Solartechnik. In andere Industriebereiche wie Elektromobilität und künstliche Intelligenz wird massiv investiert. Kommen die wichtigsten Innovationen künftig vor allem aus China?

Dr. Margot Schüller

Sehr langfristig gesehen, können auch Innovationen von globaler Bedeutung aus China kommen. Noch ist die industrielle Forschung aber auf kurzfristige Anpassungsprozesse ausgerichtet. Auch in den öffentlichen Forschungsinstituten und Universitäten werden selten Projekte in Zukunftsfeldern gefördert. Notwendig dafür wären eine langfristig ausgerichtete Grundlagenforschung und weniger Top-down-Politik in der Wissenschaft.

Marc Szepan

China hat sich als Innovationsstandort etabliert und wandelt sich mehr und mehr zu einem Innovationsstandort, von dem aus globale F&E-Führung wahrgenommen werden kann. Allerdings gilt es zu unterscheiden, ob der Erfolg einer chinesischen Firma technologischer Innovationskraft oder spezifischer Wettbewerbsvorteile im chinesischen Heimatmarkt geschuldet ist. Genauso wenig wie chinesische Firmen unterschätzt werden sollten, ist es ratsam, sie zu überschätzen.


Prof. Peter Bofinger, Wirtschaftweiser der Bundesregierung


Prof. Peter Bofinger

Das ist bei dem großen Engagement der chinesischen Regierung und den schon jetzt sehr großen Erfolgen des Landes im Bereich der künstlichen Intelligenz nicht auszuschließen. Für den Standort Deutschland ist es jedenfalls keine gute Nachricht, wenn Siemens vor einigen Wochen angekündigt hat, dass es seine gesamte globale Forschung in diesem Bereich in China konzentrieren möchte.

Rainer Burkardt

Die technologische Weltmarktführerschaft Chinas in den genannten Branchen ist nicht unbestritten. Klar ist, dass China derzeit in diesen Bereichen den Massenmarkt beherrscht. Zwar bieten ein großer chinesischer Binnenmarkt und experimentierfreudige chinesische Konsumenten ein perfektes Testfeld für Innovationen. Das derzeitige chinesische Ausbildungssystem wird aber für absehbare Zeit verhindern, dass die wichtigsten Innovationen künftig vor allem aus China kommen.

 

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