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“In vielen Bereichen gefragte Partner”

Dr. Gerd-Rüdiger Steffen und Dr. Thomas Drews über die Nachfrage nach Beteiligungskapital und aktuelle Markttrends bei Finanzierungen durch eine Mittelständische Beteiligungsgesellschaft.


“Es ist uns wichtig, dass der Unternehmergeist in Deutschland nicht wegen mangelnder Finanzierungen verloren geht.”

Dr. Gerd-Rüdiger Steffen, Geschäftsführer der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Schleswig-Holstein


Unternehmeredition: Herr Dr. Steffen, gibt es aktuell wachsenden Bedarf für Finanzierungen durch Mittelständische Beteiligungsgesellschaften (MBGen)?

Steffen: Überall da, wo es um Nachfolge, Kauf und Verkauf geht, sehen wir eine dynamische Entwicklung. In diesem Segment gab es im ersten Halbjahr 2016 bei 34 Transaktionen mit einem Volumen von insgesamt 11 Mio. Euro in Deutschland. Folglich haben wir eine Verdoppelung gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Hier sind die MBGen gefragte Partner. Die Investitionsfinanzierungen dagegen waren um ein Fünftel rückläufig. Das ist vor dem Hintergrund der schwachen Investitionsneigung der Unternehmen zu sehen. Und wenn investiert wird, erfolgt die Finanzierung häufig aus Eigenmitteln. Das steht in einem gewissen Widerspruch zum Ziel der EZB, die Investitionsbereitschaft durch niedrige Zinsen anzukurbeln.

Was hat dazu neben der Finanzierung von MBOs, MBIs und Nachfolgen beigetragen?

Steffen: Das Volumen der Betriebsmittel ist um elf Prozent gestiegen. Die MBGen sind zudem auch angesichts der Kredithürden für junge und kleine Unternehmen, unter denen viele Gründer sind, gefragt. Wir als MBG-SH finanzieren diese Firmen häufig mit Mikromezzanin, selbst wenn ihnen die Banken keine Kredite ausreichen. Es ist uns wichtig, dass der Unternehmergeist in Deutschland nicht wegen mangelnder Finanzierungen verloren geht.

Dr. Gerd-Rüdiger Steffen und Dr. Thomas Drews über die Nachfrage nach Beteiligungskapital und aktuelle Markttrends bei Finanzierungen durch eine Mittelständische Beteiligungsgesellschaft.


“Wir beobachten eine wachsende Nachfrage bei den Kleinstbeteiligungen bis zu 50.000 Euro.”

Dr. Gerd-Rüdiger Steffen, Geschäftsführer der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Schleswig-Holstein


Gibt es in Schleswig-Holstein besondere Entwicklungen bei der Nachfrage nach Beteiligungskapital?

Steffen: Wir sehen einen wachsenden Bedarf im Bereich Gastgewerbe/Tourismus, vor allem weil an der Küste viele familiengeführte Hotels entstehen. Wir beteiligen uns an der Finanzierung solcher Hotels, die für die Tourismusbranche im Land wichtig sind und damit auch eine strukturpolitische Bedeutung haben. Deshalb stellen wir auch relativ häufig Kapital für Dienstleister und den Handel bereit. Dabei geht es oft um spezifische Themen wie etwa die Finanzierung von Warenlagern, deren Besicherungswert von den Banken mitunter skeptisch gesehen wird und die uns deshalb häufig gerne einbinden.

Unternehmeredition: Herr Dr. Drews, welche Unternehmen zeigen derzeit in Mecklenburg-Vorpommern besonderes Interesse an Beteiligungskapital?

Drews: Wir beobachten eine wachsende Nachfrage bei den Kleinstbeteiligungen bis zu 50.000 Euro, wo das Mikromezzaninprogramm des Bundes für einen starken und nachhaltigen Effekt sorgt. Auf großes Interesse stößt auch der von uns 2015 gemeinsam mit dem Land Mecklenburg-Vorpommern aufgelegte Innovationsfonds. Er richtet sich an gestandene und neue Unternehmen, die innovative Produkte auf den Markt bringen wollen. Der mit einem Volumen von zehn Mio. Euro ausgestattete Fonds ist nach nur einem Jahr vollständig ausplatziert, während wir ursprünglich mit drei Jahren gerechnet hatten.

Wie entwickelt sich die Nachfrage nach Beteiligungskapital insgesamt?

Drews: Bei klassischem Beteiligungskapital ist die Nachfrage eher verhalten. Das liegt zu einem Gutteil an den niedrigen Marktzinsen und der Kreditbereitschaft der Banken. Die Unternehmen haben nach der Finanzmarktkrise zudem Eigenkapital aufgebaut, mit dem sie nun Investitionen selbst bezahlen können oder das sie zum Abbau relativ teurer Beteiligungsfinanzierungen nutzen. Aber wir sehen nach wie vor eine Nachfrage vor allem bei größeren Vorhaben, wo Beteiligungskapital als Baustein zur Kapitalstärkung in die Finanzierung eingebracht wird.

Dr. Gerd-Rüdiger Steffen und Dr. Thomas Drews über die Nachfrage nach Beteiligungskapital und aktuelle Markttrends bei Finanzierungen durch eine Mittelständische Beteiligungsgesellschaft.


“In der Nachfolgefinanzierung sehen wir vor allem bei gut aufgestellten großen Unternehmen historisch hohe Bewertungen.”

Dr. Thomas Drews, Geschäftsführer der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern


Welchen Einfluss haben die relativ hohen Unternehmensbewertungen auf das Geschäft der MBGen?

Drews: In der Nachfolgefinanzierung sehen wir vor allem bei gut aufgestellten großen Unternehmen mit Zukunftsperspektive historisch hohe Bewertungen. Diese sind insbesondere auch durch die hohe Marktliquidität und fehlende Anlagealternativen für Investoren bedingt. Anders ist das bei den kleineren Firmen, wo eher die Suche nach einem geeigneten Nachfolger allein schon aufgrund der demografischen Entwicklung eine Herausforderung ist.

Steffen: Unternehmensbewertungen sind aus Sicht der MBGen nicht ganz so relevant, weil diese sich in der Regel vorwiegend mit stillen Beteiligungen engagieren. Ungeachtet dessen gilt es festzuhalten, dass die Zahl der Unternehmenstransaktionen zugenommen hat. Das heißt also: Die Preise hindern offensichtlich potenzielle Investoren nicht an einem Erwerb.


Zu den Personen

(© Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern)

Dr. Thomas Drews ist seit 2004 Geschäftsführer der Bürgschaftsbank Mecklenburg-Vorpommern GmbH/Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern mbH. Davor war er in verschiedenen Funktionen für die UniCredit Bank AG sowie für die Dresdner Bank AG tätig.

www.mbm-v.de

(© Mittelständische
Beteiligungsgesellschaft
Schleswig-Holstein)


Dr. Gerd-Rüdiger Steffen
ist seit 2001 Geschäftsführer der MBG Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Schleswig-Holstein mbH und seit 2010 Mitglied der Geschäftsführung der Bürgschaftsbank Schleswig-Holstein. Von 2009 bis 2013 war er Mitglied im Vorstand des Bundesverbandes Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) und Leiter der Fachgruppe „MBGen“ im BVK.

www.mbg-sh.de

 

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