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In 125 Jahren um die Welt

Es begann im Jahre 1887 mit einer kleinen Käserei im oberbayerischen Wasserburg. Heute ist die Meggle AG ein international aufgestelltes Unternehmen, für das vor allem für seine Butterzubereitungen bekannt ist. Drei Männer, Großvater, Vater und Sohn, haben über mehr als ein Jahrhundert lang die Geschicke von Meggle geprägt. Toni Meggle, heute Aufsichtsratsvorsitzender, hat dem Unternehmen die Welt erschlossen.

Auf den ersten Blick verwirrt es ein wenig, dieses Ensemble im Stadtteil Reitmehring, im oberbayerischen Wasserburg, am Sitz der Meggle AG. Den alten Weberhof, in dem Josef Anton Meggle 1887 den Grundstein für das heute weltweit tätige Unternehmen legte, zieren Blumenkästen mit Geranien in allen Farben. Zur Linken des Gebäudes lädt ein kleiner Bauerngarten zum Spazieren ein. Erinnerungen an vergangene Zeiten. Auf der rechten Seite Glas, Stahl, Transparenz, Gegenwart. Zwei Glasbrücken verbinden den Weberhof mit dem heutigen Sitz der Meggle AG. Ein japanischer Ziergarten umgibt das moderne Gebäude, in dessen Eingangsbereich sich ein Tetraeder vom Boden bis an die Decke streckt. Hier präsentieren sich dem sich dem Besucher die Produkte von Meggle, drehen und spiegeln sich, tanzen fast. „Dies ist ein Versprechen an die Zukunft“, sagte Toni Meggle bei der Einweihung in einer Ansprache an seine Mitarbeiter. Das war 2012, als das Familienunternehmen 125 Jahre alt wurde.

Produktion heute: Seit 1973 liegt der Fokus auf “weißem Sortiment” und Pharma-Laktose.

Toni Meggle heißt mit vollem Namen Josef Anton Meggle – genau wie sein Vater und sein Großvater. Der heute 83-jährige Aufsichtsratsvorsitzende hat das Unternehmen in der Tradition seiner Familie geführt und gleichzeitig international aufgestellt. „1977 habe ich mit der Meggle-Japan Co. Ltd. Tokyo die erste Auslandstochter gegründet“, erzählt er. Daran soll heute der japanische Ziergarten erinnern. Den alten Weberhof hat Meggle zum 125-jährigen Jubiläum des Unternehmens von seinem ehemaligen Standort zur Unternehmenszentrale versetzen lassen – und in ein Museum verwandelt.

Jeder der drei Meggle-Lenker hat in diesem Museum seinen eigenen Raum bekommen. Josef Anton I., der Großvater, der das Unternehmen gründete und es mit unendlichem Fleiß durch schwere Zeiten steuerte. Josef Anton II., der Vater, der eigentlich Elektroingenieur werden wollte und Meggle mit seinem Sinn für Technik ins Industriezeitalter führte. Und auch für Josef Anton III., für Toni Meggle selbst, ist ein Raum vorhanden. Für den global denkenden Unternehmer, der der ersten Auslandstochter viele weitere Expansionen über die Grenzen folgen ließ. Die drei Räume erzählen von der langen Geschichte des Unternehmens – und vom Wirken der drei Männer an seiner Spitze. Den Anfang, die Gründung, bezeugt im ersten Raum noch heute eine Urkunde aus dem Jahr 1887.

Die erste Käserei in der Gemeinde Attal

Der Kalender zeigt den 18. März, als Meggle in der bayerischen Gemeinde Attal, dem heutigen Reitmehring, sein Gewerbe anmeldet – eine Käserei. Zehn Jahre lang hatte er dieses Ziel zäh verfolgt, hatte gespart, Schulden gemacht, an verschiedenen Orten immer wieder begonnen, etwas aufzubauen. Immer wieder hatten widrige Umstände seine Pläne vereitelt. Doch nun begannen die Geschäfte zu laufen. 1889 hat das kleine Unternehmen bereits einen Buchhalter und drei Arbeiter. Meggle liefert Limburger Käse nach München, Sachsen und Frankfurt.

Drei Jahre später kauft der Geschäftsmann und Vater von inzwischen sechs Kindern den benachbarten Weberhof für 8.500 Mark, für Vieh und Einrichtung muss er weitere 30.000 Mark als Kredit aufnehmen. Im Mai 1906 brennen durch einen Blitzschlag Stadel und Stallung ab, nur das alte Wohnhaus bleibt stehen. Um den Geschäftsbetrieb wieder herzustellen, muss Meggle noch einmal 30.000 Mark aufbringen. Für ein neues Wohnhaus bleibt kein Geld übrig. Die ganze Familie arbeitet von früh bis spät, um die Schulden zurückzuzahlen, die älteste Tochter Maria steigt in das Geschäft mit ein. Am 5. September 1912 stirbt der erst 56-jährige Josef Anton I. Maria Meggle sagt später dazu: „Was uns beim Tode des Vaters blieb, waren so viele Schulden, dass die Hütte wackelte.“Stolz auf die Leistungen von drei Generationen

100 Jahre später, im Jubiläumsjahr 2012, beschäftigt die Meggle AG im Stammwerk und in über 20 Tochtergesellschaften weltweit 2.300 Mitarbeiter. Sieben Auslandstöchter produzieren das „weiße Sortiment“, also Butter und Milchprodukte. Meggle hält 80% des Marktes für Butterzubereitungen, produziert zudem bereits seit 1970 Pharma-Lactose, die bei der Herstellung von Tabletten eingesetzt wird. Der Umsatz liegt bei einer Milliarde Euro.

Toni Meggle macht über Erfolg keine großen Worte. Doch er ist stolz auf die Leistungen, die drei Generationen seiner

Meggle Museum: Im alten Weberhof hat jeder der drei Meggle-Lenker einen eigenen Austellungsraum.

Familie vollbracht haben. Ein freundlicher, zurückhaltender Stolz spiegelt sich auf seinem Gesicht, wenn er über sein Unternehmen spricht. Es ist markant, etwas streng, aber offen. Sein charmantes Lächeln, die hochgewachsene, schlanke Statur, das weiße, exakt gekämmte Haar und der edle Maßanzug mit Einstecktüchlein: Es ist nicht schwer zu verstehen, warum der TV-Werbespot für Kräuterbutter, in dem Toni Meggle 1996 in einen Filmausschnitt mit Marylin Monroe montierte wurde, so erfolgreich war. „Ich bin ein Gourmeggle“ verriet die Schauspielerin dem smarten Firmenchef damals. Doch ihr war der Erfolg des Spots in der Damenwelt nicht zu verdanken. Heute wirbt Deutschlands prominenteste Schlagersängerin Helene Fischer für die bayerische Butter.

Genau wie seinem Vater war Toni Meggle früh bewusst, dass sich ein Unternehmen in der Lebensmittelbranche nur mit einer Premiummarke durchsetzen kann. Immerhin seien gerade hier Produkte nur allzu leicht austauschbar, sagt Meggle noch heute. Ebenso klar war dem Firmenlenker jedoch, dass eine starke Marke ohne entsprechendes Marketing keine Chancen hat. Daher scheute er daher weder Kosten noch Mühen, um den Produkten, die schon seit 1929 ein Kleeblatt trugen, weltweiten Ruf zu verschaffen. Den Artikel, den wohl nicht nur Grillfreunde zuallererst mit dem Namen Meggle verbinden – die Kräuterbutter –, hat allerdings Josef Anton II. erfunden. Oder besser gesagt: nachempfunden.

Techniker und Tüftler

Josef Anton II. musste schon in jungen Jahren in die Nachfolge seines frühverstorbenen Vaters antreten. Seine Ausbildung zum Elektroingenieur brach er 1912 ab, um sich das nötige Fachwissen in der Milchwirtschaft anzueignen und alsbald das Unternehmen zu führen. Seine Liebe für Technik und Tüfteleien behielt er aber. So sorgte er bereits 1918 dafür, dass sein Betrieb mit Strom versorgt wurde. In den folgenden Jahren kümmerte er sich zunehmend um die Elektrifizierung, setzte Maschinen ein. Die Käserei Meggle entwickelte sich bis in die 1950er Jahre immer mehr zum Industriebetrieb.

Die zweite Vorliebe des jungen Firmenchefs war es, neue Produkte auszuprobieren. Als in den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg Lebensmittel nur mit Marken zu bekommen waren, stellte Josef Anton II. kurzerhand aus Molke einen Brotaufstrich und eine Eiweißwurst her. Molke zählte als Abfallprodukt der Käseherstellung damals nicht zu den Lebensmitteln. Meggles neue Produkte waren damit auch ohne Marken zu bekommen. Ab Mitte der 1950er Jahre entwickelte der Unternehmer zudem Tierfutter auf Basis von Molkepulver, wenig später kamen Produkte und Halbfabrikate für die Lebensmittel- und Pharmaindustrie hinzu.

Seinen ganz großen Coup landet Josef Anton II. aber 1968, als er in einem Zürcher Feinkostgeschäft zum ersten Mal Kräuterbutter entdeckt. Nachdem er herausgefunden hat, wie die Zubereitung vonstatten geht, produziert er die erste deutsche Kräuterbutter zunächst nachts heimlich in seinem Keller. Die Testläufe nimmt er auf einer umfunktionierten Wurst-Füllmaschine vor – die Geburtsstunde der berühmten Meggle-Kräuterbutter-Wurst.

1973 überließ Josef Anton II. seinem Sohn Toni, der bereits seit 13 Jahren mit dem Vater eine Doppelspitze bildete, die alleinige Geschäftsführung. „Ich habe meinem Vater damals freiwillig versprochen, alle leitenden Mitarbeiter bis zu ihrer Pensionierung weiter zu beschäftigen“, erzählt der heutige Aufsichtsrat. Das habe er genauso umgesetzt. „Mitarbeiter“, sagt Meggle auch im Jahr 2013, „sind das wichtigste Kapital unseres Unternehmens – wenn auch in der Bilanz nicht ausgewiesen.“ Von Anfang setzte der neue Firmenlenker auf einen kooperativen Führungsstil. 2007 führte er den „Meggle Erzählturm“ ein, einen Preis für herausragende Leistungen von Mitarbeitern und Teams.Auf die internationalen Märkte

1978 stirbt Josef Anton, vererbt seinen Töchtern die Münchner Beteiligungen, die Meggle im Laufe der Jahre erworben hatte, und reißt die J.A. Meggle OHG damit auseinander. Sohn Toni wird alleiniger Inhaber und Chef des Unternehmens, das jetzt wieder als Einzelunternehmen firmiert.Von nun an erschließt sich die ehemalige Wasserburger Käserei in wenigen Jahren die internationalen Märkte.

Toni Meggle stellt 1973 die Käseherstellung ein. Er konzentriert sich ganz auf die Produktion von Pharma-Lactose und Kaseinaten für die Lebensmittelproduktion einerseits und frische Produkte wie Butter, Butterzubereitungen und das Portionensortiment andererseits. Der junge Firmenchef begreift schnell, dass sein Unternehmen stark von den agrarpolitischen Beschlüssen der jungen EWE, später EG, abhängt, und beginnt, in nationalen und internationalen Verbänden mitzuarbeiten. Immer mehr versteht Meggle, dass es darauf ankommt, für seine Erzeugnisse neue Absatzmärkte aufzutun, die einstige Käserei entwickelt sich in kurzer Zeit zum breit aufgestellten Exportunternehmen. 1977 gründet Meggle die erste Auslandstochter in Japan. Mit der Öffnung Osteuropas 1990 folgt die zweite Tochter mit Sitz in Prag, später eröffnet Meggle Produktionsstandorte in Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Serbien, der Slowakei, der Ukraine und in den USA. Repräsentanzen und Verkaufsbüros unterhält das Unternehmen heute in fast allen Teilen der Welt. Seit 2002 ist es eine Aktiengesellschaft.

Das Zentrum der großen Meggle-Welt ist auch 2013 Wasserburg. Dort, wo einst sein Großvater die Weichen stellt, arbeitet Toni Meggle heute, im Alter von 82 Jahren, noch jeden Tag vier Stunden. Sein Traum wäre es, wenn einmal sein Sohn Thomas das Unternehmen weiterführen würde. Doch ob das geschehen wird, weiß der Aufsichtsratschef noch nicht. In Familienbesitz wird Meggle aber auf jeden Fall bleiben. „Ich habe 2011 die Toni-Meggle-Stiftung gegründet“, berichtet der ehemalige Firmenchef. Diese solle nach seiner Zeit die Aktien übernehmen und den Zusammenhalt der Familie sichern. „In die Führungsgremien der Stiftung und in die Dach-Aktiengesellschaft kann nur ein Familienmitglied gewählt werden“, erklärt er. So möchte er sicherstellen, dass sein Unternehmen auch in Zukunft „aus seiner Wurzel heraus wachsen kann.“ Aus den Wurzeln, die Meggle fest mit Wasserburg verbinden. Und mit dem Weberhof – seit 1887.

Zur Person: Josef Anton (Toni) Meggle III.
Josef Anton (Toni) Meggle absolvierte nach seinem Abitur zunächst eine Ausbildung zum Molkereimeister, danach eine Ausbildung zum Industriekaufmann. Im Anschluss erwarb er am Managemnet Center Europa (MCE) in Brüssel umfassende betriebswirtschaftliche Kenntnisse. Im Alter von 29 Jahren wurde er 1960 neben seinem Vater Gesellschafter der J.A. Meggle OHG. 1973 wurde er alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer, 1978 ging das Unternehmen ganz auf ihn über. Meggle stellte die spätere Aktiengesellschaft international auf. 2002 zog er sich aus dem operativen Geschäft zurück, ist aber bis heute Vorsitzender des Aufsichtsrats.

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