Website-Icon Unternehmeredition.de

hubergroup bringt Münchner Lacke in die Welt

Die hubergroup gehört zu den größten Druckfarbenherstellern weltweit. Doch der Markt ist hart umkämpft. Der 250-jährige Farbenspezialist setzt sich mit den Werten eines Familienunternehmens durch. 

Wer morgens aufsteht und seinen Tag beginnt, kommt zwangsläufig mit Produkten der hubergroup in Berührung: Auf allen möglichen Alltagsgegenständen ist die Druckfarbe der Oberbayern verarbeitet. Auf der Zahnpastatube, in Kaffeeverpackungen, auf Getränkeetiketts. Das Frühstück kommt aus einer bunten Cornflakes-Packung oder aus dem Marmeladenglas. Wer weiter in die Bahn steigt und einen Fahrschein löst, benutzt dafür vielleicht einen Fünf-Euro-Schein oder seine Kreditkarte. Die Brezel auf dem Weg kommt in eine Papiertüte mit farbigen Logos und Slogans. Endlich am Schreibtisch, hat man produktiv vielleicht noch nichts getan, außer den Absatz der hubergroup aus München angekurbelt.

Stammsitz der hubergorup: Er ist er vor den Toren Münchens. (© MHM Holding GmbH)

Doch die meisten Leute wissen das nicht. „Wir sind ein typischer B2B-Anbieter und können kein Lifestyle-Produkt anbieten“, meint Ursula Borgmann, Vorsitzende der Geschäftsführung der hubergroup. Das, was die Münchner Gruppe macht, bemerkt man erst dann, wenn es nicht mehr da ist. Oder nicht mehr reibungslos läuft. Etwa, wenn die Farbe auf der Bäckertüte zu blass ist oder die Zeitung verschmiert. Doch dazu lässt es die Huber Gruppe gar nicht erst kommen: Das Familienunternehmen differenziert sich über Qualität.

Große Player bestimmen das Geschehen

Vorbei sind die Zeiten, als der Markt noch vorrangig von Familienunternehmen geprägt war. Fünf Player bestimmen ihn heute im Wesentlichen: Führend ist Sun Chemical, Tochter der mächtigen japanischen DIC-Gruppe. Die luxemburgische Flint Group ist in amerikanischer Hand, Toyo und Sakata sind beides börsennotierte japanische Unternehmen. Schließlich noch zwei deutsche Familienunternehmen: Siegwerk und Huber.

1765 gründete Matthias Mittermayer eine kleine Farbproduktion in München-Haidhausen. Sein Enkel Michael Huber schuf die ersten europaweiten Handelsbeziehungen. Er war es auch, der aus dem Münchner Farbenhersteller ein internationales Unternehmen machte. Es war die Zeit, als die Lithografie ihren Siegeszug antrat. Ihr Erfinder, Alois Senefelder, siedelte 1806 nach München um. So kam die Firma Huber zum ersten Mal mit Druckfarben in Berührung. Unter seiner Ägide erlangten Produkte wie „Münchner Lacke“ oder „Echter Karmin“ sogar weltweite Bekanntheit. Der Schritt in die USA erfolgte auch recht früh, unter seinem Enkel Joseph Huber. Der gründete 1892 eine Tochtergesellschaft in den USA. Heute firmiert sie unter dem Namen J. M. Huber und ist ein weltweit tätiger Mischkonzern.Die hubergroup gehört zu den größten Druckfarbenherstellern weltweit. Doch der Markt ist hart umkämpft. Der 250-jährige Farbenspezialist setzt sich mit den Werten eines Familienunternehmens durch. 

Nach dem Krieg folgte der erste wirkliche Schritt in Richtung Globalisierung: mit dem Kauf der Hostmann-Steinberg in Celle, die bereits eine Niederlassung in Kanada hatte. „Damals hat die Familie ein Unternehmen gekauft, das größer war als das eigene – das war unglaublich“, weiß Borgmann aus Erzählungen. Zuvor gab es vereinzelte Handelsbeziehungen nach Italien und Brasilien, ein Umstand, auf den die Familie immer stolz war. Weiter ging es mit Tochtergesellschaften in Europa, der nächste große Zuwachs kam mit dem Wegbrechen des Ostblocks. Der bisher wohl größte Schritt in der Unternehmensgeschichte war der Kauf der indischen Mikro Inks im Jahr 2006, einer Chemiefabrik bei Mumbai. Heute hat die Huber Gruppe 40 Tochtergesellschaften in insgesamt 130 Ländern. Sie produziert Druckfarben für alle möglichen Materialien, saug- wie nicht saugfähig: Papier, Blech, Folien, Karton. Allein für Verpackungen gibt es unzählige Möglichkeiten. Es gibt öl-, lösungs- und wasserbasierte Farbsysteme und solche, die per UV-Strahlung trocknen – ein Trend der letzten Jahre. Produktionsstandorte sind in München, Celle und Berlin, in Italien, den USA und Indien.

Farbe der hubergroup: Kleinmengen werden erst beim Kunden angerührt. (© MHM Holding GmbH)

„Diese breite Aufstellung ist wichtig, das Geschäft ist stark regional geprägt“, meint Michael Geiger, der Finanzchef der hubergroup. Wenn ein Kunde Farbe braucht, muss die in spätestens 48 Stunden da sein – überall auf der Welt. Der Vorteil der Bayern: Sie waren schon immer nah am Markt, sind organisch über Zukäufe von Partnerunternehmen im Ausland gewachsen. Auch die Wettbewerber kauften zu, wenn auch mit harschen Methoden. Mittlerweile ist die Konsolidierung abgeschlossen, der Markt hat sich beruhigt. Dafür wird er von einem neuen Strukturwandel durchgerüttelt.

Glücksfall Indien

Der sogenannte Akzidenzbereich, also Zeitschriften, Magazine und kleinformatige Lesestücke, ist rückläufig. Alle Hersteller müssen umdenken und suchen neue Produktsparten, etwa Verpackung. Oder sie erschließen neue Märkte. Mit ihrem Standort Indien hat die Münchner hubergroup gleich mehrere Asse im Ärmel: Einen der größten Binnenmärkte der Welt, in dem der Akzidenzbereich noch wächst. Und einen der größten Verbrauchermärkte mit einer aufstrebenden Verpackungssparte. Außerdem können sie von dort den Rest Asiens erschließen. Ein Drittel des Umsatzes erwirtschaftet die Gruppe bereits dort. In Indien ist sie Marktführer, China spielt keine bedeutende Rolle. „Das lohnt sich nur, wenn man direkt vor Ort produziert“, so Borgmann. Das sei aufgrund der grassierenden Produktpiraterie aber schwierig. Der Großteil des Umsatzes kommt noch aus Europa, die USA sind mit 100 Mio. Euro dabei. Insgesamt erwirtschaftet die Gruppe knapp 835 Mio. Euro.

Und noch einen Vorteil bietet Indien. Als ihnen Mikro Inks 2006 zum Kauf angeboten wurde, war das eher ein Glückstreffer – eigentlich war die BASF interessiert, doch die blies den Deal kurzerhand ab. Es war die Zeit, als sich die hubergroup entscheiden musste: Ein kleiner, feiner Spezialitätenanbieter bleiben oder mit den Großen mithalten. Es dauerte nicht lange, bis sie merkte, welches Schmuckkästchen sie mit der indischen Chemiefabrik an Land gezogen hatte. Denn natürlich hatte die Gruppe nun die komplette Produktionskette im Haus und war so wettbewerbsfähiger – sie hatte aber auch eine ganz neue Innovationskraft. Die Rohstoffe werden nicht mehr standardisiert geliefert, sondern je nach Wunsch variiert. „Seitdem sind wir noch mehr Herr über die Rezepturen“, sagt Borgmann.Die hubergroup gehört zu den größten Druckfarbenherstellern weltweit. Doch der Markt ist hart umkämpft. Der 250-jährige Farbenspezialist setzt sich mit den Werten eines Familienunternehmens durch. 

Und die Rezepturen sind alles. Die Farbe der hubergroup ist zwar etwas teurer, dafür aber auch etwas „besser“, wie Borgmann meint: Mit ihr muss der Drucker weniger Probeläufe machen, bis sie richtig sitzt – ein wesentlicher Faktor im preissensiblen Druckgeschäft. Und es gibt sie weltweit in der gleichen Qualität – noch eine Besonderheit. Das Geheimnis dafür sind die Konzentrate, die in der indischen Fabrik hergestellt und in den einzelnen Produktionsstandorten weiterverarbeitet werden. „Die sind hochkonzentriert und machen bereits 40 bis 60 Prozent der letztlichen Farbe aus.“ Für standardisierte Großmengen werden sie angerührt und direkt an die Kunden geschickt. Kleinere Mengen Farbe werden erst beim Kunden hergestellt, in sogenannten Mischstationen. Die lokalen Rohstoffe mögen variieren, doch das Profil der Farben ist immer gleich. Dieses Verfahren schützt auch vor Produktpiraterie. In China ist die hubergroup deswegen nur mit Mischstationen vertreten.

Die hubergroup liefert weltweit

Doch letztendlich ist es nur die Loyalität der Mitarbeiter, die gegen Ideenklau hilft. „So sicher kann man IT-Systeme gar nicht aufsetzen, als dass es keine unerwünschten Zugriffe gibt“, ist Borgmann überzeugt. Vor allem in Indien hatten die Bayern anfangs die Befürchtung, dass Mitarbeiter abgeworben werden und wertvolles Know-how mitnehmen könnten – ein Super-GAU. Doch die Mitarbeiter bleiben. Vielleicht, weil die hubergroup für indische Verhältnisse ein geradezu

Versand nach Brasilien in den 1930er Jahren: Die hubergroup hatte früh vereinzelte Handelsbeziehungen dorthin. (© MHM Holding GmbH)

traumhafter Arbeitgeber ist. Sie zahlt mehr als der Durchschnitt und haben viele Zeitarbeiter eingestellt – bei dem indischen Lohnniveau eine Kleinigkeit, wie Borgmann meint. Sie kommt für die ärztliche Versorgung der Mitarbeiter auf und zahlt den Kindern eine Ausbildungsberatung. All das nicht aus Berechnung, sondern als Selbstverständlichkeit. „In einem Land wie Indien aktiv sein und sich nicht persönlich engagieren – wenn man erfolgreich sein will, geht das vermutlich gar nicht“, ist Borgmann überzeugt. Auch haben die Bayern in ihrer Firma das strenge indische Hierarchiegefüge aufgelöst. Jeder darf mitreden, der Einzelne ist gefragt. „Die Leute schätzen das“, so Borgmann. Der Dank dafür: viel Loyalität und Engagement. Als die hubergroup dieses Jahr ihr 250-jähriges Bestehen feierte, haben die Inder die größte Party veranstaltet – und das, obwohl sie erst seit zehn Jahren dabei sind.

Drei Faktoren prägen die Huber Gruppe heute: Marktnähe, schnelle technologische Umsetzung und ein langer Atem. Vor allem Letzteres soll so bleiben. „Bei uns gibt es nichts Kurzfristiges oder Maßnahmen, die den Quartalsgewinn optimieren“, meint Geiger. Ein Börsengang stand nie zur Diskussion. Auch heute noch tut die Gruppe alles, um ein Familienunternehmen zu bleiben. Viermal im Jahr machen Gesellschafter und Geschäftsführung gemeinsame Ausflüge und Reisen. Es soll so viel Austausch wie möglich geben, auch die Kleinsten sind dabei. Mit zwölf Jahren nimmt der Nachwuchs schon an den Gesellschafterversammlungen teil – recht früh, doch sie sollen reinwachsen. Seit 2010 ist zum ersten Mal kein Familienmitglied mehr in der Geschäftsführung vertreten. Das war natürlich ein Bruch, in der Familienlogik aber auch schon wieder schlüssig. Denn wenn ein Familienmitglied operativ ins Unternehmen einsteigen will, dann nur auf Geschäftsführerebene – so die Unternehmensverfassung. Damit ist die Latte recht hoch gehängt, und es muss eine entsprechende Eignung da sein. Doch die Firma soll nicht als Auffanglager für Familienmitglieder angesehen werden. „Wir sind nicht die größten, aber die schönsten“, sagt Borgmann zufrieden und lächelt. Ob das stimmt, kann jeder im Münchner Haidhausen-Museum sehen: Zum Jubiläum wird dort die 250-jährige Geschichte der Huber Gruppe ausgestellt.

Kurzprofil MHM Holding GmbH (hubergroup)

 Gründungsjahr 1765
 Branche Druckfarben
 Unternehmenssitz  Kirchheim-Heimstetten (Oberbayern)
 Umsatz 2014  835 Mio. Euro
 Mitarbeiterzahl ca. 3.500

www.hubergroup.de

Die mobile Version verlassen