Website-Icon Unternehmeredition.de

Handel fordert Investitionsprogramm nach Coronapandemie

Ladenschliessung

(c) Comofoto_adobe_stock

Deutschland geht ins dritte Coronajahr. Am 27. Januar 2020 gab es den ersten positiven Test beim bayerischen Automobilzulieferer Webasto. Seitdem leidet die deutsche Wirtschaft immer wieder unter starken Einschränkungen – der Staat versucht mit allerlei Hilfsprogrammen Abhilfe zu schaffen. Handelsunternehmen leiden derzeit besonders unter den sogenannten 2G-Regeln, die den Zugang zu den Geschäften beschränken. Hier mehren sich die Stimmen, die eine zügige Abschaffung fordern – auch um ein weiteres Sterben von Geschäften in den Innenstädten zu verhindern.

Alexander von Preen, CEO Intersport

Zu denjenigen, die sich immer wieder zu Wort melden, gehört Dr. Alexander von Preen, Geschäftsführer der INTERSPORT Deutschland eG. Er hatte sich auch zusammen mit Marcus Diekmann, damals Geschäftsführer bei Rose Bikes Ganz einer Verfassungsklage angeschlossen, mit der sich einige Unternehmen gegen die Ungleichbehandlung bei der Schließung von Geschäften wehren. Bei der Klage haben sich unter anderem Engelhorn, Ernsting’s family, Rose Bikes und Tom Tailor beteiligt. Eine Entscheidung über die insgesamt 13 Klagen steht noch aus.

Weiter optimistisch wegen Verfassungsklage

Michael Schmittmann, Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek

„Wir sind weiter guter Dinge und sehen die Lage optimistisch“ sagte Michael Schmittmann, Partner bei der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek, der Redaktion der Unternehmeredition im Januar dieses Jahres. Schmittmann vertritt viele der Beschwerdeführer zusammen mit dem Kollegen Michael Below und Professor Josef Franz Lindner, Verfassungsrechtler an der Universität Augsburg. Ähnlich optimistisch sieht auch Intersport-Chef von Preen die Lage: „Wir hoffen weiter auf eine positive Rückmeldung“. Bisher hatte das Bundesverfassungsgericht eher zugunsten der Behörden und Regierungen entschieden. Das bremst den Optimismus der Kläger aus dem Handel aber nicht. Der wichtigste Ansatzpunkt der Klage, nämlich die Frage der Gleichbehandlung zwischen verschiedenen Arten von Geschäften – also Discounter, Food, Non-Food, Baumärkte und andere Sparten – wurde bisher nicht behandelt.

Ungleichbehandlung ist wichtigstes Argument

Im Kern geht es um den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 des Grundgesetzes. In der zweiten Welle der Coronapandemie wurden vom 18. Dezember 2020 bis zum Mai des Folgejahres viele Non-Food-Geschäfte geschlossen. Andere Geschäfte, wie Discounter, Vollsortimenter oder Drogeriemärkte durften weiter geöffnet bleiben. Dazu hatte der Intersport-Chef schon im Juni des vergangenen Jahres im Gespräch mit der Unternehmeredition eine klare Meinung: „Es ist für uns völlig unverständlich, warum ein Gartencenter unabhängig vom Inzidenzwert öffnen darf, und der danebenliegende Baumarkt schließen muss. Aus Infektionsschutzgesichtspunkten macht diese unterschiedliche Behandlung keinen Sinn. Nach unserer Ansicht beeinträchtigt das Infektionsschutzgesetz deshalb mehrere Grundrechte der Händler, wie zum Beispiel die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG, das Eigentumsrecht nach Art. 14 GG und den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG.  Wir haben also nicht auf Wiedereröffnung und auch nicht gegen den Lockdown geklagt!“

Genossenschaft hat reagiert

Bei Intersport hatte man auf die Schließungen schnell reagiert und den angeschlossenen Händlern mit verschiedenen Maßnahmen unter die Arme gegriffen. „Wir haben in vielen Fällen Waren eingelagert und nicht auf der Abnahme durch die Händler bestanden“, sagt von Preen. Mit dieser und anderen Hilfen seien größere Probleme verhindert worden. Aber für von Preen ist auch klar, dass es für alle Beteiligten keine leichte Zeit gewesen ist: „Viele Händler mussten in dieser lange andauernden Krise an ihre Rücklagen gehen und dringend nötige Investitionen – auch in die Digitalisierung und neue Shoplösungen – verschieben“. Währenddessen habe der Onlinehandel eine beispiellose Sonderkonjunktur entwickelt.

2G-Regeln bremsen den Umsatz

Anzeigenkampagne gegen 2G-Regel im Handel

Die aktuell in vielen Bundesländern noch gültigen 2G-Regelungen, die nur vollständig geimpften Personen einen Einkauf in bestimmten Geschäften ermöglichen, bremsen die Händler unverändert. „Wir gehen davon aus, dass uns durch diese Regelungen rund 30% an Umsatz fehlen – und den können wir auch nicht wieder aufholen“, sagt von Preen dazu. Ein weiteres Problem sei der erhöhte Personalaufwand durch die notwendigen Kontrollen an den Eingängen der Geschäfte. Aus diesem Grunde hatte die Handelskette Ernsting‘s familiy in zwölf Bundesländern neue Normenkontrollanträge gegen die neuen 2G-Regeln im Einzelhandel eingereicht. Die Branche wehrt sich also an breiter Front. Zu den Maßnahmen gehört auch eine bundesweite Anzeigenkampagne der Bundesfachkommission Non Food Retail, in der eine Abschaffung der 2G-Regel im Non-Food-Einzelhandel gefordert wird. Die Lobbyarbeit scheint nun auch erste Früchte zu tragen, denn in der sogenannten Ministerpräsidentenkonferenz in dieser Woche stehen nach Medienberichten die 2G-Regeln zur Disposition.

Konjunkturprogramm gefordert

„Wir fordern rasch ein Sonderprogramm für die Innenstädte, um die Auswirkungen der Coronapandemie zu verringern. Mehr Leerstand und eine Verödung dieser Bereiche dürfte es nicht geben. Wir können uns beispielsweise eine Sonder-AfA-Innenstadt vorstellen, bei der Investitionen in die Zukunft und in die Standorte unterstützt werden“, erklärt von Preen. Das „Ökosystem Innenstadt“ brauche weiter Hilfe, um ein langfristiges Überleben zu sichern. Grundsätzlich müsse sich – so von Preen weiter – die Politik etwas einfallen lassen, um die Attraktivität von Gastronomie und Handel wieder zu erhöhen, denn die lange andauernde Pandemie habe auch zu einem Abwandern von Arbeitskräften geführt. „Die Politik sollte nun wieder etwas mehr Mut zeigen. Wir waren in der Vergangenheit Weltmeister in vielen positiven Bereichen – wir sollten nicht als Weltmeister für Shutdown und Regulierung in die Geschichte eingehen. Es kommt jetzt darauf an, dass wir uns andere, nachhaltig positive Ziele setzen und den Blick nach vorne richten“, so von Preen weiter.

Intersport will weiter wachsen

Bei Intersport selbst legt man die Hände nicht in den Schoß. Für die kommenden Jahre hat sich der Händlerverbund ein weiteres Wachstum vorgenommen. Das vergangene Jahr schloss die Gruppe mit rund 800 Händlern in Deutschland mit einem Umsatz von 2,65 Mrd. EUR. „Wir sind optimistisch, dass wir bis 2025 ein jährliches Wachstum von über fünf Prozent erreichen und dabei online deutlich zweistellig zulegen. Zudem wollen wir auch in der Fläche kontinuierlich weiter wachsen und unser deutschlandweites Netzwerk von Sportfachhändlern erweitern“, erläutert von Preen die Planungen.

Die mobile Version verlassen