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Goldene Regeln für die Nachfolge

Jedem Unternehmer ist zu empfehlen, seine Nachfolgeregelung aus den eigenen Ziel- und Wertvorstellungen heraus zu entwickeln und nicht zu versuchen, andere Konzepte zu kopieren. Ein Pauschalrezept gibt es nicht. 

Jede Unternehmensnachfolge muss individuell gelöst werden. Zum einen existieren in jeder Familie Besonderheiten, die zu ganz individuellen Lösungen führen müssen, zum anderen sind die für den jeweils betroffenen Unternehmer maßgebenden Motive einer Nachfolgegestaltung für einen Außenstehenden gar nicht erkennbar. Was im Zusammenhang mit der Unternehmensnachfolge falsch gemacht wird, kann häufig in Jahrzehnten nicht mehr korrigiert werden.

Einige der folgenden Grundsätze können jedoch hilfreich für den Umgang mit der Nachfolgeplanung sein:

  1. Bestandteil der Unternehmensstrategie

Die Unternehmensnachfolge muss Bestandteil der Unternehmensstrategie sein. Sie muss in eine Planung aufseiten des Nachfolgers und in eine solche aufseiten des Übergebenden und des Unternehmens zerlegt werden. Ein Plan muss jederzeit und unabhängig vom Alter des Firmeninhabers verfügbar sein, und er muss als dynamischer Prozess ständig der sich wandelnden konkreten Familien- und Unternehmenssituation angepasst werden.

  1. Unternehmen auf den Prüfstand stellen

Manche Unternehmensnachfolge scheitert daran, dass sie ausschließlich das Verhältnis zwischen Senior und Nachfolger im Auge hat. Dabei hat Unternehmensnachfolge Auswirkungen auf die gesamte Unternehmensorganisation, insbesondere auf die Führungsorganisation. Eine sorgfältige Nachfolgeplanung darf nicht vernachlässigen, dass ein Unternehmen neben und unter dem Patriarchen eine Vielzahl von Führungspersönlichkeiten hat, mit welchen der Nachfolger arbeiten muss und umgekehrt. Schon aufgrund seiner Ausbildung, aber auch wegen seiner häufig fehlenden Detailkenntnis des Unternehmens denkt der Nachfolger vielfach in anderen Führungsmodellen als der Senior. Im Rahmen einer Unternehmensnachfolgeplanung gehört also die gesamte Unternehmensorganisation auf den Prüfstand.Jedem Unternehmer ist zu empfehlen, seine Nachfolgeregelung aus den eigenen Ziel- und Wertvorstellungen heraus zu entwickeln und nicht zu versuchen, andere Konzepte zu kopieren. Ein Pauschalrezept gibt es nicht. 

  1. Führungskräfte müssen Nachfolge mittragen

Der Eintritt des Unternehmensnachfolgers gegen den offenen oder stillschweigenden Widerstand der im Unternehmen tätigen Führungskräfte ist im negativen Fall zum Scheitern verurteilt und schafft im besten Fall große Probleme. Die Unternehmensnachfolgeplanung sollte daher mit den obersten Leistungsträgern im Betrieb abgestimmt sein.

  1. Nachfolger muss ebenso qualifiziert sein wie potenzieller verfügbarer Fremdmanager

Die Führung eines Familienunternehmens ist kein Erbhof. Allein Qualifikation und Motivation der Kinder sind maßgeblich. Auch Kinder, die zur operativen Führung des Unternehmens nicht geeignet oder hieran nicht interessiert sind, können durchaus kompetent sein, um das von einem Fremdmanagement geführte Unternehmen zu begleiten, etwa als Mitglied eines Unternehmensbeirates. Bei der Frage der persönlichen Qualifikation darf durchaus die Zugehörigkeit zur Unternehmerfamilie Berücksichtigung finden. Es wäre realitätsfremd, würde man bei Vorhandensein geeigneter Unternehmensnachfolger aus der Familie stets ein „objektives“ Auswahlverfahren auch mit fremden Bewerbern erzwingen.

  1. Nachfolgekonzept muss zu jedem Zeitpunkt verfügbar sein

Ein großer Teil aller Unternehmensübergänge erfolgt plötzlich und unfreiwillig, etwa durch Tod, Unfall oder sonstige Handlungsunfähigkeit des Unternehmers. Eine fehlende Nachfolgeplanung und die damit verbundene Notwendigkeit einer Ad-hoc-Entscheidung ist nicht nur eine Gefahr für die Zukunft des Unternehmens, sie birgt auch ein großes Risiko für den Zusammenhalt innerhalb der Unternehmerfamilie.Jedem Unternehmer ist zu empfehlen, seine Nachfolgeregelung aus den eigenen Ziel- und Wertvorstellungen heraus zu entwickeln und nicht zu versuchen, andere Konzepte zu kopieren. Ein Pauschalrezept gibt es nicht. 

  1. Planung umfasst Gesellschafter- und Leitungsebene

Spricht man von Unternehmensnachfolge, so umfasst diese zwei völlig unterschiedliche Fragestellungen, die beide gelöst werden müssen, aber nicht in einen Topf geworfen werden dürfen: Einmal geht es um die Nachfolge der Gesellschaftsanteile, also um die Vermögensnachfolge. Zum anderen geht es um die Nachfolge auf der Geschäftsführungsebene, also die Unternehmer- und Führungsnachfolge. Es empfiehlt sich dringend, beide Ebenen gezielt zu trennen, auch wenn die überwältigende Mehrheit der Unternehmer noch immer einem aus der Familie stammenden Nachfolger in der operativen Geschäftsführung den Vorzug vor einem Fremden gibt.

  1. Machtübergang muss konsequent sein

Für den zeitlichen Ablauf der Unternehmensübergabe gibt es zwei Varianten, die gleichberechtigt nebeneinanderstehen und deren Einsatz von der individuellen Situation des Unternehmens und der Unternehmerfamilie abhängt. Die erste geht von einer punktgenauen Übergabe aus, einem Zeitpunkt, an dem der Junior die Geschäftsführung übernimmt und der Senior sich vollständig aus der Unternehmensleitung zurückzieht. Die zweite sieht eine schrittweise Übergabe über einen Zeitraum von nicht selten mehreren Jahren vor. In beiden Varianten müssen aber die Spielregeln der Machtübergabe sauber niedergeschrieben werden.Jedem Unternehmer ist zu empfehlen, seine Nachfolgeregelung aus den eigenen Ziel- und Wertvorstellungen heraus zu entwickeln und nicht zu versuchen, andere Konzepte zu kopieren. Ein Pauschalrezept gibt es nicht. 

  1. Steuer- und Gesellschaftsrecht haben lediglich Hilfsfunktion

Häufig wird steuerlichen Fragestellungen im Rahmen der Unternehmensübergabe eine zu hohe Priorität eingeräumt. Diskutiert werden steuerlich ausgeklügelte Anteilsübertragungen, ausgefeilte Stiftungskonzepte und sogar Wohnsitzwechsel zur Senkung der Erbschaftsteuerbelastung. Eine steuerliche Optimierung steht richtigerweise immer erst am Ende der Nachfolgeplanung, niemals darf sie der alleinige und bestimmende Grund der vorgesehenen Gestaltung sein.

  1. Rechtzeitige Lebensplanung für danach

Viele Familienunternehmer nehmen sich für die Planung der Zeit nach dem Ausscheiden aus der operativen Unternehmensführung zu wenig oder gar keine Zeit. Weil das Unternehmerdasein und das Familienunternehmen Mittelpunkt des Lebens waren, wurden private Interessen und Kontakte in aller Regel vernachlässigt. Plant der Familienunternehmer nicht „die Zeit danach“, so droht ein tiefes Loch, welches nicht selten durch eine Rückkehr des Seniors ins operative Geschäft kompensiert wird.

  1. Konflikte sind stets emotional und niemals ausschließlich rational

Familie und Unternehmen sind psychologisch zwei unterschiedliche Welten. Streit in der Familie ist im Kern etwas völlig anderes als rational bedingte Meinungsverschiedenheiten im Unternehmen. Nur wer die verschiedenen Wirkungsweisen und Ursachen von Konflikten im Grenzbereich zwischen Familie und Unternehmen versteht, kann konfliktreduzierend Hilfestellung leisten. Keine Unternehmerfamilie sollte sich daher davor scheuen, bei Streit im Rahmen der Unternehmensnachfolge rechtzeitig professionellen Rat von Fachleuten einzuholen.


Zur Person

(© Stiftung Familienunternehmen)

Prof. Rainer Kirchdörfer ist Vorstand der Stiftung Familienunternehmen. Er ist Honorarprofessor an der privaten Universität Witten-Herdecke und Partner der Sozietät Hennerkes, Kirchdörfer & Lorz in Stuttgart. Gemeinsam mit Prof. Brun-Hagen Hennerkes hat er u.a. das Standardwerk „Die Familie und ihr Unternehmen“ geschrieben. www.familienunternehmen.de

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