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Gesellschaftergenerationen von morgen

Gut gerüstet für das Unternehmerleben: Die Gesellschafterkompetenz sollte systematisch vermittelt werden.

Gut gerüstet für das Unternehmerleben: Die Gesellschafterkompetenz sollte systematisch vermittelt werden.

Ein Faktor sticht bei gescheiterten Stabübergaben vermehrt heraus: die zunehmende Entfremdung in einem Gesellschafterkreis, der mehrere Generationen umfasst. Wer künftige Generationen frühzeitig an Rechte, Pflichten und notwendige Kompetenzen heranführt und klare Perspektiven aufzeigt, kann dies verhindern.

Junge Menschen stehen spätestens nach der schulischen Ausbildung vor grundsätzlichen Weichenstellungen. Sie konkretisieren ihre Lebensplanung und wollen individuelle Entwicklungsperspektiven erfahren und gestalten.

Jung, dynamisch, orientierungslos?!

Für Kinder aus Unternehmerfamilien heißt das: frühzeitig eine Antwort darauf zu bekommen, ob, in welcher Form und wann das familieneigene Unternehmen relevant für den weiteren Weg sein könnte. Sie brauchen Orientierung, um künftige Qualifizierungen vorzubereiten und – je nach möglichen Perspektiven im Familienunternehmen als Gesellschafter, operativ tätige Führungskraft oder Gremienmitglied – Entscheidungen treffen zu können.

Die pure Namenszugehörigkeit zur Unternehmerfamilie, das sonntägliche Gespräch über das Unternehmensgeschehen oder die Begleitung der Eltern zu Firmenjubiläen und Betriebsrundgängen – das reicht für Gesellschafter in spe nicht aus, um ihrer künftigen Rolle gerecht zu werden. Und auch das elterliche Diktat einer adäquaten, idealerweise kaufmännischen oder technischen Ausbildung als Grundlage für die zukünftige Gesellschafterrolle fruchtet schon lange nicht mehr – ebenso wenig wie die traditionelle Wertevermittlung, geht doch die Nachfolgegeneration in der aktuellen Multioptionsgesellschaft mit anderen Zielen an die Lebensplanung: Lebenslanges Lernen, selbstbestimmte Balance von Beruf und Freizeit sowie eine sinnhafte Lebenserfüllung stehen im Fokus.

Ungleichgewicht im Gesellschafterkreis

Die – nicht selten steuerlich begründete – Realität der Nachkommenschaft sieht heute jedoch oft so aus: Mit Vollendung des 18. Lebensjahres werden die ersten Gesellschafteranteile übertragen. Eine klare Vorentscheidung zu einem definierten Kreis möglicher künftiger Führungsnachfolger? Fehlanzeige. Entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen für die Gesellschafterrolle vorab? Fehlanzeige. Damit entsteht ein ausbildungs- und kompetenzseitig überaus heterogener Kreis in der Gesellschafterversammlung, in dem Junioren mit familien- und unternehmensstrategischen Fragestellungen konfrontiert werden und dazu aufgerufen sind, über diese zu diskutieren, manchmal sogar mitzuentscheiden.

So sind Friktionen im Gesellschafterverbund programmiert. Einschlägig ausgebildete Gesellschafter, die möglicherweise zum informellen Kreis der sogenannten Auserwählten mit Blick auf die künftige Nachfolge gehören, treffen auf fachlich unbeleckte Nachkommen, die kompetenzseitig vollkommen andere Wege eingeschlagen haben und sich vielleicht mit der Gesellschafterrolle begnügen.

Ein Faktor sticht bei gescheiterten Stabübergaben vermehrt heraus: die zunehmende Entfremdung in einem Gesellschafterkreis, der mehrere Generationen umfasst. Wer künftige Generationen frühzeitig an Rechte, Pflichten und notwendige Kompetenzen heranführt und klare Perspektiven aufzeigt, kann dies verhindern.

Qualifizierung als Kernvoraussetzung

Fakt ist: Gerade wenn Mitglieder einer Unternehmerfamilie die Gesellschafterverantwortung neu übernehmen sollen, muss – unabhängig von der Nachfolgefrage – vor allem das fachliche Ungleichgewicht im Gesellschafterkreis von vornherein beseitigt werden. Über die eigenen Rechte und Pflichten sollten die nachkommenden Generationen klar im Bilde sein. Doch neben fachlichen Qualifikationen geht es für sie auch darum, das System und die Dynamiken von Familienunternehmen zu verstehen. So können künftig nicht operativ tätige Gesellschafter und mögliche Nachfolger für die operative Unternehmensführung zu einem frühen Zeitpunkt gemeinsam an Fragen des Zusammenspiels von Familiengesellschaftern, geschäftsführenden Gesellschaftern, Management und Gremien herangeführt werden.

Es ist deshalb anzuraten, frühzeitig – ohne die Entscheidung über mögliche künftige Führungspersönlichkeiten vorwegzunehmen – Fortbildungsformate zu nutzen, die die wesentlichen Inhalte rund um Corporate & Family Governance von Familienunternehmen vermitteln. Dabei sollten nicht nur klassische Fragestellungen der Unternehmensführung im Fokus stehen, sondern auch übergreifende Inhalte wie etwa gesellschaftsrechtliche und psychologische Aspekte des Familienunternehmens.

Nur so können künftige Generationen erfolgreich von Anteilseignern zu verantwortlichen, fachlich geschulten Gesellschaftern entwickelt werden.

Quelle: Eigene Darstellung

 

 Der Senior ist am Zug

Der Ball liegt klar bei der aktuell aktiven Generation der Senioren, die sich kritisch fragen muss: Soll das Unternehmen langfristig in Familienhand bleiben? Sind die kommenden Generationen noch vergleichsweise kurz beziehungsweise noch gar nicht in Gesellschafterposition? Wann will und kann ich hier die ersten konkreten Schritte einleiten?

 Natürlich sollte die entsprechende Qualifizierung der Gesellschaftergenerationen von morgen nicht nur in Seminaren stattfinden. Die Praxis zeigt: Vom Fremdengagement in anderen Familienunternehmen über Schnuppereinsätze im eigenen Familienunternehmen auf nachrangigen Ebenen, von der spielerischen Heranführung an das Vermögens- und Gestaltungsobjekt Unternehmen bis hin zur Mitgliedschaft in Juniorengemeinschaften – um Praxisluft zu schnuppern, bieten gerade Familienunternehmen vielfältige Möglichkeiten.

Die Senioren sollten dabei auf jeden Fall daran denken, stets alle möglichen Rollen der nächsten Generationen zu berücksichtigen: von der Unternehmerrolle über die verantwortliche Führungsfunktion zum verantwortlichen Gesellschafter mit einer Tätigkeit außerhalb des Familienunternehmens bis hin zur Rolle eines verantwortlichen Vermögensbesitzers. Nur so sichert man auch auf Dauer eine tragfähige, vertrauensvolle und motivierte Gesellschafterstruktur für morgen.

Ein Faktor sticht bei gescheiterten Stabübergaben vermehrt heraus: die zunehmende Entfremdung in einem Gesellschafterkreis, der mehrere Generationen umfasst. Wer künftige Generationen frühzeitig an Rechte, Pflichten und notwendige Kompetenzen heranführt und klare Perspektiven aufzeigt, kann dies verhindern.

Fazit

Mal schnell ein enkelfähiges Unternehmen weitergeben, mal schnell Gesellschafter werden? Wohl kaum. Gesellschafterkompetenz will gelernt sein. Um eine nachhaltig erfolgreiche Übergabe an künftige Gesellschaftergenerationen zu bewerkstelligen, gilt es, die potenziellen Nachfolger von Kindesbeinen an nicht nur an das Unternehmen und seine Wirkmechanismen, sondern vor allem auch an die Rechte und Pflichten eines künftigen Gesellschafters oder operativ tätigen Familiengeschäftsführers heranzuführen und die dafür notwendigen Kompetenzen auszubilden.


Zur Person

Gustl F. Thum ist Mitglied der Geschäftsleitung und seit 16 Jahren als Experte für Familienunternehmen bei der Dr. Wieselhuber & Partner GmbH tätig. Der Diplom-Betriebs-wirt ist Mitglied in diversen Wirtschaftsvereinigungen, Lehrbeauftragter für Entrepreneurship sowie Autor und Referent zahlreicher Publikationen zu den zentralen Gestaltungsfeldern von Familienunternehmen.

www.wieselhuber.de

 

 

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