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Geschäfte am Zuckerhut

Der brasilianische Markt hat sich nach einer jahrzehntelangen Militärdiktatur und strenger Devisenbewirtschaftung seit einigen Jahren für auch mittelständische Investoren geöffnet. Doch ist Brasilien nicht Europa und auch nicht Nordamerika. Was Unternehmer zu beachten haben.

Während Großunternehmen wie Siemens, EADS, ThyssenKrupp, Volkswagen und auch Scheffler seit Jahrzehnten in Südamerika im Markt präsent und auch zum Teil sehr erfolgreich tätig sind, ist die Marktattraktivität für mittelgroße Firmen stets dahinter zurückgeblieben. Dies jedoch zu Unrecht. Die einstmaligen Schwierigkeiten insbesondere im Devisenbewirtschaftungsrecht sind mittlerweile stark gelockert worden. Der riesige brasilianische Binnenmarkt ist für ausländische Investoren sehr attraktiv ist. Gleichwohl gibt es einige wichtige Punkte zu beachten:

1.    Die portugiesische Sprache

Brasilien ist vor allem ein riesiger Binnenmarkt. Der Wirtschaftsverkehr ist daher anders als in Deutschland und in Zentraleuropa meist ohne Kontakt zu ausländischen Märkten und Kunden organisiert. Dies führt dazu, dass vor allem – wenn nicht ausschließlich – in der Landessprache kommuniziert wird. Die Kenntnisse von Portugiesisch sind daher essenziell auf allen Ebenen der Geschäftsbeziehung. Dies heißt selbstverständlich nicht, dass der Geschäftsleiter unbedingt die Portugiesisch sprechen muss, der Einsatz von Muttersprachlern erleichtert den Austausch mit brasilianischen Partnern auch wegen der Mentalität, jedoch enorm. Für den Behördenverkehr ist dies unersetzlich.

2.    Nachhaltigkeit

Der Erfolg des Markteintritts in Brasilien lebt von persönlichen Kontakten. Diese müssen aufgebaut und gepflegt werden. Selbstverständlich ist auch den brasilianischen Kunden und Geschäftspartnern die Entfernung nach Europa und die teils langen Anreisezeiten wohl bekannt. Andererseits ist dies für Brasilianer keine Besonderheit, die lange Anreisezeiten gewohnt sind. Vor allem sollte aber der Eindruck fehlenden Interesses durch zu lange Pausen zwischen den Besuchen gar nicht erst erweckt werden. Der brasilianische Geschäftspartner bzw. Kunde muss erkennen, dass es dem deutschen Partner ernst ist und hierfür spezielle Ressourcen in Form von Geld, Personal und vor allem auch Zeit eingeplant sind. Der Markteintritt und die Bearbeitung des brasilianischen Marktes sollten daher gut überlegt werden. Die Chancen sind groß. Eine nur beiläufige Marktbearbeitung verbietet sich.

3.    Bürokratie

Brasilien hat – naturgemäß – eine ganz eigenständige Bürokratie mit besonderen Vorschriften und Steuern gerade auch bezogen auf Auslandsinvestitionen. Der im letzten Jahr eingeführte Importzoll auf PKW oder die aktuellen Ausschreibungsverfahren für die Privatisierung der großen Flughäfen des Landes sind hierfür aktuelle Beispiele. Brasilien steht insbesondere im Hinblick auf die Infrastruktur, nicht nur wegen der Fußball-Weltmeisterschaft und Olympia, vor riesigen Herausforderungen. Erklärtes Ziel der Regierung ist, hierfür auch die Ressourcen ausländischer Investoren nutzbar zu machen. Das gilt für Großunternehmen, aber auch und gerade für mittelgroße Unternehmen. Diese, auch politische Öffnung ist eine große Chance. Hierbei muss allerdings bedacht werden, dass eine Orientierung über die einschlägigen Vorschriften, Steuern und Verfahren unabdingbar ist. Für brasilianische und erst recht für ausländische Teilnehmer ist die Mitwirkung an Ausschreibungen ohne professionelle Hilfe kaum möglich.

4.    Deutsche Verbände und deutsche Wirtschaftsförderung

Sowohl der BDI als auch die Industrie- und Handelskammern verschiedener Länder und großer Städte und naturgemäß die Außenhandelskammer in Sao Paulo mit ihren Dependancen in Rio de Janeiro, Porto Allegre und neuerdings auch in Nordbrasilien, geben eine oft sehr kostengünstige Hilfestellung für die notwendige Orientierung. Bereits in Deutschland können hierfür Vorbereitungsmaßnahmen wie Delegationsreisen und Ähnliches in Angriff genommen werden. Die Außenhandelskammer Sao Paulo mit ihren Dependancen bietet aktive Hilfestellung vor Ort an.

5.    Guter Rat ist teuer?

Eine interessengerechte, vor allem aber unabhängige Beratung kann die beabsichtigten Aktivitäten oder Institutionen nach Brasilien steuern und ihren Erfolg bestmöglich sichern. Damit kann selbstverständlich nicht das unternehmerische Risiko abgesichert werden. Das enorme Rechts- und Steuerrisiko eines ungünstigen Vertrags- oder Geschäftskonzepts, bei dem die eigenen Interessen nicht wie geplant verwirklicht werden können und daher das Investment gefährdet wird, kann jedoch deutlich reduziert werden. Ein solcher Rat ist nur dann teuer, wenn er zu spät kommt und nicht mehr steuernd eingreifen kann, sondern allenfalls nur noch streitschlichtend oder streitabwendend erfolgen muss. Die Durchsetzung von berechtigten Schadensersatzforderungen ist aufwendig und oft vorher vermeidbar. Richtig ist, in guten Rat rechtzeitig zu investieren.


Zur Person

Adi Seffer ist Rechtsanwalt und Partner im Bereich Gesellschaftsrecht und Transaktionen bei Heuking Kühn Lüer Wojtek und verantwortlicher Partner für das Brazilian Desk der Kanzlei. Heuking Kühn Lüer Wojtek ist eine Partnerschaft von mehr als 250 Rechtsanwälten, Steuerberatern und Notaren mit sieben Standorten in Deutschland und Büros in Brüssel und Zürich.

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