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Frühzeitige Planung ist entscheidend

Wie ein Damoklesschwert schwebt die ungeklärte Nachfolge über zahlreichen Familienunternehmen. Obwohl das Thema für den Fortbestand von Firmen überlebenswichtig ist, wird es häufig auf die lange Bank geschoben. Nicht wenige Firmen sind schon untergegangen, weil beim Tod des Inhabers kein klares Konzept für danach vorlag. Unter den jährlich rund 71.000 in Deutschland vor der Nachfolge stehenden Unternehmen mussten im Durchschnitt rund 8% Insolvenz anmelden, ermittelte das IfM Bonn. Aber auch schon zu Lebzeiten wirkt sich eine fehlende Nachfolgeregelung negativ aus. So führt sie bei fortgeschrittenem Alter des Inhabers zu einer Verschlechterung der Bonität und einer Verteuerung des Bankkredites.

Zielsetzungen der Nachfolgeregelung
Jeder Familienunternehmer sollte sich genau jetzt fragen: “Was wäre passiert, wenn ich vor einer Woche gestorben wäre?” Diese Frage darf niemanden unvorbereitet erwischen. Denn für einen Unternehmer gehört eine geregelte Nachfolge zu den existenziellen Aufgaben. Kennzeichnend für Familienunternehmen ist die Einheit von Eigentum und Führung. Für den Firmenlenker und die Anteilseigner gilt es zu entscheiden, wie dies zukünftig gestaltet sein soll: Gibt er nur die Führung auf, überträgt er seine Firma einem Verwandten, oder trennt er die Familie ganz vom Betrieb und verkauft? Angesichts dieser folgenschweren Entscheidung ist es hilfreich, sich über persönliche Ziele klar zu werden: Wichtig ist meist die finanzielle Versorgung der Familie. Ein weiteres Ziel kann sein, die steuerliche Belastung aller Beteiligten so gering wie möglich zu halten.

Familieninterne Übergabe
Bei einer familieninternen Nachfolge übernehmen Kinder, Enkel oder andere nahe Verwandte des Inhabers die Führung des Unternehmens. Der neue Firmenchef sollte auch objektiv betrachtet geeignet sein, in die unternehmerischen Fußstapfen des Seniors zu treten. Reines Pflichtgefühl gegenüber der Familie ist kein geeignetes Motiv. Bei der Übergabe des Eigentums an Familienmitglieder gibt es zwei Möglichkeiten: die Schenkung oder die Vererbung. Im Falle einer Vererbung findet die Übergabe des Unternehmens erst nach dem Tod des Seniors statt. Eine gesetzliche Erbfolge aufgrund eines fehlenden oder ungültigen Testaments gilt es dabei auf alle Fälle zu vermeiden. Denn es kann zur Zerstückelung des Unternehmens führen, wenn sich nicht alle Erben auf eine gemeinsame Linie einigen können. Behalten die Erben den Betrieb nicht mindestens sieben Jahre lang, ohne massive Einschnitte vorzunehmen, fallen hohe Erbschaftsteuern an. Deswegen ist aus steuerlichen Gründen eine frühzeitige und schrittweise Schenkung der Firma zu Lebzeiten auf jeden Fall einer Vererbung vorzuziehen. Dank einer Nießbrauchregelung könnten dann dem Senior weiterhin die Erträge zufließen, auch wenn er faktisch das Vermögen schon weitergereicht hat. In beiden Fällen – Schenkung und Vererbung – müssen unbedingt alle erbberechtigten Personen berücksichtigt und gegebenenfalls ausbezahlt werden.

Einsatz eines Fremdgeschäftsführers
Nicht selten tritt der Fall ein, dass potenzielle Nachfolger aus der Familie nicht bereit für die Übernahme der Unternehmensführung oder schlichtweg zu jung oder zu unerfahren sind. Ein Verkauf der Firma kann mit dem Einsatz eines Fremdgeschäftsführers umgangen werden. Das Unternehmen bleibt in diesem Fall im Besitz der Familie, die operative Geschäftsführung wird jedoch von einem externen Manager übernommen und der Inhaber so im Alter entlastet. So kann auch sichergestellt werden, dass früher oder später ein geeignetes Familienmitglied das Geschäft übernimmt. Der Senior kann gegebenenfalls auch weiterhin eine gewisse Kontrolle, z.B. im Beirat, ausüben. Auf kurze Sicht können so auch die hohen Steuern auf einen Veräußerungsgewinn oder eine Vererbung vermieden werden.Verkauf an einen Finanzinvestor
Wenn sich die Familie vollständig vom Unternehmen trennen möchte, muss es verkauft werden – sein es an einen Strategen oder an Finanzinvestoren. Letztere streben in der Regel ein Mehrheitsverhältnis an, um die operative Kontrolle zu erlangen. Der Alteigentümer selbst kann auch nach dem Verkauf seiner Firma beratend zur Seite stehen, z.B. als Mitglied des Aufsichtsrates. Bei einem Verkauf an einen Finanzinvestor sollte er sich jedoch im Klaren sein, dass dieser in erster Linie aus Renditegesichtspunkten handelt. Ziel ist es, das Unternehmen mittelfristig zu einem höheren Preis weiter zu verkaufen. Deshalb steht die größtmögliche Steigerung des Unternehmenswertes für den Zeitraum der Beteiligung im Fokus, nachhaltiges Wirtschaften kann dabei auf der Strecke bleiben.

Management Buy-in und Buy-out
Besondere Formen des Verkaufs an einen Finanzinvestor sind der Management Buy-in (MBI) und der Management Buy-out (MBO). In diesem Fall beteiligt sich auch die neue Führungsriege zu einem kleinen Anteil am Unternehmen, der Finanzinvestor übernimmt die Mehrheit. Beim MBO handelt es dabei um das bestehende Management, beim MBI um neue Manager von außen. Vielen Firmen kann es trotz einer längeren Einarbeitungszeit gut tun, wenn sie mit einem neuen Management neue Impulse erhalten. Andererseits strukturieren neue Führungskräfte das Unternehmen häufig komplett um.

Strategen als Käufer
Interessiert an einer Übernahme sind oftmals auch sogenannte Strategen, darunter fallen beispielsweise Wettbewerber aus derselben Branche oder Zulieferer. Sie verfolgen mit dem Kauf keine kurzfristige Wertsteigerung, sondern eine langfristige Strategie und wollen z.B. ihre Marktposition, ihre Wertschöpfungskette oder Produktpalette ausbauen und Synergien im operativen Geschäft nutzen. Für die Wettbewerbsvorteile sind Strategen oft bereit, einen höheren Kaufpreis zu zahlen als Finanzinvestoren. Kritisch zu hinterfragen ist, ob der Käufer lediglich das Know-how erwerben will, langfristig die Produktion aufgibt und Mitarbeiter entlässt. Das Fortbestehen der Firma stünde in diesem Fall auf dem Spiel.

Stiftung zum Erhalt des Unternehmenswertes
Eine andere Möglichkeit ist die Gründung einer Stiftung, der der Inhaber seine Anteile überträgt. Die Stiftung muss ihr Vermögen erhalten und mit den Erträgen daraus einen bestimmten Zweck erfüllen, der vom Stifter (in diesem Fall der Unternehmer) festgelegt und nicht mehr geändert werden kann. Er sichert so die Fortführung seiner Firma in seinem Sinne und vermeidet eine Zersplitterung – denn die Stiftung gehört sich selbst, Erben haben keinerlei Eigentumsanspruch. Bei unternehmensnahen Stiftungen wird die Unternehmerfamilie oft zu “Destinatären” (Nutznießern) erklärt, so dass sie durch regelmäßige Zuwendungen aus den Erträgen finanziell abgesichert ist. Wenn die Stiftung als gemeinnützig deklariert wird, fördert sie in erster Linie bestimmte Interessen der Allgemeinheit und genießt durch ihre selbstlose Tätigkeit Steuerfreiheit. Maximal ein Drittel ihrer Erträge kann dabei dem Stifter oder seiner Familie zufließen. Anders verhält sich das bei privatnützigen Familienstiftungen, deren Zweck allein in der Begünstigung der Stifterfamilie liegt. Diese Form ist schenkungs- und erbschaftsteuerpflichtig. Möglich ist auch die Errichtung einer Doppelstiftung, eine Mischung aus gemeinnütziger und Familienstiftung. Eine Stiftung kann nur sehr eingeschränkt unternehmerisch tätig sein, denn sie ist streng an ihren Zweck gebunden. Aus diesem Grund wird oft das Stimmrecht der Anteile vom Vermögen getrennt und z.B. einer eigens gegründeten Holding übertragen, in der auch die Familie vertreten ist. Als Nachfolgelösung eignet sich die Stiftung nur für reife Unternehmen in Branchen ohne große konjunkturelle Schwankungen, weil ihr Kapital langfristig erhalten bleiben muss.

Konfliktpotenzial während des Übergabeprozesses
Egal, für welche Form des Stabwechsels sich der Unternehmer entscheidet – völlig reibungslos geht es nie über die Bühne. Insbesondere die psychologische Komponente wird oft unterschätzt. Das fängt bei der Verunsicherung der Mitarbeiter an, wenn Gerüchte kursieren, dass der Chef mit einem neuen Geschäftsführer oder gar einem Verkauf liebäugelt. Denn das könnte Umstrukturierungen bis hin zu Entlassungen zur Folge haben und deshalb für Unruhe sorgen. Darum empfiehlt es sich, offen mit der Belegschaft zu kommunizieren. Auch die Beziehung zwischen Vorgänger und Nachfolger sollte von Offenheit geprägt sein, denn sie birgt enormes Konfliktpotenzial. Gerade beim familieninternen Generationswechsel besteht die Gefahr, dass insbesondere der Patriarch zu wenig Vertrauen in den Junior hat und nicht bereit ist loszulassen. Die Kompetenzen müssen eindeutig – auch gegenüber den Mitarbeitern – definiert und schrittweise übergeben werden. Der Senior muss damit zurechtkommen, dass sein Nachfolger andere Entscheidungen fällt als er. Der Junior indes sollte den Vater nicht völlig übergehen und in der Übergangsphase noch zu Rate ziehen. Denn für einen Unternehmer bedeutet eine Firmenübergabe das Aufgeben seines Lebenswerkes, und es loszulassen, ist die größte aller Hürden.

Fazit
Für die Regelung seiner Nachfolge bieten sich dem Unternehmer die unterschiedlichsten Varianten an – vom familieninternen Generationswechsel über einen Verkauf bis hin zur Stiftung. Jede dieser Lösungen sollte von langer Hand vorbereitet werden. Zu einer erfolgreichen Nachfolgeplanung gehört es jedoch auch vorzusorgen, falls der Inhaber durch einen Unfall oder durch Tod plötzlich nicht mehr das Geschäft führen kann. Für diesen Fall sollte der Inhaber unabhängig vom Alter einen Notfallkoffer packen und regelmäßig aktualisieren. Darin müssen alle wichtigen Papiere enthalten sein: Besitzurkunden, Testament, Verträge, Vollmachten, aber auch Geschäftspläne oder wichtige Kundendaten. Es gilt stets für alle Fälle gerüstet zu sein.

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