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Finanzierung unter Basel III

Neue aufsichtsrechtliche Regeln sollen einer Kernschmelze des Weltfinanzsystems, wie sie im Jahr 2008 drohte, vorbeugen. Für kleine und mittlere Unternehmen gewinnen daher bankenunabhängige Finanzierungsformen stark an Bedeutung.

Ende 2010 beschloss der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht neue Richtlinien für die Eigenmittel- und Liquiditätsausstattung der Geschäftsbanken („Basel III“) mit dem Ziel, die Krisenresistenz des internationalen Finanzsystems zu verbessern.

An der grundsätzlichen Berechtigung dieses Anliegens dürfte angesichts der gravierenden Folgen der jüngsten Finanzkrise kein Zweifel bestehen. Immer wieder aber werden auch Befürchtungen laut, wonach die strengeren Eigenmittel- und Liquiditätsanforderungen an die Geschäftsbanken zu einer erheblichen Verknappung und Verteuerung des Kreditangebots an den Nichtbankensektor führen werden. Insbesondere dann, wenn es den Geschäftsbanken nicht gelingt, die zusätzlich benötigten Eigenmittel durch die Einbehaltung von Gewinnen oder mit Hilfe externer Kapitalgeber aufzubringen, dürften sich diese Befürchtungen als berechtigt erweisen.

Vor allem für kleine und mittlere Unternehmen birgt dies große Herausforderungen. Zu befürchten ist, dass die Risikozuschläge, welche die Geschäftsbanken in die Darlehenszinsen für bonitätsschwächere Unternehmen einkalkulieren, und die Anforderungen an Umfang und Qualität der zu stellenden Kreditsicherheiten tendenziell weiter steigen. Potenzielle Kreditnehmer werden folglich ihren Kapitalbedarf in höherem Maße durch Eigenkapitalfinanzierungen decken und die Planung und Disposition ihrer liquiden Mittel so gestalten müssen, dass sich ihre Abhängigkeit von kurzfristigen Überbrückungsfinanzierungen erheblich verringert.

Von diesen grundlegenden Erfordernissen einmal abgesehen, gibt es keinen einheitlichen, universell anwendbaren Lösungsansatz für die Finanzierungsbedarfe kleiner und mittlerer Unternehmen. Sehr wahrscheinlich ist allerdings, dass Alternativen zur klassischen Bankfinanzierung dabei eine wesentlich wichtigere Rolle spielen werden als bislang.

Eigenkapitalausstattung im Fokus

Großer Beliebtheit erfreuen sich bereits heute etwa Sonderfinanzierungsformen wie die revolvierende Übertragung von Forderungen an Finanzierungsgeber (Factoring) oder die Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern (Leasing). Beide genannten Finanzierungsformen können so gestaltet werden, dass die Eigenkapitalquote des Finanzierungsnehmers sich vorteilhafter darstellt als im Falle einer Kreditfinanzierung. Ob sich dies dann aber auch positiv auf die Bonitätsnoten des jeweiligen Unternehmens auswirkt, hängt jedoch nicht zuletzt davon ab, wie die Risikoverteilung zwischen den beteiligten Partnern im konkreten Einzelfall aussieht.

Eine bonitätsverbessernde Erhöhung der Eigenkapitalquote kann vor allem aber auch durch die direkte Einbringung von Eigenkapital seitens externer Investoren – etwa Private-Equity-Gesellschaften oder Verwaltern privater Großvermögen (Family Offices) – erfolgen. Bislang sind mittelständische Unternehmer derartigen Modellen gegenüber aber oft skeptisch eingestellt, weil mit der Bereitstellung von Eigenkapital durch Externe auch unternehmerische Mitspracherechte für diese verbunden sind. Zu oft wird dabei aber übersehen, dass von externen Beteiligungsgebern auch wichtige Impulse zur Verbesserung des Managements und zur Erschließung neuer Marktsegmente ausgehen können. Hier gilt es folglich, Vor- und Nachteile sorgfältig abzuwägen, anstatt sich bietende Möglichkeiten vorschnell zu verwerfen.

Mezzanine-Kapital als Lösungsansatz?

Auch Mezzanine-Finanzierungen – also Mischformen zwischen Eigen- und Fremdkapital -– sind vor diesem Hintergrund eine interessante Alternative. Diese Instrumente können so gestaltet werden, dass sie im Rahmen von Bonitätseinschätzungen als eigenkapitalähnlich behandelt werden, ohne dass den Kapitalgebern dabei Mitspracherechte verliehen werden müssten. Als idealtypisches Beispiel seien an dieser Stelle nur Genussrechte erwähnt: Hier partizipiert der Kapitalgeber am Ergebnis des Beteiligungsnehmers, erwirbt aber kein Stimmrecht oder Mitwirkungsrecht an der Geschäftsleitung. Da die Rückzahlung der Einlage des Beteiligungsgebers im Falle einer Insolvenz oder Liquidation aber erst nach vollständiger Befriedigung aller Gläubiger erfolgt, billigen Kreditgeber und Ratingagenturen Genussrechten einen weitgehend eigenkapitaläquivalenten Charakter zu. Zudem können Genussrechte in Form von Genussscheinen verbrieft und durch die Handelbarkeit an organisierten Märkten einem breiten Anlegerkreis zugänglich gemacht werden.

Mittelstandsanleihen: Zukunft ungewiss

Seit 2010 können mittelständische Unternehmen auch eigene Anleihen an einschlägig spezialisierten Segmenten mehrerer deutscher Börsenplätze emittieren. Vor allem für Unternehmen, die nicht in der Lage sind, Darlehensgebern ausreichende Kreditsicherheiten zu stellen, stellt dies eine interessante Alternative dar. Allerdings müssen die Emittenten den Anlegern teils Renditeaufschläge von bis zu sechs Prozentpunkten gegenüber bonitätsstarken Anleihen gleicher Laufzeit bieten, um ihre Schuldverschreibungen am Markt platzieren zu können. Die Euphorie, mit der die Aufnahme des Börsenhandels mit Mittelstandsanleihen anfangs begrüßt wurde, hat sich indes mittlerweile wieder gelegt: So wurden zwischen 2010 und Ende 2013 immerhin 17 der 119 emittierten Anleihen in diesem Segment notleidend. Vor diesem Hintergrund und aufgrund des dadurch gewachsenen Misstrauens auf Seiten der Anleger ist ungewiss, inwieweit unbesicherte Anleihen auch in Zukunft eine tragfähige Finanzierungsalternative für den Mittelstand sein werden.

Fazit

Alternative Finanzierungsmodelle wie Leasing, Factoring, Private Equity oder Mezzanine-Kapital können dazu beitragen, kleinen und mittleren Unternehmen trotz der drohenden Verknappung und Verteuerung klassischer Kreditfinanzierungen Wachstumsperspektiven zu eröffnen. Voraussetzung ist allerdings, dass diese Unternehmen durch eine zurückhaltende Ausschüttungspolitik, ein professionelles Liquiditätsmanagement und ein hohes Maß an Transparenz das Vertrauen möglicher Finanzierungsgeber gewinnen und erhalten. In dem Maße, wie dieser Rat beherzigt wird, wird Basel III auch seinen Schrecken für den Mittelstand verlieren.


Zu den Personen

Professor Dr. Martin Hellmich ist Karl-Friedrich-Hagenmüller-Professor für finanzwirtschaftliches Risikomanagement an der Frankfurt School of Finance & Management. Dr. Sikandar Siddiqui, CFA, ist Diplom-Volkswirt und Dozent an der Frankfurt School. www.frankfurt-school.de

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