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Finale Finanzhilfe aus dem Netz

Weil die Hausbank zu träge war, nutzte der Zulieferer von Präzisionsteilen Steingross Feinmechanik zur Finanzierung seiner neuen Produktionshalle eine Online-Finanzierungsplattform.

Die Segelreviere dieser Welt kennt Uwe Steingross wie seine Westentasche. Der gebürtige Ostdeutsche war Teilnehmer bei den Olympischen Spielen in Montreal 1976 und Moskau 1980, noch heute nimmt er an Welt- und Europameisterschaften in seiner Klasse teil. Segeln war in der DDR etwas Elitäres, und so mussten die Aktiven bereits bei der Entwicklung und der Wartung der Boote mit anpacken.

Steingross, gelernter Zerspanungsmechaniker, nutzte seine Zeit an der Sportschule, um nebenbei seinen Abschluss als Maschinenbau-Ingenieur zu machen. Werkstoffe und filigrane Bearbeitungstechnologien hatten es ihm angetan, wie beim Segeln brauchte er auch dafür eine ruhige Hand. 1990 startete Uwe Steingross sein eigenes Unternehmen, zunächst in der heimischen Garage, und entwickelte Präzisionsteile für Hightechgeräte. Über zweieinhalb Jahrzehnte hinweg steuerte er auch wirtschaftlich souverän durch alle Fahrwasser und baute ein mittelständisches Unternehmen auf.

Mehr als 350 Unternehmen in Europa und Asien lassen ihre Hightechteile von Steingross entwickeln und fertigen. Die Teile findet man bei den Halterungen von Weltraumkameras oder in Schweißrobotern der Automobilproduktion. Die Qualität der Teile abseits der Massenproduktion hat sich herumgesprochen: „Wir haben Anfragen und Aufträge ohne Ende“, so Steingross. Deshalb plante er 2014 den Bau einer neuen, größeren Produktionshalle. Doch da blies dem Segler eine gehörige Prise Wind ins Gesicht.

Millioneninvestition drohte, an 50.000 Euro zu scheitern

Am Ende ging es um 50.000 Euro, die den Bau der neuen Produktionshalle fast scheitern ließen. Die langjährige Hausbank des Berliner Unternehmers wollte den Betriebsmittelkredit nicht so ohne Weiteres auflösen. Davor hatte sie ihn schon über sieben Monate warten lassen, nachdem Steingross seinen Finanzierungsantrag über 3,8 Mio. Euro eingereicht hatte. Die neuen Maschinen, finanziert über einen Anlagenfinanzierung, standen zur Abholung bereit, Kundenforderungen wurden über Factoring finanziert. Das neue Grundstück im Berliner Technologiepark Adlershof war ausgewählt, und die Investitionsbank des Landes Berlin hatte eine Förderung aus Mitteln zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur in Höhe von 30 Prozent zugesagt, weil Steingross fünf neue Arbeitsplätze schaffen wollte.

Weil die Hausbank zu träge war, nutzte der Zulieferer von Präzisionsteilen Steingross Feinmechanik zur Finanzierung seiner neuen Produktionshalle eine Online-Finanzierungsplattform.

Die regionale Volksbank, die dann das Vorhaben finanzieren wollte, wartete auf die Freigabe der besicherten Kreditmittel der vorherigen Hausbank, die Steingross dingend brauchte, um das notwendige Eigenkapital des Unternehmens beisteuern zu können. Steingross schaut sich auch die Konditionen einer Beteiligungsgesellschaft und der Bürgschaftsbank an. Das zögerliche Handeln seiner früheren Hausbank führte dazu, dass sich der Preis für sein Gewerbegrundstück inzwischen um 20 Prozent verteuert hatte. Mithilfe der ortsansässigen Wirtschaftsfördergesellschaft WiSta gelang es ihm, hier gegenzusteuern und den Kaufpreis wieder auf ein erträgliches Maß herunterzuhandeln. Die Zeit lief Uwe Steingross davon.

Höhere Zinsen, aber schnellere Kreditzusage

In dieser Situation recherchierte er im Netz und stieß auf die Kreditplattform Funding Circle, die seit 2015 in Deutschland aktiv ist. Steingross beantragte online 50.000 Euro. Nach vierzehn Tagen war die Finanzierung komplett. „Wir versuchen normalerweise, innerhalb von 48 Stunden eine Finanzierungszusage zu geben“, schildert Thorsten Seeger, Geschäftsführer Deutschland das Geschäftsmodell der in vier Ländern agierenden Internetplattform.

Private Anleger, aber auch Finanzinstitute wie die Europäische Investitionsbank (EIB) und die bundeseigene KfW unterstützen das Fintechportal seit ihrer Gründung im Jahre 2010 mit Kapital. Unternehmer Steingross zahlt knapp 4 Prozent Zinsen für seinen Kredit und damit mehr als bei der Hausbank, aber durch die schnelle Zusage rechnete sich das für ihn. „Immerhin konnte ich ja dadurch die Gesamtfinanzierung über die Volksbank sichern, meine Halle fertigstellen und die neuen Aufträge abarbeiten“, resümiert Steingross.

Weil die Hausbank zu träge war, nutzte der Zulieferer von Präzisionsteilen Steingross Feinmechanik zur Finanzierung seiner neuen Produktionshalle eine Online-Finanzierungsplattform.

„Eindeutig schnellere Entscheidungswege“

Interview mit Uwe Steingross, Gründer und Geschäftsführer der Uwe Steingross Feinmechanik GmbH & Co. KG

 Unternehmeredition: In den 27 Jahren seit Ihrer Gründung haben Sie zusammengerechnet mehr als 8 Mio. Euro in Ihr Unternehmen gesteckt. Weshalb hielt sich Ihre Hausbank jetzt zurück?

Steingross: Ich vermute, es lag an meinem Alter, ich bin immerhin schon 66 Jahre alt. Dabei hatte ich nicht nur alle Unterlagen komplett und aktuell dabei gehabt, sondern habe sogar eine Stunde vor dem Banktermin ein EKG machen und auch einen Gentest erstellen lassen, um meine Fitness nachzuweisen. Obwohl man ja eigentlich bis 75 Jahre heute einen Kredit erhält.

Lag es vielleicht an einer ungeklärten Nachfolgeregelung?

Auch das habe ich gut geplant. Ich will in diesen Jahr das Unternehmen in eine Familienstiftung überführen, um eventuellen späteren Familienstreitigkeiten – die man sich nicht wünscht – vorzubeugen. Damit bleiben die Arbeitsplätze erhalten und das Unternehmen kann nicht einfach mal so verkauft werden.

Warum haben Sie trotz der höheren Zinsen die Kreditaufnahme im Netz genutzt?

Es waren eindeutig die schnelleren Entscheidungswege und die Handlungsfreiheit. Ich habe jetzt noch einmal 100.000 Euro Kredit online aufgenommen, weil beim Bau einer Produktionshalle noch Dinge gekauft werden müssen, die man vorher so nicht auf dem Schirm hatte. Beispielsweise einen Gabelstapler, um die Produktion noch effektiver zu gestalten. Das musste ich nicht extra begründen.


Kurzprofil Uwe Steingross Feinmechanik GmbH & Co. KG

Gründungsjahr 1990
Branche Zulieferindustrie
Unternehmenssitz Berlin
Umsatz 2017
4,5 Millionen Euro
Mitarbeiterzahl 46

www.steingross.de

 

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