Deutsch für Ausländer

Auf der Suche nach Wachstumspotenzial setzen viele mittelständische Unternehmen auf eine Internationalisierung ihrer Marken. Gerade wenn der heimische Markt gesättigt ist, locken schier unerschöpfliche Expansionsmöglichkeiten. Doch zieht das Label German Family Business im Ausland?

Bahlsen-Geschäftsführer Michael Hähnel: Er verantwortet die Internationalisierung bei Bahlsen. © Bahlsen GmbH & Co. KG
Bahlsen-Geschäftsführer Michael Hähnel: Er verantwortet die Internationalisierung bei Bahlsen. © Bahlsen GmbH & Co. KG

Etikett deutsches Familienunternehmen

Genau diese Fragen hat sich auch Bahlsen gestellt. Ähnlich wie Ritter Sport verfolgt das Familienunternehmen bis 2025 eine Strategieplanung mit dem Ziel, im Ausland profitabel zu wachsen. Seit ein paar Jahren forciert Bahlsen die Expansion in mehreren Regionen und weiß, welche Produkte wo gut ankommen: „Vor allem in Ländern wie Vietnam oder Malaysia können wir schon ein schönes Wachstum verzeichnen. Besonders erfolgreich sind wir dort mit unseren klassischen und zeitlosen Keksen“, berichtet Geschäftsführer Michael Hähnel. Bahlsen setzt dabei bewusst auf das Label Made in Germany im Allgemeinen und Family Business im Speziellen. Seit Kurzem firmiert die Firmengruppe unter dem Namen The Bahlsen Family. In den nächsten Wochen ist geplant, das auch auf den Verpackungen zu platzieren.

Doch wie sehr zieht das Etikett German Family Business? „Es gab eine Zeit, da hieß es: Es spielt überhaupt keine Rolle, woher die Produkte kommen“, erklärt Markenberater Errichiello. Doch das sei heute nicht mehr der Fall: „Gerade in Zeiten der Globalisierung, wo wir den Eindruck haben, es ist alles unüberschaubar, ist die Herkunft wieder relevant.“ Made in Germany sei bis heute immer noch ein Garant für gewisse Produkteigenschaften: einen hohen Präzisionsgrad, Zuverlässigkeit und Genauigkeit.

Besonders profitiert hat davon der Schreibwarenhersteller Lamy. Unter seinem Geschäftsführer Bernhard Rösner, der im Juni überraschend entlassen wurde, konnte das Familienunternehmen seinen Umsatz mehr als verdoppeln. Rösner verfolgte eine gradlinige Internationalisierung und fand vor allem in China, wo Lamy seit 2008 präsent ist, viele neue Kunden. Dort punktet die Marke bis heute mit ihrem Bauhausprinzip, das als typisch deutsch wahrgenommen wird. Entsprechend lautet der Claim von Lamy heute: Design. Made in Germany.

Traditionsfüller Lamy 2000: Mit dem typischen Bauhaus-Design konnte die Marke in den vergangenen zehn Jahren vor allem in China punkten. © Josef Lamy GmbH
Traditionsfüller Lamy 2000: Mit dem typischen Bauhaus-Design konnte die Marke in den vergangenen zehn Jahren vor allem in China punkten. © Josef Lamy GmbH

Andere Potentiale bei der Marge

Das Beispiel Lamy zeigt, dass ein nachhaltiger Erfolg von mehreren Faktoren abhängt. Dabei geht es nicht nur um die typisch deutschen Werte, um beim Kunden zu punkten. Gleichzeitig muss man die Menschen in ihrer Kultur ansprechen.  Frank-Christian Raffel berät seit Jahren deutsche Marken bei ihrer Marketingstrategie und kennt den Mix aus deutschem Image und ausländischer Adaption: „Sie müssen die Marke anders positionieren, ohne dabei ihre deutschen Tugenden zu ignorieren.“ In China gilt es beispielsweise, Qualität und Tradition zu transportieren, gleichzeitig aber auch mit Pathos und – nach unserem Verständnis – Kitsch zu spielen.

Wer das schafft und sich etabliert, kann nicht nur den Umsatz auf eine andere Stufe heben, sondern auch seine Erträge deutlich steigern: „In China können viele deutsche Produkte für das 2,5-fache vom inländischen Konkurrenzprodukt verkauft werden“, konstatiert Berater Raffel.  Deutsche Marken können also voll auf das Premium-Segment beziehungsweise die wachsende Mittelschicht in den Wachstumsmärkten dieser Welt setzen. Gerade diese verlockende Aussicht ist der Grund, warum so viele Konsumentenmarken hier den Markt der Zukunft sehen. Die Herausforderung, sich nachhaltig durchzusetzen, bleibt für Ritter Sport, Bahlsen und Co. indes weiter bestehen.

 

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