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Familienkrise Nachfolge

Gescheiterte Nachfolgen haben häufig einen latenten oder manifesten Gesellschafterdissens als Ursache. Dieser schlägt sich in Scheindebatten, Reibungsverlusten und Entscheidungsstaus nieder – in der Gegenwart und der Zukunft des Familienunternehmens.

Der Nachfolgeprozess per se ist eine brisante Gemengelage aus emotionalen und rationalen Entscheidungsinhalten. Nicht weiter überraschend, wird doch nicht nur ein Unternehmen über­geben, sondern ein Lebenswerk, menschliche Bindungen zu Kunden, Lieferanten, Geschäfts­partnern und Mitarbeitern. Sozialprestige, Anerkennung, Öffentlichkeit, Markt und finanzielle Situation stehen nicht in der Bilanz, sind und waren jedoch die Antriebskräfte des scheidenden Unternehmers und sind Triebkräfte für den „neuen“ Unternehmer.

In der Nachfolge zeigt sich, ob die (neue) Führung und die Eigentümerstruktur in der Lage sind, die Zukunft des Unternehmens erfolgreich zu bewältigen. Zielkonflikte sind in dieser Phase leider häufig: Gesellschafter präsentieren sich mehr als Kapitalanleger und weniger als Unternehmer. Geschäftsführende Gesellschafter achten mehr auf das eigene Unternehmer-Prestige und weniger auf dringend erforderliche Managementfähigkeiten. Familienmitglieder der nächsten Generation weigern sich die Unternehmensführung zu übernehmen oder sind schlichtweg bei objektiver Betrachtung nicht geeignet. Das Familienunternehmen kommt in „hausgemachte“ Turbulenzen, die in schwierigen Märkten existenzbedrohend werden können.

Symptome der Familienkrise bei der Nachfolge

Sowohl Existenzgrundlage und Einkommensquelle als materielle Beziehungskomponente als auch emotionale, ideelle und wertegetriebene Familienbande kennzeichnen das zu übergebende Beziehungsgeflecht zwischen Familie und Unternehmen. Was sich im positiven Fall in einem starken Commitment zum eigenen Unternehmen, aber auch zu den gemeinsamen Familienwerten niederschlägt, führt in der Nachfolge oftmals zu Dissens und offenen Konflikten zwischen den agierenden Parteien, primär bei folgenden Themen:Gescheiterte Nachfolgen haben häufig einen latenten oder manifesten Gesellschafterdissens als Ursache. Dieser schlägt sich in Scheindebatten, Reibungsverlusten und Entscheidungsstaus nieder – in der Gegenwart und der Zukunft des Familienunternehmens.

Fortschritts- und Zukunftsfalle

(© Dr. Wieselhuber & Partner GmbH)

Die Familientradition wird in der Nachfolge oftmals zur „Familienfestung“ mit einer starken Abwehrhaltung gegenüber vermeintlichen Angriffen, die das Unternehmen in die Fortschritts- und Zukunftsfalle führen kann. Offenheit gegenüber notwendigen Veränderungen, neuen Anforderungen an die Führung etc. können nicht mehr umgesetzt werden und gefährden so die Fortführung des Unternehmens und damit letztlich auch das Vermögen der Gesellschafter.

Alte Rechnungen und Machtgelüste

Gerade in Mehrgenerationen-Familienunternehmen treffen noch tätige Gesellschafter in der Führung auf die Geschäftsdistanz, die Renditeerwartungen und die Einkommensinteressen der nicht tätigen Gesellschafter. Thesaurierung oder Ausschüttung wird zur Wurzel des Konflikts. Strategischer Dissens im Sinne von „Wohin soll die Entwicklung des Unternehmens gehen?“ wird schnell zur Vertrauensfrage gegenüber den geschäftsführenden Gesellschaftern. Diese vermeintlich rationale Argumentation wird zudem oftmals noch durch Eitelkeiten und Machtgelüste der Beteiligten überdeckt und verstärkt. Die vorhandenen Managementressourcen werden zur Bekämpfung von Konflikten und zur „Begleichung von alten Rechnungen“ im Gesellschafterkreis eingesetzt.Gescheiterte Nachfolgen haben häufig einen latenten oder manifesten Gesellschafterdissens als Ursache. Dieser schlägt sich in Scheindebatten, Reibungsverlusten und Entscheidungsstaus nieder – in der Gegenwart und der Zukunft des Familienunternehmens.

Das Schwinden der Macht

Motivation, mentale sowie physische Kraft können auch bei Unternehmern schwinden, der Umgang mit Niederlagen will gelernt sein, ebenso bessere Führungskräfte zu akzeptieren und zu fördern. Und auch dies will gekonnt sein: rechtzeitig von der Bühne abzutreten und ohne den öffentlichen Applaus leben zu können. Zudem reichen die traditionell legitimierte Führungsautorität der Kapitaleigner und deren hierarchische Stellung gegenüber der neuen, jungen Führungsgeneration nicht mehr aus, um sich Akzeptanz und Respekt zu verschaffen. Die Kunst im Nachfolgemanagement besteht darin, Funktions-/Kapitalmacht produktiv im Sinne der Unternehmens- und Vermögenswertsteigerung langfristig und nachhaltig einzusetzen. Dieser Balanceakt zwischen Machtinteressen und gegebenenfalls -gelüsten von nicht aktiven Familienmitgliedern und Entscheidungsmacht für das Unternehmen ist zu schaffen, um den Nachfolgeprozess erfolgreich durchführen zu können.

Fazit

Die grundsätzlichen unternehmerischen Weichenstellungen im Rahmen einer Nachfolge führen zwangsläufig zum „Härtetest“ der Beziehungen zwischen dem objektiv Notwendigen für das Unternehmen und dem subjektiven Wollen und Können der Familie. Die schlechteste Lösung für beide Seiten besteht darin, faule Kompromisse und übersteigertes Harmoniestreben einzugehen, um Stammesfehden zu vermeiden. Gerade in Familienunternehmen kommt es darauf an, mögliche Konflikte zu antizipieren und entsprechende Konfliktlösungsmechanismen zu etablieren. Es muss die Balance gefunden werden zwischen Familie und Unternehmen, denn diese entscheidet sehr häufig über die Zukunftssicherung des Unternehmens und damit auch über die Werthaltigkeit des Gesellschaftervermögens.


Zu den Personen

(© Dr. Wieselhuber & Partner GmbH)

Prof. Dr. Norbert Wieselhuber ist Vorsitzender der Geschäftsführung, und Gustl F. Thum ist Mitglied der Geschäftsleitung und Experte für Familienunternehmen bei der Dr. Wieselhuber & Partner GmbH. W&P ist die führende Top-Management-Beratung für Familien-unternehmen in Deutschland mit Büros in München, Düsseldorf und Hamburg. www.wieselhuber.de

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