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Scholpp AG: Industriemontage-Spezialist wächst mit der Globalisierung

Was Globalisierung bedeutet, zeigt exemplarisch die Scholpp AG in Stuttgart: Das Unternehmen, einst ein regionaler Krandienstleister, bringt komplette Maschinen und Anlagen von hier nach dort – einschließlich Abbau, Modernisierung und Aufbau. Da solche Verlagerungen international immer mehr gefragt sind und zudem die Nachfolge zu klären war, haben die Eigentümer die Private-Equity-Gesellschaft Odewald als Beteiligungspartner ins Boot geholt. Die Kapitalbasis von Scholpp wurde damit so gestärkt, dass viel Spielraum für neues Wachstum im Kerngeschäft der weltweiten Industriemontage und auch für Firmenübernahmen besteht.

Unternehmer und Finanzinvestor demonstrieren Zusammengehörigkeit

„Wir“, sagt Prof. Ernst-Moritz Lipp, wenn er von Scholpp spricht: „Ein Zusammengehörigkeitsgefühl ist das A und O für den Erfolg.“ Lipp, Geschäftsführer und Partner von Odewald, und Wolfgang E. Mueller, Vorstandsvorsitzender und Miteigentümer von Scholpp, kannten sich schon jahrelang gut. Deshalb wandte sich Mueller an Lipp, als wegen Wachstums und weiteren Internationalisierungsbedarfs an eine Finanzstärkung gedacht wurde. Der 62 Jahre alte CEO und sein Mitgesellschafter Martin Scholpp, ein Sohn des Firmengründers, wollten aber die Mehrheit behalten, während Odewald in der Regel Mehrheitsbeteiligungen eingeht. Lipp akzeptierte den Wunsch dennoch. „Eine Minderheit ist kein Problem für uns“, sagt er, „sofern Einvernehmen bei wichtigen Entscheidungen gewährleistet ist, vom Budget über Akquisitionen bis zu Personalentscheidungen auf Führungsebene.“

Industrieanlagen von Kontinent zu Kontinent

Der im Wartungs- und Montagegeschäft erfahrene Mueller hatte sich 2005 an Scholpp beteiligt, als ein anderer Gründersohn ausgeschieden war. Seitdem hat sich Scholpp als international tätiger Montagedienstleister eine führende Marktposition in Deutschland erarbeitet, auch in Europa ist das Unternehmen einer von zwei Topanbietern. Seine Erlöse haben sich mehr als verdoppelt. 85% des Umsatzes werden weltweit mit Industriemontage erzielt, auch ein Zweig für Zeitarbeit – „TimeProfessionals“ – gehört zur Gruppe. Immer mehr seiner Kunden begleitet das Unternehmen ins Ausland. Wenn Karosseriepressen und Fertigungslinien der Autoindustrie, Zeitungsrotationen, Werkzeugmaschinen oder gar komplette Reinsträume von einem Standort an den anderen, oft von Kontinent zu Kontinent, verlagert werden, warten äußerst anspruchsvolle Aufgaben auf die „Scholppianer“, die über viel Know-how verfügen. Auch der eine oder andere Spezialauftrag wird an sie herangetragen, wie etwa die vollständige Einrichtung des Automuseums von Mercedes-Benz oder der Transport der letzten Concorde von Paris ins Auto- und Technikmuseum Sinsheim. Mit mehreren Niederlassungen sind sie inzwischen im Ausland vertreten, von Barcelona bis China und Malaysia. Die Aktivitäten sollen nun deutlich ausgeweitet werden. Ein Anfang ist bereits mit dem Erwerb der Firma PTC in Oberhausen gemacht worden, die Industriepressen modernisiert und so das Dienstleistungsspektrum der Gruppe erweitert. Weitere Firmen sind im Visier. Damit sollen auch regionale Lücken, so in Nordrhein-Westfalen und Bayern, geschlossen werden. Die durch Odewald eingesetzten Finanzmittel, rund 30 Mio. EUR, haben die Basis weiter verstärkt.

Ausblick
Mit Umsatzwachstum und Ertragssteigerungen zum Exit
2013 soll der Umsatz zunächst auf 140 Mio. EUR steigen. Nach Muellers Auffassung wird die Zeit des Exits gekommen sein, wenn Scholpp rund 200 Mio. EUR erreicht und der Gewinn sich gleichzeitig im zweistelligen Prozentbereich etabliert. Die von Lipp als überdurchschnittlich bezeichnete EBITDA-Marge soll in diesem Jahr – wie schon 2011 und 2012 – wieder eine zweistellige Größenordnung erreichen. Für den Exit von Odewald sieht Mueller vor allem zwei Möglichkeiten: entweder erneut die Beteiligung eines Finanzinvestors oder die Veräußerung an einen „Strategen“, zum Beispiel ein großes Bauunternehmen oder einen anderen Industriekonzern.

Lorenz Goslich
redaktion(at)unternehmeredition.de

Kurzprofil: Scholpp AG
Gründungsjahr: 1956
Branche: Weltweite Industriemontage
Unternehmenssitz: Stuttgart
Mitarbeiterzahl: 1.200
Umsatz 2012: 125 Mio. EUR
Internet: www.scholpp.de

„Eine AG erlaubt in der Außenwirkung eine deutliche Unterscheidung“



Interview mit Wolfgang E. Mueller, Vorstandsvorsitzender, Scholpp AG

Unternehmeredition: Viele Unternehmer fürchten bei der Beteiligung eines Private-Equity-Unternehmens, dass sie nicht mehr das Sagen haben. Sie nicht?

Mueller: Diese Frage stellt sich immer. Wer sich mit 49 % an einem Unternehmen beteiligt, muss auch Möglichkeiten haben, bei wesentlichen Entscheidungen mitzureden. Aber wir haben das positiv gelöst. Odewald hat nicht nur Geld mitgebracht, sondern auch unternehmerischen Input. Ins operative Geschäft mischen sie sich nicht ein. Wenn ein Finanzinvestor das will, ist er aus meiner Sicht nicht der richtige Partner. Mit seinem breiten Erfahrungsschatz ist Odewald für uns ein wichtiger Sparringspartner geworden. Ich würde das genauso wieder machen.

Unternehmeredition: Könnte die von Ihnen gewählte Rechtsform der AG auch auf Börsenpläne hindeuten?

Mueller: Wenn es eines Tages wieder ein für Börsengänge geeignetes Umfeld geben sollte – warum nicht. Eine AG erlaubt aber auch in der Außenwirkung eine deutliche Unterscheidung von anderen Unternehmen und eine gute Rollenverteilung. Wir haben neben einem zweiköpfigen Vorstand einen Aufsichtsrat mit sechs externen Fachleuten, von Finanzexperten über einen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bis zu Unternehmern.

Unternehmeredition: Können Sie Unternehmern einen Rat geben, die mit der Beteiligung eines Private-Equity-Unternehmens liebäugeln?

Mueller: Wenn man nur seine Anteile zum maximalen Preis veräußern will, wird man selten eine für das Unternehmen nachhaltige Lösung finden. Der persönliche Draht muss da sein, denn in einer fünf- oder sechsjährigen Ehe kann es nicht immer nur Sonnenschein geben. Man muss ein Vertrauensverhältnis aufbauen. Da muss man auch mal miteinander ein Glas Wein trinken. Und die Größe eines Finanzinvestors sollte zur Größe des Unternehmens passen. Es muss auch von vornherein klar sein, dass am Ende des Prozesses der Exit steht.

Unternehmeredition: Warum wollen Sie die Maschinen nicht nur verlagern, sondern auch modernisieren?

Mueller: Wenn eine ältere Presse in der Autoindustrie noch einen Ausbringungsgrad von 70% hat, kann man ihn mit mechanischen Methoden um 7 bis 8% erhöhen und mit der Elektronik um weitere 10%. Damit kommt man in eine Größenordnung, bei der man sich schon überlegen kann, ob eine neue Presse oder eine Modernisierung wirtschaftlicher ist. Wenn wir die Maschinen bei der Verlagerung und Montage gleich auf neuen Stand bringen, schlagen wir für unsere Kunden zwei Fliegen mit einer Klappe.

Unternehmeredition: Herr Mueller, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Lorenz Goslich.
redaktion@unternehmeredition.de

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