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Fahrt aufnehmen und durchstarten

Der Helmhersteller Schuberth gilt als starke Marke für Motorradfahrer, ist aber auch bei anderen Kundengruppen gefragt. Nach dem Einstieg des Finanzinvestors Perusa setzt das Unternehmen zum Wachstumssprung an. 

Es ist der 25. Juli 2009: Beim Qualifying der Formel 1 in Ungarn rast Felipe Massa mit gut 240 km in der Stunde heran, als sich aus dem Boliden vor ihm eine Stahlfeder löst und ihn am Kopf trifft. Wegen der hohen Geschwindigkeit ist das so, als würde ein über zwei Tonnen schweres Gewicht auf den Piloten prallen. Doch Massa überlebt. Ein besonders bruchfester Helm aus Karbon, den Ingenieure des Helmspezialisten Schuberth entwickelt haben, rettet ihm das Leben. Im Juli dieses Jahres hat der Brasilianer das Schuberth-Werk besucht und sich nochmals persönlich für seine „Rettung“ bedankt.

Auf eine noch viel längere Geschichte kann die Schuberth GmbH zurückblicken. Das 1922 in Braunschweig gegründete Unternehmen produzierte in den 50er Jahren die ersten Arbeitsschutz- und Motorradhelme. Kopfschutzsysteme für Feuerwehr, Polizei und Bundeswehr kamen hinzu, wobei der Motorradbereich mit einem Umsatzanteil von rund zwei Dritteln bis heute eine besondere Rolle spielt. „Das Streben nach immer mehr Sicherheit und Komfort hat Schuberth zum Innovationsführer und einer starken Marke gemacht“, sagt der CEO Jan-Christian Becker.

Potenzial nicht ausgeschöpft

Helme von Schuberth: Zu den Kunden zählen auch Feuerwehr und die Polizei.

Das war schon so, als der ehemalige Familieneigentümer 2006 seine Anteile an einen US-Investor verkaufte. Die Fertigung wurde nun vollständig nach Magdeburg verlagert und die Marktstellung in Deutschland weiter gefestigt. Dem neuen Eigentümer gelang es vom fernen Philadelphia aus jedoch nicht, die erhofften Renditen zu realisieren. Konsequenz: Er strebte die Veräußerung seiner Anteile an. Den Zuschlag erhielt die auf mittelständische Unternehmen ausgerichtete Beteiligungsgesellschaft Perusa Partners. Für den Finanzinvestor war der Helmspezialist aufgrund seiner besonderen Situation attraktiv. „Schuberth ist ein im Kern gesundes Unternehmen, dessen enormes Potenzial in attraktiven Märkten der bisherige Gesellschafter nicht vollständig ausschöpfen konnte“, sagt Dr. Hanno Schmidt-Gothan, Managing Director von Perusa. Im September 2013 übernahmen Perusa Fonds die Mehrheit der Anteile, während der US-Shareholder nun als passiver Teilhaber die geplante Wertsteigerung realisieren kann. Perusa stellt allein in diesem Jahr 3 Mio. Euro für Investitionen bereit. Gleichzeitig werden die internen Strukturen und Prozesse auf Effizienz getrimmt. „Dabei geht es nicht primär um Kosteneinsparungen, sondern vielmehr um die Steigerung der Produktivität“, sagt Becker.

Auf dem Weg zu mehr Effizienz

Das Management sammelte dazu bei den Mitarbeitern Verbesserungsvorschläge ein. Rund 250 kamen in die engere Auswahl und mehr als ein Drittel davon ist bereits umgesetzt. „Eine der Konsequenzen war es, die bislang funktionale Organisation auf eine marktorientierte Business-Unit-Struktur umzustellen“, sagt Schmidt-Gothan. Die vier zentralen Units – Motorrad, Autosport, Arbeitsschutz & Feuerwehr sowie Polizei & Militär – sind nun klar getrennt und werden nach ihren jeweiligen Anforderungen geführt. Ein Stellenabbau ist nicht vorgesehen. Im Gegenteil: Dank Wachstum und Insourcing sollen in Magdeburg mehr Arbeitsplätze entstehen.

Mitarbeiter im Fokus: Sie befragte das Unternehmen zu Verbesserungsvorschlägen.

Internationales Wachstum

Zur Realisierung der Wachstumsziele steht neben der Erweiterung der Produktpalette die weitere Internationalisierung auf der Agenda. So will das Management die Absatzmengen in Europa und Nordamerika, wo bereits eine eigene Vertriebstochter in den USA existiert, deutlich steigern. Langfristig winkt vor allem noch enormes Potenzial in Asien – insbesondere in Japan und Thailand, wo die ersten Vertriebsstrukturen aufgebaut werden. Gleichzeitig holt sich Schuberth externes Know-how ins Unternehmen. So kamen mit der Übernahme des norditalienischen Lieferanten Teca25 im Juli Kernkompetenzen für die Helminnenausstattung ins Haus. Die letzten in Braunschweig verbliebenen Testanlagen wiederum – ein Wind- und ein Akustikkanal sowie die Schießanlage für ballistische Helme – werden nun zur Optimierung der Entwicklungsarbeit in das Magdeburger Werk eingegliedert. „Ingenieurskunst und Wertarbeit ‚Made in Germany’ haben Schuberth zur angesehenen Marke gemacht, und diesen Tugenden werden wir treu bleiben“, sagt Becker.

 

Kurzprofil Schubert GmbH

Branche: Helmhersteller

Gründungsjahr: 1922

Unternehmenssitz: Magdeburg

Umsatz 2013: 62 Mio. Euro

Mitarbeiterzahl: rd. 300

www.schuberth.com

„Wir wollen neue Märkte erschließen“

Interview mit Jan-Christian Becker, CEO, Schuberth GmbH

Unternehmeredition: Der Markt für Motorradzubehör ist hart umkämpft, wie jüngst die Insolvenz von Hein Gericke gezeigt hat. Was stimmt Sie optimistisch?

Becker: Manche Marktteilnehmer denken vielleicht zu sehr an den Preiskampf und zu wenig daran, wie sie ihre Zielgruppe erreichen können. Wir haben bei Schuberth schon während der Due Diligence gemerkt, dass das Unternehmen über qualitativ ausgezeichnete, aber relativ wenige Produkte verfügt. Das ging viele Jahre gut, wegen der Vielfalt der Kundenwünsche von heute müssen wir nun das Produktspektrum erweitern.

In Südeuropa droht sich die Nachfrage eher in Grenzen zu halten, oder?

Auch wir sehen die ökonomischen Probleme dort. Andererseits aber haben wir sehr schnell erkannt, dass sich die Marktpräsenz von Schuberth im deutschsprachigen Markt leider nicht im europäischen Ausland, Nordamerika oder Asien widerspiegelt. Insofern bieten sich hier viele Ansatzpunkte und wir können zudem jüngere Zielgruppen erschließen. Denn die Nachfrage nach Motorradhelmen ist im Ausland anders strukturiert als in dem vom Tourensegment und der Altersgruppe ab 40 geprägten deutschen Markt.

Was hat in der nächsten Zeit oberste Priorität?

Wir haben viele Themen definiert, die wir möglichst schnell abarbeiten wollen. Zunächst geht es vor allem um die Optimierung der Produktion, wobei wir gleichzeitig die neu erworbene Teca25 integrieren und die Mitarbeiter mitnehmen werden. Erfreulich ist, dass wir in den von uns definierten Wachstumsbereichen schon jetzt prozentual zweistellige Zuwächse registrieren.

Vielen Dank für das Gespräch.

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