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Euro-Kurs am Taumeln

Nach der Ankündigung von Anleihekäufen durch die EZB war der Euro wochenlang im Sinkflug. Auch nach einer kurzen Erholungsphase sieht es nicht besser aus. Vier Experten erläutern, wie es mit der Gemeinschaftswährung weitergeht.

 Abwertung mit Absicht

Hans-Ulrich Mayer, Fondsmanager Investmentstrategie, Sal. Oppenheim

(© Privat)

Der Euro kennt derzeit nur eine Richtung: Gegen nahezu alle wichtigen Währungen hat die europäische Einheitswährung seit Jahresbeginn an Wert verloren. Auf handelsgewichteter Basis – d.h. zusammengefasst in einem Währungskorb aller Handelspartner der Eurozone – ist der Euro auf dem niedrigsten Niveau seit 2003. Trotz der bereits günstigen Bewertung ist ein Ende der Euro-Schwäche nicht abzusehen. Ausschlaggebend dafür ist, dass die EUR-Abwertung von der Europäischen Zentralbank (EZB) quasi beabsichtigt ist. Dieser sogenannte Wechselkurseffekt ist der effektivste Wirkungskanal des Wertpapierankaufprogramms der EZB zur Ankurbelung des Wachstums und zur Abwendung des Deflationsrisikos. Der US-Dollar dürfte angesichts der bald anstehenden Zinsenwende in den USA am stärksten von dieser Entwicklung profitieren. Klar scheint allerdings, dass die Geschwindigkeit des EUR/USD-Verfalls seit Jahresanfang nicht Bestand haben dürfte.

Nach der Ankündigung von Anleihekäufen durch die EZB war der Euro wochenlang im Sinkflug. Auch nach einer kurzen Erholungsphase sieht es nicht besser aus. Vier Experten erläutern, wie es mit der Gemeinschaftswährung weitergeht.

Euro taumelt Parität entgegen

Sonja Marten, Leiterin Devisenresearch, DZ Bank AG

(© Privat)

Stand der Euro noch im Sommer 2014 auf soliden Füßen, hat die Gemeinschaftswährung seither fast 25 Prozent verloren. Haupttreiber dieser Entwicklung war (und ist) die gegensätzliche Entwicklung der Geldpolitik in den USA und der Eurozone. Während die amerikanische Fed sich auf eine erste Zinserhöhung vorbereitet, hat die EZB ein extrem aggressives Expansionsprogramm (QE) auf den Weg gebracht. Mit geplanten Anleiheankäufen in Höhe von 60 Mrd. EUR pro Monat wird das Programm massive Auswirkungen auf die Renditen und die Währung haben. Aber auch die Entwicklungen in Griechenland fallen zulasten der Gemeinschaftswährung, besteht doch wenig Hoffnung auf eine baldige und nachhaltige Einigung. Erschwerend hinzu kommt die Tatsache, dass den erfreulichen Entwicklungen in den USA eine verhaltener ausfallende Dynamik in der Eurozone gegenübersteht. Auf Sicht der kommenden Monate dürfte sich an diesen Trends kaum etwas ändern. Die EUR-USD-Parität werden wir wohl schon innerhalb der kommenden sechs Monate sehen. Auf Jahressicht ist dann sogar mit Kursen um 0,97 USD zu rechen.Nach der Ankündigung von Anleihekäufen durch die EZB war der Euro wochenlang im Sinkflug. Auch nach einer kurzen Erholungsphase sieht es nicht besser aus. Vier Experten erläutern, wie es mit der Gemeinschaftswährung weitergeht.

Dollarstärke wird anhalten

Dr. Thomas Kressin, Leiter europäisches Devisenportfoliomanagement, PIMCO

(© Privat)

In unserem übergeordneten Szenario gehen wir davon aus, dass der US-Dollar stark bleiben wird. Warum? Weil mehr und mehr Länder in eine Währungspolitik hineingezogen werden, die primär innenpolitische Ziele der Geldpolitik im Blick hat, auch wenn dies auf Kosten der anderen Staaten erfolgt. Die Ankündigung der EZB, im großen Stil ein QE-Programm aufzulegen, leitete die jüngste Eskalationsstufe in diesem globalen Währungskrieg ein. Für die EZB ist der schwächere Euro ein wichtiges Mittel, um mit ihrer Geldpolitik auf die Realwirtschaft einzuwirken. Es würde uns nicht überraschen, wenn angesichts der konjunkturellen Unterschiede in den USA und in der Eurozone und dem starken Kapitalabfluss infolge des QE-Programms der EZB dieser Euro-Abwertungszyklus anhält. Dies könnte und zu einer 20- bis 30-prozentigen Unterbewertung führen, wie wir sie 2001 gesehen haben. Falls wir richtig liegen, ist die Euro-Dollar-Parität nicht mehr weit entfernt.

Nach der Ankündigung von Anleihekäufen durch die EZB war der Euro wochenlang im Sinkflug. Auch nach einer kurzen Erholungsphase sieht es nicht besser aus. Vier Experten erläutern, wie es mit der Gemeinschaftswährung weitergeht.

Euro könnte wieder steigen

Dr. Holger Schmieding, Chefvolkswirt, Berenberg

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Nach einem langen Höhenflug hat der Kurs des Euro seit Mitte 2014 kräftig nachgegeben. In USA hatte die Notenbank frühzeitig Anleihen gekauft und so schon vor Jahren einen Aufschwung angeschoben. Da die US-Konjunktur mittlerweile kräftig genug geworden ist, hat die US-Notenbank diese Liquiditätsspritzen im Herbst 2014 eingestellt. Im Sommer 2015 will sie offenbar ihre Leitzinsen anheben. Deshalb strömt Kapital in die USA. In der Eurozone hatte dagegen die zögerliche EZB eine lange Konjunkturkrise zugelassen. Ihre späten Anleihekäufe lasten jetzt auf dem Wechselkurs. Kurzfristig kann der Euro weiter schwächeln. Allerdings dürfte die aggressivere Geldpolitik auch bei uns die Konjunktur beleben und die Deflationsgefahren verscheuchen. Wenn es uns gleichzeitig gelingt, das griechische Restrisiko einzugrenzen, könnte ein kräftiger werdender Aufschwung den angeschlagenen Ruf des Euro in der Welt aufbessern und neues Kapital anlocken. Damit könnte der Euro in der zweiten Hälfte des Jahres wieder gen 1,12-1,15 zum US-Dollar steigen.

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