Erst wägen, dann wagen

Unternehmerfamilien gelten als langfristig denkend – zu Recht. Dies hat Implikationen für den privaten und geschäftlichen Bereich und umfasst Themen wie Nachfolge und Gesamtvermögen. Welche Risiken Betroffene dabei als zentral empfinden, zeigen aktuelle Erkenntnisse zu Zielen, Weltbild und Risikomanagement.

In den 1980er Jahren untersuchte John Ward erstmals systematisch die Nachfolge in Familienunternehmen. Er fand heraus, dass nur 30 Prozent der Unternehmen die zweite und nur 13 Prozent die dritte Generation überdauern. Diese vermeintlich schlechten Quoten motivierten fortan zahlreiche Forscher und Berater, über Faktoren zur Verbesserung der „Überlebenschancen“ des Familienunternehmens nachzudenken. Nun belegen aktuelle Befunde, dass erfolgreiche Familien nicht notwendig auf eine familieninterne Nachfolge setzen: Nur 26 Prozent priorisieren die Unternehmensnachfolge gegenüber der freien Verwirklichung der Nachkommen. Die Familie gilt verbreitet vor allem als Wertegemeinschaft.

Talentsuche

Zielprioritäten bei der Unternehmensnachfolge (© Family Office Panel)
© Family Office Panel

Dieser Priorisierung liegt als eine zentrale Erkenntnis zugrunde, dass Menschen vor allem in Aufgabenbereichen erfolgreich sind, die ihren Talenten und Interessen entsprechen. Die Bereitschaft, in die Identifikation und Entwicklung der Talente der nächsten Generation zu investieren, ist entsprechend groß. Denn fast jeder kennt – und fürchtet – die in Anlehnung an den Verderben bringenden Sprössling Fredo Corleone aus „Der Pate“ als Fredo-Effekt bekannte Konstellation: Der Unternehmer hievt wenig talentierte Nachkommen in verantwortliche Positionen, die – der Aufgabe nicht gewachsen – dem Unternehmen sodann erheblich schaden.

Die aktive Unternehmensnachfolge eigener Nachkommen als Definitivum verkörpert, so ein Unternehmer selbst, „einen Traum, den man besser nicht träumen sollte“, solange Erben nicht Interesse und Begabung zeigen. Hier können Unternehmer mit nur einem Familienunternehmen noch von solchen mit mehreren Unternehmen im mehrheitlichen Eigentum lernen: Letztere sind im Hinblick auf den Werdegang der Erbengeneration erkennbar offener, bei einem keinesfalls reduzierten Erfolgsanspruch. Vermögensmehrung steht gegenüber dem Erhalt gerade bei Mehrfachunternehmern im Vordergrund. Diese erfolgt auch über neue Aktivitäten, die v.a. nach Verkauf des Stammunternehmens stärker auch global orientiert sind. 

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