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Erfolg für den VfR Aalen und das ESUG

Während der laufenden Rückrunde hat sich der VfR Aalen 1921 e.V., ein Profi-Fußballverein der 3. Liga, innerhalb von drei Monaten erfolgreich durch einen Insolvenzplan saniert. Das ESUG hat damit fünf Jahre nach seinem Inkrafttreten nun auch im Profifußball den Praxistest bestanden.

Mit sichtlicher Freude informierte der Vorstand des VfR Aalen 1921 e.V. im Rahmen einer Pressekonferenz am 5. Mai 2017 die anwesenden Medienvertreter über den Beschluss des Insolvenzgerichts Aalen vom selben Tag, mit dem der von den Gläubigern nahezu einstimmig beschlossene Insolvenzplan des VfR Aalen bestätigt wurde. Die Sanierung des VfR Aalen war damit geschafft.

Dabei war die Situation des VfR Aalen wenige Wochen zuvor am 14. Februar 2017 noch alles andere als rosig. Der Verein war durch den Wegfall der beiden Hauptsponsoren Imtech und Scholz Recycling sowie hohe Schulden belastet, die unter anderem aus der Zeit seiner mehrjährigen Zweitligazugehörigkeit mit entsprechend höheren Ausgaben für den Spielerkader resultierten. Sowohl Imtech als auch Scholz Recycling gerieten im Jahr 2013 in finanzielle Schwierigkeiten und beendeten beziehungsweise reduzierten ihre Sponsoringleistungen. Ein durchgreifender Abbau der Schulden gelang nicht, zumal mit dem Abstieg aus der 2. Bundesliga in die 3. Liga in der Saison 2014/2015 ein Verlust von TV-Einnahmen zu verkraften war. Anknüpfend an die Insolvenzantragstellung des Vereins musste die Mannschaft des VfR Aalen einen Malus von neun Punkten in der Tabelle hinnehmen und fiel so von einem Spieltag auf den anderen aus einer Position mit Aufstiegsambitionen unvermittelt in den Kampf gegen den Abstieg. Mannschaft und Trainerstab nahmen diese Herausforderung bravourös an. Dank einer starken spielerischen und kämpferischen Leistung sowie der Unterstützung der Fans gelangen mehrere Siegesserien, unter anderem mit einem 2:1-Erfolg gegen den späteren Meister MSV Duisburg. Der Klassenerhalt wurde daher bereits deutlich vor Ende der Saison gesichert.

Teamgeist bei Mannschaft und Stakeholdern

Auch im Rahmen des Planinsolvenzverfahrens haben alle Stakeholder an einem Strang gezogen und damit Teamgeist bewiesen. Dies zeigt sich insbesondere an der kurzen Verfahrensdauer: Zwischen dem Eröffnungsantrag am 14. Februar 2017 und der gerichtlichen Planbestätigung am 5. Mai 2017 vergingen weniger als drei Monate. Die Aufhebung des Insolvenzverfahrens steht unmittelbar bevor. Zusammen mit dem Insolvenzverwalter Dr. Holger Leichtle wurde die erhebliche Verschuldung des Vereins beseitigt und auf diese Weise der Profispielbetrieb in Aalen nebst allen Arbeitsplätzen erhalten. Mittels bereits vor dem Eröffnungsantrag eingeleiteter Maßnahmen konnten die Kosten des Lizenzspielbetriebs zudem um nahezu die Hälfte gesenkt werden. Aufgrund der Sanierung ist auch die Lizenz für die kommende Saison 2017/2018 in der 3. Liga bereits ohne nennenswerte Auflagen erteilt worden.

Während der laufenden Rückrunde hat sich der VfR Aalen 1921 e.V., ein Profi-Fußballverein der 3. Liga, innerhalb von drei Monaten erfolgreich durch einen Insolvenzplan saniert. Das ESUG hat damit fünf Jahre nach seinem Inkrafttreten nun auch im Profifußball den Praxistest bestanden.

Gegenwind aus München: Besteuerung von Sanierungsgewinnen

Doch die Plansanierung ist zuletzt nicht nur einfacher geworden. Erschwert werden die Verfahren aktuell durch den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom November 2016, wonach der sogenannte Sanierungserlass des Bundesfinanzministeriums mangels gesetzlicher Grundlage nicht mehr angewendet werden darf. Bislang haben die Finanzbehörden und Kommunen üblicherweise den Erlass von Steuern auf Sanierungsgewinne zugesagt, die infolge der in Insolvenzplänen vorgesehenen Forderungsverzichte der Gläubiger entstehen. Mit dem Beschluss des Bundesfinanzhofs hat sich diese sanierungsfreundliche Praxis leider deutlich reduziert. Der Gesetzgeber hat zwar mittlerweile reagiert und ein „Reparaturgesetz“ erlassen, das den Erlass von Steuern im Rahmen von Sanierungen ermöglichen soll. Unklar ist aber noch, wann dieses Gesetz in Kraft treten wird. Dies wird erst – und nur dann – geschehen, wenn nach Prüfung der Europäischen Kommission in dem Gesetz keine unerlaubte Beihilfe zu sehen ist.

Erlass und Stundung von Steuern aus persönlichen Billigkeitsgründen

Trotz der Unsicherheiten in Bezug auf die Möglichkeit eines Sanierungserlasses ist es im Fall des VfR Aalen gelungen, die für die Sanierung des Vereins notwendigen steuerlichen Billigkeitsmaßnahmen zu erlangen. Unabhängig von dem Inkrafttreten des „Reparaturgesetzes“ sind nämlich Billigkeitsmaßnahmen der Finanzämter und Kommunen nach den allgemeinen Vorschriften nach wie vor möglich, insbesondere in Form des Erlasses aus „persönlichen Billigkeitsgründen“. Ein solcher Erlass kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Erhebung der Steuer auf Sanierungsgewinne die Existenz des betroffenen Unternehmens gefährdet. Hierzu ist die finanzielle Situation (Bilanz, Gewinn-und-Verlust-Rechnung) des betroffenen Unternehmens zu analysieren. Sowohl das Finanzamt Aalen als auch die Stadt Aalen konnten im Vorfeld der Beschlussfassung über den Insolvenzplan überzeugt werden, die notwendigen verbindlichen Auskünfte über die Vornahme der Billigkeitsmaßnahmen (Stundung bzw. Erlass von Steuern aufgrund des Insolvenzplans) zu erteilen.

Fazit: Teamgeist führt zum Erfolg, im Fußball und in der Sanierung

Im Ergebnis ist festzuhalten: Die schnelle und effektive Sanierung des VfR Aalen wurde dank des guten Zusammenspiels von Mannschaft, Trainerstab, Präsidium, Vereinsmitgliedern und Gläubigern in Zusammenarbeit mit einem das ESUG professionell anwendenden Insolvenzgericht ermöglicht. So konnte der VfR Aalen mit einem moderaten Etat und einer kleinen, eingeschworenen und daher starken Mannschaft gleichzeitig eine Insolvenz bewältigen und sportlich die Klasse halten. Entscheidend für den Erfolg dieser geschlossenen Mannschaftsleistung war die sorgfältige Vorbereitung und rechtzeitige Abstimmung des Insolvenzplans mit allen Gläubigern und Stakeholdern.


Zu den Personen

Prof. Dr. Georg Streit ist Equity Partner, Rechtsanwalt und Leiter der Praxisgruppe Restrukturierung bei Heuking Kühn Lüer Wojtek.

 

 

 

 

 

 

Dr. Stephan Degen, Maître en Droit, ist Equity Partner, Rechtsanwalt und Steuerberater bei Heuking Kühn Lüer Wojtek.

Beide sind umfassend beratend in Bezug auf alle rechtlichen und steuerlichen Aspekte tätig, die durch den Themenkreis Krise/Sanierung/Insolvenz angesprochen sind.

www.heuking.de

 

 

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