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Erbschaftsteuer: Jetzt noch ausnutzen

Im ersten Halbjahr 2016 werden aller Voraussicht nach die erbschaft- und schenkungsteuerlichen Begünstigungsvorschriften für Unternehmensnachfolgen geändert. Wer schnell handelt, kann sich noch die günstigen Konditionen der aktuellen Rechtslage sichern.

Bereits im Dezember 2014 hat das Bundesverfassungsgericht die erbschaft- und schenkungsteuerlichen Verschonungsregelungen für die Übertragung von Betriebsvermögen für verfassungswidrig erklärt. Der Gesetzgeber hat nun bis spätestens 30. Juni 2016 Zeit, um eine Neuregelung zu schaffen. Noch im Frühjahr, spätestens im Sommer 2016 wird deshalb ein neues Erbschaftsteuergesetz – das auch die Besteuerung von Schenkungen umfasst – in Kraft treten. Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom Juli 2015 wird es für alle Unternehmen grundlegende Änderungen geben. Nicht nur Großunternehmer, sondern alle Unternehmensnachfolger müssen sich auf ein verändertes System mit strengeren Voraussetzungen und in vielen Fällen einer höheren Steuerbelastung einstellen. Angesichts der zu erwartenden Verschärfungen sollten Unternehmer, bei denen ein Generationenwechsel ansteht, so schnell wie möglich eine vorweggenommene Erbfolge prüfen. Eine rückwirkende Anwendung des neuen Rechts ist nämlich bisher nicht geplant.

Die bisherigen Verschonungsregelungen 

Noch gelten umfassende Steuerbefreiungen für die Übertragung von unternehmerischem Vermögen. 85 oder sogar 100 Prozent des gesamten Betriebsvermögens werden unter gewissen Voraussetzungen nicht besteuert.

Zum begünstigten Betriebsvermögen gehören

Voraussetzung für die Gewährung der 85-prozentigen Befreiung ist, dass das Vermögen des Betriebes nicht zu mehr als 50 Prozent aus Verwaltungsvermögen (Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, bestimmte Anteile und Beteiligungen, Wertpapiere, schädliche Finanzmittel, Kunstgegenstände etc.) besteht. Wird diese Quote eingehalten und das geschenkte (oder auch ererbte) Betriebsvermögen für fünf Jahre nach der Übertragung behalten, werden nur 15 Prozent besteuert. Bei mehr als 20 Beschäftigten besteht zusätzlich die Pflicht, in gewissem Umfang die vorhandenen Arbeitsplätze zu erhalten.

Für eine vollständige Steuerbefreiung, die nur auf Antrag gewährt wird, ist Voraussetzung, dass die Verwaltungsvermögensquote nicht mehr als zehn Prozent beträgt. Die Haltefrist beträgt sieben Jahre, und Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten dürfen während dieses Zeitraums nahezu keine Arbeitsplätze abbauen.Im ersten Halbjahr 2016 werden aller Voraussicht nach die erbschaft- und schenkungsteuerlichen Begünstigungsvorschriften für Unternehmensnachfolgen geändert. Wer schnell handelt, kann sich noch die günstigen Konditionen der aktuellen Rechtslage sichern.

Geplante Neuregelung für Betriebsvermögen

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung stößt in der politischen Landschaft in Berlin auf hohen Widerstand. Insbesondere die Bundesländer pochen auf Änderungen, weshalb auch der ursprüngliche Zeitplan, der eine Verabschiedung des Gesetzes Ende 2015 vorsah, nicht eingehalten werden konnte.

Grundsätzlich bleibt es bei der bisherigen 85-prozentigen oder auf Antrag vollständigen Steuerbefreiung, wenn – wie bisher – die Haltefristen von fünf bzw. sieben Jahren eingehalten und Arbeitsplätze nicht abgebaut werden. Dies gilt jedoch nur für Erwerbe von bis zu 26 Mio. Euro (bzw. für Familienunternehmen unter sehr strengen Voraussetzungen von bis zu 52 Mio. Euro). Für die Ermittlung des Schwellenwerts sind Erwerbe innerhalb von zehn Jahren zusammenzurechnen.

Einschränkungen beim begünstigten Vermögen

Grundlegende Neuerung ist, dass die Befreiungen nicht mehr für das gesamte Betriebsvermögen, sondern – im Wesentlichen – nur noch für das produktive Vermögen gewährt werden. Begünstigt ist danach das Vermögen, das seinem Hauptzweck nach überwiegend einer originär land- und forstwirtschaftlichen, gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit dient. Das übrige Vermögen wird sofort und ohne Begünstigung besteuert. Die Bundesländer sind mit dieser Forderung der Bundesregierung allerdings nicht einverstanden. Sie fordern, dass das nicht produktive Vermögen wie bisher nach den Kriterien des Verwaltungsvermögens bestimmt wird.

Außerdem sollen nicht gewerblich tätige Personengesellschaften künftig nicht mehr begünstigt sein. Reine Holdinggesellschaften sollen nur noch insoweit begünstigt sein, als ihr Vermögen aus begünstigten Beteiligungen besteht.

Arbeitsplatzerhalt auch bei kleinen Unternehmen

Die Beschäftigtengrenze soll deutlich gesenkt werden, sodass Betriebe mit mehr als drei Beschäftigten künftig ebenfalls Arbeitsplätze erhalten müssen.Im ersten Halbjahr 2016 werden aller Voraussicht nach die erbschaft- und schenkungsteuerlichen Begünstigungsvorschriften für Unternehmensnachfolgen geändert. Wer schnell handelt, kann sich noch die günstigen Konditionen der aktuellen Rechtslage sichern.

Steuerbefreiung für Großerwerbe

Übersteigt der Erwerb den Schwellenwert von 26 Mio. Euro (bzw. von 52 Mio. Euro bei Familienunternehmen) und liegt somit ein Großerwerb vor, ist die Steuerbefreiung von 85 Prozent bzw. 100 Prozent nur noch vorgesehen, wenn der Erwerber den Bedarf für die Verschonung nachweist. Es wird geprüft, inwieweit die Hälfte des bereits vorhandenen oder mitübertragenen nicht begünstigten Vermögens des Unternehmensnachfolgers einschließlich seines Privatvermögens ausreicht, um die Erbschaft- oder Schenkungsteuer auf die Übertragung des Unternehmens zu bezahlen. Soweit dieses nicht ausreicht, wird die Steuer in entsprechendem Umfang erlassen, vorausgesetzt, der Erwerber hält die Lohnsummen- und Behaltensregelungen ein.

Alternativ kann der Steuerpflichtige einen Abschlag auf den Unternehmenswert beantragen, der sich nach der Höhe des übergegangenen Unternehmensvermögens richtet, maximal jedoch 20 Prozent im Falle der Regelverschonung bzw. 35 Prozent im Falle der Optionsverschonung beträgt. Gerade für große Vermögen wird die Steuerbefreiung künftig also erheblich geringer ausfallen.

Fazit

Durch die Neuregelung drohen zahlreiche Verschärfungen, und in vielen Fällen wird die Steuerbelastung steigen. Dringender Handlungsbedarf besteht bei der Übertragung von Unternehmen mit einem hohen Anteil an Verwaltungsvermögen, da künftig nicht produktives Vermögen von der Begünstigung ausgenommen wird. Zudem müssen sich Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten, die derzeit keinen Arbeitsplatzerhalt garantieren müssen, auf Verschärfungen einstellen. Insbesondere bei sehr großen Erwerben wird die Steuerbelastung durch die geplante Bedarfsprüfung bzw. durch die geringere Steuerbefreiung erheblich ausgeweitet.


Zur Person

(© Ebner Stolz Mönning Bachem Partnerschaft mbH)

Heike Schwind, Rechtsanwältin und Steuerberaterin, ist Partnerin bei Ebner Stolz in Stuttgart und verantwortet dort den Bereich der Nachfolgeberatung/Private Clients. www.ebnerstolz.de

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