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„Wir sind besser, als die Börse uns bewertet“

Seit etwas mehr als 30 Jahren steht Prof. Thomas Bauer inzwischen an der Spitze der Bauer AG. Im Interview spricht er darüber, wie man mehrere Projekte gleichzeitig vorfinanziert und warum das Deutschlandgeschäft trotz guter Auftragslage schwierig ist.

Unternehmeredition: Herr Prof. Bauer, das Baugeschäft im Spezialtiefbau ist gekennzeichnet durch viele Großprojekte und einen hohen Working Capital-Bedarf. Wie bewältigen Sie diese Ansprüche?

Bauer: Es trifft zu, dass unser Geschäftsmodell sehr vorfinanzierungslastig ist, wobei der Grund dafür nicht bestimmte Großprojekte sind. Betreibt man vor allem langlaufende Bauprojekte, dann lassen sich für diese häufig gewisse Anzahlungen vereinbaren. So kann sich eine Firma aus laufenden Bauvorhaben refinanzieren. Bei uns ist es genau andersherum. Unsere Projekte bewegen sich grob zwischen 500.000 Euro und 50 Mio. Euro und die Bauzeit ist dabei um einiges kürzer, weshalb wir fast nie Anzahlungen erhalten. Vielmehr geht die Rechnung für unsere Leistung manchmal erst raus, wenn das Bauprojekt bereits fertiggestellt ist. In Summe finanzieren wir etwa drei Monate des Umsatzes im Baubereich vor.

Auf welche Finanzierungsinstrumente setzen Sie dabei?

Großbaustelle mit Maschinen von Bauer: Das Unternehmen bietet sowohl Maschinen als auch Dienstleistungen an.

Bauer: Hier bauen wir auf einen Mix aus verschiedenen Instrumenten, wobei wir nicht einzelne Bauprojekte, sondern unseren Working Capital-Bedarf als Ganzes im Blick haben. Alles andere wäre auch viel zu aufwändig und kostenintensiv. Ein wichtiger Baustein ist unser Konsortialkredit. Darüber hinaus begeben wir regelmäßig Schuldscheine und setzen natürlich auch auf Einzelkredite. Diese breite Streuung ist vor allem aufgrund der unterschiedlichen Fälligkeiten der einzelnen Kredite sinnvoll. Würde man dagegen die gesamte Finanzierung bündeln, müssten wir diese auch auf einen Schlag refinanzieren. Bei einer Finanzkrise kämen wir somit in große Schwierigkeiten.

Viele Unternehmen haben die Niedrigzinsphase der vergangenen Jahre genutzt, um ihre Refinanzierungskosten zu senken. Inwieweit hat die Bauer AG von diesem günstigen Umfeld profitiert?

Bauer: Natürlich machen sich die derzeit niedrigen Zinsen bei den einzelnen Finanzierungsinstrumenten deutlich bemerkbar. Wir nutzen aber ganz bewusst auch Zinssicherungen, um uns ein bestimmtes Zinsniveau langfristig garantieren zu lassen. Die dadurch erzielte Planungssicherheit wiegt aus unserer Sicht die etwas höheren Refinanzierungskosten am Ende mehr als auf.

Seit etwas mehr als 30 Jahren steht Prof. Thomas Bauer inzwischen an der Spitze der Bauer AG. Im Interview spricht er darüber, wie man mehrere Projekte gleichzeitig vorfinanziert und warum das Deutschlandgeschäft trotz guter Auftragslage schwierig ist.

Bohr- und Rammgerät von Bauer am Dogerner Aubecken: Die Firma ist Spezialist im Tiefbau.

Ihre Bilanz weist zum Ende des dritten Quartals eine deutliche Verschiebung von kurz- zu langfristigen Finanzkrediten aus. Welche Erklärung gibt es dafür?

Bauer: Solche Veränderungen sind bei unseren Finanzierungsinstrumenten vollkommen normal. Bereits im nächsten oder übernächsten Quartal kann sich das Verhältnis wieder verschieben. Schaut man sich beispielsweise einen dreijährigen Schuldschein an, so fällt dieser im letzten Jahr automatisch unter die kurzfristigen Finanzverbindlichkeiten. So sind die Regeln, wobei ich nicht sicher bin, ob eine solche Bilanzierungspraxis wirklich sinnvoll ist.

Nachdem sich Ihre Aktie 2017 sehr positiv entwickelt hat, tauchten am Markt Spekulationen um eine geplante Kapitalerhöhung auf. Ist diese Option nach der jüngsten Korrektur erst einmal vom Tisch?

Bauer: Die Kapitalerhöhung war lediglich ein Gerücht. Wir selber haben nie über einen solchen Schritt wirklich nachgedacht. Eine Kapitalerhöhung wäre für uns theoretisch nur auf einem deutlich höheren Kursniveau sinnvoll. Wir glauben jedenfalls fest daran, dass wir besser sind, als die Börse uns derzeit bewertet. Unsere Aktie leidet letztlich immer noch unter den Nachwirkungen der schwierigen Branchensituation der vergangenen Jahre. Hinzu kommt, dass wir für unser operatives Geschäft keine Kapitalerhöhung benötigen.

Wie bewerten Sie als mittelständisches Unternehmen den Nutzen der Börsennotiz und den direkten Zugang zum Kapitalmarkt?

Bauer: Aus unserer Sicht überwiegen ganz klar die Vorteile. Neben der Möglichkeit, neues Kapital aufzunehmen, spielt für ein Familienunternehmen auch die deutlich bessere Handelbarkeit der Anteile eine wichtige Rolle. Es kommt immer wieder mal vor, dass Aktien übertragen werden sollen oder nach dem Tod in den Besitz eines anderen Familienmitglieds übergehen. Ebenfalls positiv bewerte ich die disziplinierende Wirkung einer Börsennotiz. Als gelistetes Unternehmen muss man sich klaren Regeln unterwerfen. Nimmt man alles zusammen, dann ist die Börse für uns keine Last. Das gilt umso mehr, wenn man die jährlichen Aufwendungen zu dem beschriebenen Nutzen ins Verhältnis setzt.

 

Seit etwas mehr als 30 Jahren steht Prof. Thomas Bauer inzwischen an der Spitze der Bauer AG. Im Interview spricht er darüber, wie man mehrere Projekte gleichzeitig vorfinanziert und warum das Deutschlandgeschäft trotz guter Auftragslage schwierig ist.

Wie zufrieden sind Sie mit der Geschäftsentwicklung im Jahr 2017?

Bauer: Grundsätzlich können wir mit dem vergangenen Jahr sicherlich zufrieden sein. Im Bau hat sich das Geschäft spürbar besser entwickelt als in den Vorjahren. Im Jahr 2017 werden wir Umsatz und Gesamtleistung in etwa zwischen 15 und 20 Prozent steigern, was ebenfalls eine neue Dynamik belegt. Im Maschinenbau sind aufgrund der Kostenstruktur bei einer Umsatzausweitung nahezu automatisch überproportionale Ergebnissteigerungen zu erwarten. Neben den operativen Fortschritten mussten wir jedoch, wie bereits berichtet, auch eine außerplanmäßige Wertberichtigung hinnehmen. Diese war die Folge eines Schiedsgerichtsurteils und somit ein negativer Sondereffekt für den Bau. Noch Mühe bereitet der Bereich Resources, wo aktuell noch verschiedene Reorganisationsmaßnahmen durchgeführt werden. Während wir mit dem Umweltgeschäft, das die Bereiche Umweltsanierung und Abfallmanagement umfasst, und den Projekten im Oman schon gutes Geld verdienen, sind andere Aktivitäten weiter defizitär. Ich sehe uns aber auch hier auf einem guten Weg, schließlich passt unser Angebot zu den Bedürfnissen in den jeweiligen Märkten.

 

Schilfkläranlage zur Wasseraufbereitung im Oman: Die Sparte Bauer Resources erweitert die Anlage bis 2019 und betreibt sich danach.

Wieso führte die Erholung der Rohstoffpreise bislang in dieser Sparte noch nicht zu einer Verbesserung der Ergebnisse?

Bauer: Die Entwicklung der Rohstoffpreise ist vor allem in unserem Afrika-Geschäft von großer Bedeutung. Dort bieten wir verschiedene Bohrleistungen für Minenbetreiber und Rohstoffkonzerne an. Wenngleich sich das Preisniveau insgesamt wieder erholt hat, so bestehen am Markt doch weiterhin Überkapazitäten. Auch im arabischen Raum beobachten wir mit Blick auf den Ölpreis Ähnliches. Hier ist ebenfalls noch zu viel Kapazität im Markt. Insgesamt betreffen diese Herausforderungen aber nur einen sehr kleinen Teil, gemessen an der Konzerngesamtleistung. Das Umweltgeschäft entwickelt sich wie bereits erwähnt dagegen sehr erfreulich.

Was leiten Sie aus der Auftragslage für Ihr Geschäft im laufenden Jahr ab?

Bauer: Die Zahlen zum Auftragseingang lassen insgesamt ein gutes Jahr erwarten. Im Baubereich sind die neuen Projekte auch regional recht breit diversifiziert. Der Bereich Resources profitiert von Großprojekten wie dem im Oman. Die Vorlaufzeit im Maschinenbau beträgt dagegen nur zwei bis maximal drei Monate. So viel Zeit vergeht zwischen Ordereingang und Auslieferung. Das war aber schon immer so, damit kommen wir zurecht.

Seit etwas mehr als 30 Jahren steht Prof. Thomas Bauer inzwischen an der Spitze der Bauer AG. Im Interview spricht er darüber, wie man mehrere Projekte gleichzeitig vorfinanziert und warum das Deutschlandgeschäft trotz guter Auftragslage schwierig ist.

Sehen Sie sich als Profiteur steigender Infrastrukturausgaben?

Bauer: Uns kommt zweifellos zugute, dass in vielen Regionen wieder mehr Geld in Infrastrukturprojekte fließt. Wir machen neben Bohrungen für große Industrieanlagen ebensolche auch für die Infrastruktur. Sie können sich daher vorstellen, dass wir über diese Entwicklung sehr erfreut sind. In den Industrieländern besteht ein enormer Nachholbedarf, wie man an den vielen maroden Brücken und Straßen deutlich sieht. In den  vergangenen 30 Jahren wurde einfach viel zu wenig in diesem Bereich investiert. Insofern sollte uns diese Umkehr auf viele Jahre eine gute Auslastung im Bau bescheren. Es gibt aber auch einen Wermutstropfen. Mit den Ankündigungen der Politik können die Planungskapazitäten hierzulande keinesfalls Schritt halten. Oder anders gesagt: Wir bringen die Projekte bislang kaum auf die Straße. Uns bremsen hohe Umweltstandards und zu lange Planungsverfahren. Zum Glück sieht es außerhalb Deutschlands in dieser Hinsicht deutlich besser aus.

 Auf alle familiengeführten Unternehmen kommt früher oder später das Thema der Nachfolge zu. Ist die Berufung Ihres Sohnes Florian in den Vorstand demnach auch ein Signal?

Bauer: Ich stehe seit dem Jahr 1986 an der Spitze des Unternehmens. Da macht man sich selbstverständlich Gedanken über Nachfolge, zumal wenn die Familie im Vorstand auch zukünftig vertreten sein soll. Mein Sohn Florian wird sicherlich einen guten Beitrag zur Vorstandsarbeit leisten. Ob er einmal das Unternehmen leiten wird, weiß man erst in fünf oder zehn Jahren. Ich halte jedenfalls nichts davon, zu viel Druck aufzubauen – weder von innen noch von außen.


Zur Person

Prof. Dr.-Ing. Thomas Bauer steht als Vorsitzender des Vorstands seit dem Jahr 1994 an der Spitze der Bauer AG. Er leitet das Familienunternehmen damit in siebter Generation. Die Bauer AG operiert in den drei Geschäftsbereichen Bau, Baumaschinen und Resources. Diese brachten es 2017 auf eine Konzerngesamtleistung von voraussichtlich 1,8 Mrd. Euro. Das Unternehmen ist mit seinen 10.800 Mitarbeitern in rund 70 Ländern tätig. Der Börsenwert beläuft sich aktuell auf 340 Mio. Euro. Das KGV auf Basis von 2018 liegt im Konsens bei elf.

www.bauer.de

Seit dem Erscheinen des Interviews in unserer Printausgabe hat der Börsenwert der Bauer AG um etwa 36 Prozent zulegen können und beträgt  aktuell (Stand 11. Mai, 11 Uhr) 26,75 Euro

 

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