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„Eine Nachfolgesituation hat nicht immer mit dem Alter zu tun“

© Adobe Stock - cirquedesprit

Gute Vorbereitung ist bei einer Unternehmensnachfolge wichtig und Teamgeist sorgt für einen langfristigen Erfolg. Auf welche weiteren Faktoren es dabei ankommt, besprachen wir mit Christian Futterlieb, Geschäftsführer bei VR Equitypartner.

Unternehmeredition: Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht eine gute Vorbereitung der Nachfolge und wann sollte man am besten damit beginnen?

Christian Futterlieb: Es ist entscheidend, dass man als Verkäufer im Prozess Herr der Lage bleibt. Eine gründliche Vorbereitung hilft dabei, nicht unter Druck zu geraten. In jedem Fall empfehlen wir, dass man sich frühzeitig damit beschäftigt, wie die weitere Entwicklung des Unternehmens und des Vermögens erfolgen soll: In welcher Form wird die Familie in ein zukünftiges Konzept mit eingebunden, soll das Unternehmen besser in neue Hände übergeben werden? Es ist dabei sinnvoll, in Zeiträumen von zehn bis 15 Jahren zu denken. Je früher diese Überlegungen beginnen, umso besser können dann die Prozesse im Unternehmen angepasst werden. Der Vorteil der Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Investor wie uns besteht sicher darin, dass wir schon viele solcher Fälle begleitet haben und die möglichen Fehler in den Prozessen somit besser vermeiden können. Normalerweise übergibt ein Unternehmer seine Firma nur einmal – wir machen das häufiger.

Sehen Sie in den kommenden Jahren eine wachsende Zahl von Unternehmensnachfolgen?

Seit Mitte des vergangenen Jahrzehnts gibt es immer mehr Fälle, bei denen eine Nachfolge durch einen externen Investor begleitet wird. Wir haben in der Tat einen starken Zuwachs zu verzeichnen. Früher gab es für diese Finanzierung nicht die passenden Instrumente – das hat sich inzwischen geändert. Zugleich stellen wir fest, dass es immer schwieriger wird, die passenden Nachfolger mit dem richtigen Unternehmergen zu finden. Hier sind wir auch als Investor mit gefordert, damit beispielsweise Abteilungs- oder Projektleiter intern als spätere Manager aufgebaut werden können. Die Problematik der fehlenden Persönlichkeiten für eine Nachfolge sehen wir jetzt schon sehr stark im Handwerk. Das wird aber in der Zukunft auch weitere Sektoren betreffen. Meiner Ansicht nach ist hier die Zusammenführung von Unternehmen zu Plattformen eine sinnvolle Lösung, um für eine langfristige Perspektive zu sorgen.

Was hat sich in den vergangenen Jahren bei Nachfolgeregelungen geändert?

Eine Nachfolgesituation hat nicht immer mit dem Alter zu tun. Wir sehen immer mehr Fälle von Firmeninhabern, die mit 50 Jahren vielleicht noch etwas anderes machen wollen. Gleichzeitig ist es ihnen aber wichtig, ihr Unternehmen in guten Händen zu wissen. Es ist schon so, dass die Verkäufer immer jünger werden – und sie sind oftmals auch hervorragend vorbereitet. Es wurden bereits entsprechende Prozesse aufgesetzt und es gibt eine gut funktionierende zweite Führungsebene. Ein aktueller Fall bei uns ist beispielsweise die aku.automation GmbH mit Hauptsitz in Aalen. Das Unternehmen ist ein Spezialanbieter, der sich als Systemintegrator auf die Bildverarbeitung im Bereich der industriellen Automatisierung fokussiert hat. Wir haben uns 2020 mit einer Minderheitsbeteiligung engagiert. Die beiden Gründer und geschäftsführenden Gesellschafter sind weiterhin beteiligt und haben die operative Führung des Unternehmens um den bisherigen Vertriebsleiter erweitert. Gemeinsam wird nun ein konsequenter Wachstumskurs verfolgt.

Welche Kriterien gelten bei VR Equitypartner für eine Unternehmensbeteiligung im Zuge einer Nachfolgeregelung?

Wir interessieren uns für Unternehmen ab einer Größe von 10 Mio. EUR Jahresumsatz. Wichtig ist dabei, dass es sich um eine profitabel arbeitende und am Markt bereits etablierte Firma handelt. Bei Restrukturierungsfällen oder Krisen sind wir nicht mit dabei. Ob eine mögliche Nachfolge bereits gut vorbereitet ist oder nicht, spielt dabei keine so entscheidende Rolle. Wir stellen uns mit unseren Beteiligungsmodellen darauf ein. Man kann mit uns reden und die verschiedenen Möglichkeiten diskutieren. Bei einer nicht vorhandenen Vorbereitung ist aber durchaus mit einer Art „Risikoabschlag“ zu rechnen.

In welcher Form beteiligen Sie sich an den Unternehmen?

Wir haben verschiedene Möglichkeiten und sind dabei nicht von vornherein festgelegt. Im Prinzip bieten wir die komplette Bandbreite einer Eigenkapitalbeteiligung an – von Mezzanine über eine Minderheitsbeteiligung bis zu einer Mehrheitsübernahme. Wir können von Fall zu Fall entscheiden, welche Form der Zusammenarbeit für beide Seiten am besten ist und der weiteren Entwicklung des Unternehmens den besten Rückenwind verleiht. Wichtig ist uns dabei eine langfristige Perspektive und gegenseitiges Vertrauen, denn wir gehen einen langen Weg miteinander. Es bedarf eines wechselseitigen Kennenlernens und auch der Abstimmung einer gemeinsamen Wachstumsstrategie. Da wir bankeigene Mittel investieren, sind wir bei unseren Beteiligungen unabhängig von Fondslaufzeiten und nicht exitgetrieben. Wir können uns mit unseren Investments den Anforderungen des Unternehmens und des Markts gut anpassen. Ein Beispiel für eine langfristige Beteiligung ist die KTP Kunststoff Palettentechnik GmbH, an der wir uns bereits 2011 beteiligt haben. 2017 kam mit der Wagner Holding ein weiterer Gesellschafter mit an Bord und wir arbeiten bei der weiteren Entwicklung des Familienunternehmens bestens zusammen. Seit unserer Investition hat KTP die Internationalisierung weiter vorangetrieben, eine Beteiligung an einem Innenverpackungsunternehmen dazugekauft und die Kapazitäten mit einem neuen Produktionsstandort signifikant erweitert. Vom Hauptsitz in Bous und dem chinesischen Vertriebsstandort in Taicang aus exportiert KTP ihre Produkte inzwischen in über 100 Länder.

Besteht ein verstärkter Trend zur Rückbeteiligung der Gründer?

Bei einer Übernahme des Unternehmens kann eine Rückbeteiligung durch den Gründer aus verschiedenen Gründen sinnvoll sein. Zum einen ist es sicher ein Vertrauensbeweis an uns, dass der frühere Inhaber auch weiter an eine gute Entwicklung des Unternehmens glaubt. Wir sichern damit sozusagen einen Teil unseres Risikos ab. Zugleich bekommt er damit auch selbst eine gute Chance, weiter an den Gewinnen der Firma teilzuhaben. In jedem Fall hat die Zahl der Rückbeteiligungen aus meiner Sicht zugenommen, das Modell findet immer mehr Akzeptanz. Wichtig ist es auf jeden Fall, dass Investoren und Management gut zusammenarbeiten, denn sonst ist eine positive Unternehmensentwicklung gefährdet.

Vielen Dank für das informative Gespräch, Herr Futterlieb!


ZUR PERSON

Foto: © VR Equitypartner

Christian Futterlieb ist Geschäftsführer bei der Frankfurter Beteiligungsgesellschaft VR Equitypartner. In dieser Rolle verantwortet er die Akquisition und Wertsteigerung von Direktbeteiligungen sowie Mezzaninefinanzierungen. Er ist bereits seit 2006 bei VR Equitypartner (damals noch in der Vorgängergesellschaft DZ Equity Partner) tätig, zuerst als Investmentmanager, dann ab 2008 als Mitglied der Geschäftsleitung. Im Jahr 2014 rückte er in die Geschäftsführung auf. Bei VR Equitypartner begleitete er zahlreiche Investments und Zukäufe und betreut die Weiterentwicklung diverser Portfoliounternehmen.

www.vrep.de

Dieser Beitrag erscheint in der Unternehmeredition-Magazinausgabe 4/2022.

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