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Ein Verband unabhängiger Family Offices

Yvonne Brückner, frühere Junior-Professorin für „Family Office“ an der Otto Beisheim School of Management (WHU) und heutige Inhaberin des Lehrstuhls für Finanzwirtschaft an der Dualen Hochschule Stuttgart, hat sich unter anderem ein für die Praxis wertvolles Ziel gesetzt: Sie will mehr Transparenz im diffusen Family-Office-Markt schaffen und zu einem fruchtbaren Dialog zwischen den Akteuren beitragen. 

Yvonne Brückner ist sehr aktiv, wenn es um das Thema „Family Office“ geht. Im Rahmen einer breit angelegten Panel-Studie zu Fragen der Vermögensstrategie von Family Offices gelang ihr etwas, was noch niemandem so recht glücken wollte: Sie brachte diverse Family-Office-Anbieter unterschiedlichster Couleur an einen Tisch und in lebhafte Diskussionen miteinander über Sinn, Zweck, Inhalte und Strukturen von Family Offices. Hierbei wurde eines deutlich: Der Wunsch nach einem offenen Dialog zwischen den Akteuren ist bei vielen vorhanden und lässt den konkurrenzbedingten Isolationismus der Anbieter in den Hintergrund treten.

Gleichgesinnte und die Idee eines Verbandes

Den Aktivitäten des Brückner’schen Family Office Panels ist eine siebenköpfige Gruppe von Offices entsprungen, die in einem intensiven Gedankenaustausch viele Übereinstimmungen gefunden hat, was das Selbstverständnis von Family Offices anbelangt.

In der kleinen Gruppe Gleichgesinnter fanden Single wie Multi Family Offices zusammen. Ihnen allen gemein: Sie sind bankenunabhängig. Und es dauerte nicht lange, bis alle darin übereinstimmten, dass der fruchtbare und kollegiale Austausch zwischen den Akteuren sowie das Einstehen für gemeinsame Grundregeln breiter aufgestellt und institutionalisiert werden sollte. Die Idee der Gründung eines Verbandes entstand.

Hintergrund der Initiative

Was einst vor Jahrzehnten in den USA mit der Idee der Etablierung eines eigenen Finanzbackoffices zur Steuerung des Familienvermögens einzelner Industriemagnaten als Single Family Office begann, fand vor rund 20 Jahren viele Nachahmer im deutschen Finanzdienstleistungsmarkt. Heute ist der Anbietermarkt extrem diffus: Unabhängige Single und Multi Family Offices, Banken und Vermögensverwalter, die Family-Office-Leistungen anbieten, und sogar vermehrt auch Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die sich nun auf diesem Beratungsfeld tummeln. Leider sieht sich auch mancher typische Kapitalanlagenvermittler berufen, mit einem Family-Office-Angebot aufzuwarten.

Hieraus ergeben sich unweigerlich zwei Problemfelder: Erstens hat die Familie, die für die Verwaltung ihres Vermögens eine externe Family-Office-Struktur sucht, im intransparenten Dschungel der vielen Anbieter kaum eine Chance, den passenden Partner zu finden. Zweitens sind weder der Begriff „Family Office“ noch die dahinter stehende Institution geschützt. Viele Marktteilnehmer haben sich viel zu sehr von der Grundidee des unabhängigen, nur an den Interessen der Familie orientierten Finanz-Back-Office entfernt und sehen Family Office vielmehr als Einfallstor verstärkten Platzierens hauseigener Anlageprodukte.

Der Verband unabhängiger Family Offices soll hier auf unterschiedlichen Ebenen Abhilfe und für seine Mitglieder in mehrfacher Hinsicht einen Nutzen schaffen.Yvonne Brückner, frühere Junior-Professorin für „Family Office“ an der Otto Beisheim School of Management (WHU) und heutige Inhaberin des Lehrstuhls für Finanzwirtschaft an der Dualen Hochschule Stuttgart, hat sich unter anderem ein für die Praxis wertvolles Ziel gesetzt: Sie will mehr Transparenz im diffusen Family-Office-Markt schaffen und zu einem fruchtbaren Dialog zwischen den Akteuren beitragen. 

Ethische Grundregeln und Qualitätsstandards

Der Verband wird sich für die Entwicklung allgemein anerkannter ethischer Grundregeln und qualitativer Anforderungen einsetzen. Hierzu gehören Interessenkonfliktfreiheit in der Betreuung, ganzheitliche Ausrichtung der Vermögenssteuerung über alle Assetklassen und somit eine Enthaltung jedweden Produktvertriebs. Nur wer diese Kriterien erfüllt, hat dort auch einen Platz als Mitglied. Zudem sollen die vom Verband formulierten Standards auch verbandübergreifend wirken, damit der Vermögensinhaber auf der Suche nach einem neutralen und leistungsstarken Family Office eine Orientierungshilfe an der Hand hat.

Transparenz in Sinne des Vermögensträgers

Der Verband soll dabei helfen, Transparenz in den Anbietermarkt zu bringen, und eine scharfe Abgrenzung zwischen den einzelnen Anbietergruppen ziehen. So können sich Verbraucher einen Überblick über die Marktstrukturen und die Akteure verschaffen.

Plattform für interdisziplinären Austausch

Der Wunsch nach einem kollegialen Austausch ist bei den Akteuren groß. Bei allem Wettbewerb zueinander gibt es doch genügend Themen und Herausforderungen im Dienstleistungsbereich Family Office, die gemeinsam viel besser gelöst werden können als jeweils alleine. Die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Family Offices z.B. werden immer komplexer, unübersichtlicher und anscheinend auch realitätsfremder. Hier kann der Verband gegenüber seinen Mitgliedern Aufklärungsarbeit leisten und zugleich deren Interessen öffentlichen Gremien und Behörden gegenüber vertreten.

Aber auch der Austausch zu Allokationsfragen, zu den richtigen Adressen von Experten in besonderen Beratungsfeldern bis hin zur Entwicklung gemeinsamer Projekte können Felder darstellen, in denen der Verband eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern schaffen kann.

Unabhängigkeit als wichtiges Abgrenzungskriterium

Unabhängigkeit ist ein wichtiger Garant für Interessenkonfliktfreiheit eines Family Office. Der Verband möchte sich bewusst auf Mitglieder konzentrieren, die nicht Teil einer übergeordneten Institution sind – und daher Family Office nur als einen Geschäftsbereich von vielen betreiben –, und die keinen Vertrieb von Anlageprodukten betreiben. Das heißt aber nicht, dass der Verband den Dialog mit den Family-Office-Einheiten von Banken und Steuerberatern nicht schätzen würde. Im Gegenteil: Auch mit diesen Anbietern gibt es diverse gemeinsame Anliegen und Themen, sodass ein Zusammenwirken auf einzelnen Feldern wertvoll sein wird.

Fazit

Die Initiative zur Gründung eines gemeinsamen Verbandes als Interessenvertreter der eigenen Mitglieder, aber auch der Nachfrager nach Family-Office-Leistungen war längst überfällig. Vielleicht hätte sich durch eine frühere Formierung einer Interessengemeinschaft manche Fehlentwicklung am Anbietermarkt verhindern lassen. Die Gründungsmitglieder haben sich viel vorgenommen. Aber der potenzielle Nutzen künftiger Verbandsarbeit ist für alle Beteiligten groß und wird sicherlich einen wichtigen Beitrag dazu leisten, den Markt transparenter, qualitativ hochwertiger und ehrlicher zu machen.


Zur Person

Christoph Weber ist geschäftsführender Gesellschafter des WSH Family Office in Düsseldorf, das er 1999 mit zwei Unternehmern als klassisches Multi Family Office für die Gründerfamilien sowie eine begrenzte Anzahl weiterer Unternehmerfamilien ins Leben rief. Seit vielen Jahren hat er sich im Dialog mit der Wissenschaft der Aufklärungsarbeit über die Institution des Unternehmer-Family-Office verschrieben. www.w-s-h.com

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