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„ebm-Papst ist kein Gutmensch-Unternehmen“

Vor allem in Asien und Nordamerika will ebm-Papst expandieren. Ziel ist, weltweite Spiegelorganisationen aufzubauen. Wie das gelingen soll, wie das Unternehmen mit Plagiatoren umgeht und warum sich das Engagement in der Formel 1 lohnt, erklärt der Vorstandsvorsitzende Rainer Hundsdörfer.

Herr Hundsdörfer, ebm-Papst ist in der öffentlichen Wahrnehmung trotz Weltmarktführerschaft nicht sehr bekannt…

Da muss ich widersprechen. Das stimmt vielleicht für die breite Masse der Bevölkerung. In unserer Welt und der Region stimmt das so nicht. Hier sind wir ein Leuchtturmunternehmen.

Woran messen Sie das?

Etwa daran, dass wir in der Zentrale in Mulfingen, im Hohenlohekreis, also nicht gerade zentral gelegen, keine Probleme haben, Fachkräfte zu bekommen. Dass wir in der breiten Masse nicht so bekannt sind, liegt daran, dass wir ein Komponentenlieferant sind. Es gibt kaum einen Menschen auf der Welt, der nicht immer

Ventilatoren für die Industrie: ebm-Papst ist Weltmarktführer. (© ebm-papst)

wieder mit unseren Produkten zu tun hat. Allerdings sieht er diese kaum, da unsere Ventilatoren und Motoren verbaut sind oder im Hintergrund ihr Werk verrichten.

Wo werden sie eingesetzt?

Sie arbeiten etwa in einem Porsche, in einer Waschmaschine von Miele oder einer Heizung von Viessmann. Wenn Sie in einen Supermarkt gehen, sind Sie umringt von unseren Produkten. Auch eine Cloud, die irdisch ist und nicht im Himmel steht, braucht sehr viel Kühlung. Als Komponentenknecht stehen wir gerne in der zweiten Reihe.

Hat das Unternehmen an Bekanntheit gewonnen, seit es als Teampartner und Komponentenhersteller mit Mercedes AMG Petronas in der Formel 1 zusammenarbeitet?

Das mag sein. Wir arbeiten allerdings aus einem anderen Grund mit Mercedes AMG Petronas zusammen: Das Formel-1-Auto ist das sparsamste Hybridauto, das es gibt. Energieeffizienz ist enorm wichtig geworden. Deswegen passen unsere Produkte perfekt. Wir verkaufen neben einem Luftstrom bei einem Betriebsdruck auch maximale Energieeffizienz.Vor allem in Asien und Nordamerika will EBM-Papst expandieren. Ziel ist, weltweite Spiegelorganisationen aufzubauen. Wie das gelingen soll, wie das Unternehmen mit Plagiatoren umgeht und warum sich das Engagement in der Formel 1 lohnt, erklärt der Vorstandsvorsitzende Rainer Hundsdörfer.

Dann ist ebm-Papst also ein Gutmensch-Unternehmen?

Sicherlich nicht, aber die Themen Nachhaltigkeit und Energieeffizienz sind klar im Unternehmensfokus. Als Zulieferer, der nach außen kaum sichtbar ist, sind wir einem enormen Preisdruck ausgesetzt. Deswegen müssen wir stetig unsere Effizienz steigern. Mit den kleineren, energiesparenden und günstigeren Produkten sorgen wir dafür, dass Kunden ältere ersetzen. Das sorgt für eine Kultur der Energie- und Ressourceneffizienz. Dafür setzen wir auch Energiescouts bei uns ein. Unser Motto ist Effizienz durch Hightech, und deswegen passt die Formel 1 hervorragend zu uns.

Lohnt sich das Engagement?

Pauschal lässt sich das nicht beantworten. Es kostet zwar, allerdings rücken wir dadurch auch stärker in den Fokus von Mercedes. Es besteht die Chance, so viel

Zentrale von ebm-papst in Mulfingen: Von Schwaben in die Welt. (© ebm-papst)

Geschäft zu generieren, dass sich das Engagement amortisiert. Wir betrachten unser Engagement in der Formel 1 als eine Investition.

Der Anteil des Umsatzes, den Sie im Ausland erwirtschaften, liegt bereits bei 75 Prozent. Wird dieser künftig noch größer werden?

Sicherlich wird er weiter wachsen. Das ergibt sich daraus, dass die Wachstumsmärkte außerhalb Europas liegen. Für uns liegen sie vor allem in Asien und in Nordamerika. In diesen Regionen werden wir unsere Produktionskapazitäten überproportional ausbauen. Dementsprechend wird auch der Personalaufbau dort stärker zulegen. Im Moment exportieren wir noch relativ viel aus Europa heraus. Der Anteil soll künftig geringer werden.

Spüren Sie die Entschleunigung des Wachstums in China?

Auch uns trifft sie. Allerdings arbeiten wir daran, diese für uns zu nutzen, indem wir neue Kunden suchen und die Vertriebsarbeit stärken. Sobald das Wachstum wieder anzieht, werden wir profitieren.

Wie stark belasten Sie Plagiate?

Wir verlieren jedes Jahr zwischen 150 und 200 Mio. Euro Umsatz durch Nachahmungen.

Was tun Sie dagegen?

Produktion in Mulfingen: Industrie 4.0 wird immer wichtiger. (© ebm-papst)

Verletzt jemand ein Patent- oder ein Gebrauchsmuster, ist es relativ einfach. Mithilfe der Behörden verfolgen wir die Plagiatoren. Schwieriger ist es mit Produkten, die meist etwas älter sind. Die werden einfach kopiert, dagegen kann man wenig ausrichten. Besonders dreist ist es, wenn auch noch unser Name auf den Produkten steht. Sie werden also nicht nur nachgemacht, sondern gefälscht. Immer wieder werden bei Razzien Fälschernester ausgehoben. Die wirksamste Methode sich dagegen zu schützen ist, innovativ zu sein. 40 Prozent des Umsatzes machen wir mit Produkten, die weniger als vier Jahre alt sind.

Insgesamt haben Sie 15.000 verschiedene Produkte, Werke in 18 Ländern und beschäftigen knapp 1.000 Ingenieure. Sehen Sie sich als Weltkonzern oder als Familienunternehmen?

Wir sind nach wie vor ein Familienunternehmen. Die drei Familien, denen das Unternehmen gehört, haben klare Wertvorstellungen. Wir rücken den Menschen in den Mittelpunkt, haben hohe Ansprüche an uns im Umgang mit den Kunden, Lieferanten und Stakeholdern. Das heißt allerdings nicht, dass die Ergebniserwartung geringer ist und wir weniger wagen. Im Gegenteil: Bereits fünf Jahre nach der Gründung haben wir mit der Internationalisierung begonnen. Die Nähe zum Kunden war schon immer wichtig.Vor allem in Asien und Nordamerika will EBM-Papst expandieren. Ziel ist, weltweite Spiegelorganisationen aufzubauen. Wie das gelingen soll, wie das Unternehmen mit Plagiatoren umgeht und warum sich das Engagement in der Formel 1 lohnt, erklärt der Vorstandsvorsitzende Rainer Hundsdörfer.

Sie wollen nicht nur international agieren, sondern sich global aufstellen. Was heißt das?

Unser Ziel ist es, Spiegelorganisationen in verschiedenen Ländern aufzubauen. Angepasst an die Größe des ausländischen Marktes wollen wir Strukturen einziehen, wie wir sie in Deutschland bereits haben. Für den Kunden passend wollen wir mit den gleichen Methoden und der gleichen Qualität Produkte entwickeln, um den Großteil des Marktes in der Region für die Region abzudecken.

Innovativ sind Sie auch in der Vernetzung Ihrer Produktionsanlagen. Früh haben Sie sich mit Industrie 4.0 beschäftigt. Wie weit sind Sie damit?

Was wir heute machen, sind punktuelle Anwendungen. Die Digitalisierung wird sämtliche Prozesse unterstützen oder sogar ersetzen. Wir überlegen uns deswegen, welche Geschäftsmodelle sich aus den neuen technologischen Möglichkeiten ergeben könnten. Hinterfragt man nicht ständig sämtliche Produkte und Prozesse, ist man eines Tages nicht mehr überlebensfähig.

Technik von ebm-Papst: Sie wird weltweit kopiert. (© ebm-papst)

176 Mio. Euro, also rund zehn Prozent des Umsatzes, investieren Sie im aktuellen Geschäftsjahr. Wo fließt das Geld hin?

Im Moment liegt der Schwerpunkt auf Deutschland, weil wir einige Dinge nachziehen müssen. Wir bauen ein neues Entwicklungszentrum und ein Logistikzentrum. Aber auch in Osteuropa sind wir tätig. Das wird sich allerdings künftig wieder verschieben.

Wie finanzieren Sie diese Investitionen?

Aus dem Cashflow.

Denken Sie auch über alternative Finanzierungsformen nach?

Müssen wir nicht. Eine unserer Prämissen ist die finanzielle Unabhängigkeit. Wir wollen entscheiden, nicht die Bank über uns.

Sie sind ein Verfechter von TTIP. Können Sie nachvollziehen, dass es auch viele Gegner gibt?

Nein, kann ich nicht. Deutschland hat mehr als 50 bilaterale Abkommen mit allen möglichen Ländern geschlossen. Die Sorge, dass die Standards in den USA geringer sind, ist unberechtigt. Sie sind anders, jedoch nicht niedriger. Es ist etwa viel schwieriger, die Zulassung dort für ein Medikament zu bekommen als in Deutschland. Sollte das Abkommen nicht zustande kommen, verschenken wir eine große Chance.


Zur Person

Rainer Hundsdörfer ist seit September 2012 Vorsitzender der Geschäftsführung der ebm-Papst-Gruppe. Von 2008 bis 2012 war der Wirtschaftsingenieur Vorsitzender der Geschäftsleitung Industrie bei der Schaeffler AG. Davor war er sechs Jahre lang CEO bei der Michael Weinig AG. www.ebmpapst.com

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