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Doppelnützige Treuhand

In Deutschland zeichnet sich seit einigen Jahren ein Trend ab, notleidende Unternehmen zu Sanierungszwecken in eine doppelnützige Treuhand zu überführen. Pro Jahr kann von 25 bis -30 Fällen ausgegangen werden, wobei es sich überwiegend um größere Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 50 Mio. EUR handelt. Prominente Beispiele für Unternehmen, die zu Sanierungszwecken in eine doppelnützige Treuhand überführt wurden, sind Merckle und Opel.

Die doppelnützige Treuhand ist ein Instrument zur außergerichtlichen Restrukturierung und Vermeidung einer Insolvenz. Im Folgenden ist zusammengefasst, was es bei der Einrichtung einer doppelnützigen Treuhand zu beachten gibt, sowie die Vorteile, die diese Konstruktion für die Beteiligten bietet..

Konzept der doppelnützigen Treuhand
Befindet sich ein Unternehmen in einer finanziellen Krise und kann es Zinsverbindlichkeiten aus bestehenden Kreditverträgen nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen, sind die Banken zur Kündigung der Kreditverträge berechtigt. Das Unternehmen wird unter diesen Umständen auch keine neue Finanzierung aufnehmen können, da es regelmäßig nicht mehr über die hierfür notwendigen Sicherheiten verfügt. Sofern auch die Gesellschafter nicht bereit oder wirtschaftlich nicht in der Lage sind, dem Unternehmen weitere Mittel zur Verfügung zu stellen, droht die Insolvenz. In der beschriebenen Situation kann es sinnvoll sein, das Unternehmen in eine doppelnützige Treuhand zu überführen. Die Banken verzichten im Rahmen der Treuhand auf die Kündigung bestehender Kreditverträge und sind darüber hinaus meist zur Bereitstellung von neuem Geld bereit.

Grundvoraussetzung der doppelnützigen Treuhand ist ein positives Sanierungsgutachten. Hierin ist zu bestätigen, dass eine Sanierung des Unternehmens Aussicht auf Erfolg hat. Die Einrichtung einer doppelnützigen Treuhand erfolgt sodann durch Übertragung der Gesellschaftsanteile auf einen Treuhänder. Der Treuhänder hat meist die Rechtsform einer GmbH. Zwischen Altgesellschaftern und Treuhänder wird ein Treuhandvertrag geschlossen, der die Rechte und Pflichten des Treuhänders bestimmt.

Die Doppelnützigkeit der Treuhand ergibt sich daraus, dass dem Treuhänder zum einen die Verwaltung der Gesellschaftsanteile obliegt, er zum anderen aber auch den Interessen der Banken verpflichtet ist. Für diese wirkt der Treuhandvertrag als echter Vertrag zug Gunsten Dritter, d.h. die Banken werden nicht unmittelbar Vertragspartei des Treuhandvertrags, ihnen werden für den Fall der Verwertung des Unternehmens aber vorrangige Befriedigungsansprüche eingeräumt.

Die Treuhand kann als reine Restrukturierungstreuhand oder Verkaufstreuhand ausgestaltet werden. Die Parteien können auch vereinbaren, dass das Unternehmen nur dann verkauft werden soll, wenn bestimmte Restrukturierungsmaßnahmen nicht erfolgreich sind. Ist die Restrukturierung erfolgreich, sieht der Treuhandvertrag die Rückübertragung der Geschäftsanteile an die Altgesellschafter vor.

Für den Fall, dass es zu einem Verkauf aus der doppelnützigen Treuhand kommt, kann der Treuhandvertrag vorsehen, wie der Verkauf zu erfolgen hat. In jedem Fall regelt er die Verteilung des Verkaufserlöses. Zunächst werden mit dem Verkaufserlös die Kosten und Auslagen des Treuhänders beglichen, dann werden die Forderungen der Banken bedient. Bleibt nach Befriedigung der Banken noch etwas vom Verkaufserlös übrig, fließt dieser Betrag den Altgesellschaftern zu.

Vorteile für die Beteiligten
Für Unternehmen, die sich in einer wirtschaftlichen Krise befinden, bietet die Treuhand die Möglichkeit, das Unternehmen außerhalb eines Insolvenzverfahrens zu restrukturieren. Die Überführung des Unternehmens in eine doppelnützige Treuhand ist oft die einzige Möglichkeit, die Kündigung bestehender Kreditverträge und eine daraus resultierende Insolvenz zu vermeiden und dem Unternehmen neue Liquidität zuzuführen. So kann die Zerschlagung des Unternehmens im Rahmen der Insolvenz und ein hiermit verbundener Totalverlust für die Gesellschafter vermieden werden. Außerdem verzichten die Banken im Rahmen der doppelnützigen Treuhand regelmäßig auf einen Teil ihrer Forderungen gegen das Unternehmen.

Für die Banken als Kreditgeber bietet die Treuhand den Vorteil, dass ihre Forderungen vollständig befriedigt werden, wenn die Restrukturierung gelingt oder das Unternehmen gut verkauft werden kann. Im Insolvenzfall erhalten die Banken für besicherte Forderungen hingegen nur den Erlös aus der Verwertung ihrer Sicherheiten und für ungesicherte Forderungen lediglich die Insolvenzquote. Wird der Verkauf des Unternehmens notwendig, ist über die doppelnützige Treuhand zudem sichergestellt, dass die Altgesellschafter den Verkaufsprozess nicht blockieren.

Schließlich ist die Treuhand häufig auch Voraussetzung dafür, dass andere Beteiligte zu weiteren Restrukturierungsbeiträgen bereit sind. Ein Treuhänder signalisiert Veränderung in den Macht- und Gesellschafterstrukturen, was als positives Signal im Rahmen einer Restrukturierung nicht zu unterschätzen ist.

Fazit:
Die doppelnützige Treuhand kann ein sinnvolles Instrument für die außergerichtliche Sanierung eines in die Krise geratenen Unternehmens sein, das für alle Beteiligten Vorteile bietet. Im Falle einer erfolgreichen Sanierung oder eines Verkaufs werden die Forderungen der Banken befriedigt. Dem Unternehmen werden im Rahmen der Treuhand meist Verbindlichkeiten gegenüber den Banken erlassen, und es entgeht so einer Insolvenz, die zur Zerschlagung führen kann und einen Imageverlust zur Folge hätte. Die Altgesellschafter verlieren zwar vorübergehend ihre Geschäftsanteile. Gelingt die Sanierung, werden diese jedoch an sie zurückübertragen und im Verkaufsfall erhalten sie den Teil des Verkaufserlöses, der die Forderungen des Treuhänders und der Banken übersteigt.


Zu den Personen
Dr. Jan Wildberger ist Partner bei P+P Pöllath + Partners in Frankfurt. Er ist auf die Beratung bei M&A-, Private- Equity- und Venture- Capital- Transaktionen sowie in den Bereichen Distressed M&A und Restrukturierungen spezialisiert. Katharina Reuther ist seit 2011 als Rechtsanwältin in der Kanzlei und berät seit 2008 in den Bereichen M&A und Private Equity mit besonderem Fokus auf Distressed M&A und Restrukturierungen. P+P Pöllath + Partners ist eine international tätige Wirtschafts- und Steuerkanzlei mit 34 Partnern und mehr als 100 Anwälten und Steuerberatern an den Standorten Berlin, Frankfurt und München. www.pplaw.com

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