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Digitalisierung und Nachfolge

Nachfolge hat mit Übernahme, Change und Modernisierung zu tun. Doch die größte Herausforderung ist die Digitalisierung und die damit verbundene Frage nach Vision, Strategie und Governance-Modell sowie der operativen Umsetzung. 

Die Nachfolgeregelung soll den Unternehmenserfolg auch für die kommende Generation sichern. Doch genau diese Generation wird von einem umfassenden digitalen Change-Prozess erfasst. Die Digitalstrategie der Unternehmen spielt eine zentrale Rolle bei der Nachfolgeregelung. Unternehmer sollten sich folgende Fragen beantworten: Stellen die Transparenz der nationalen und mehr und mehr auch der internationalen Märkte, die Präsenz von Produkten, Dienstleistungen, Lösungen, die Skalierbarkeit, die mittlerweile umfassenden Kalkulations- und Angebotsoptionen eine Gefahr für das Unternehmen dar? Können neue, bisher nur lokal etablierte Wettbewerber durch die Digitalisierung das Geschäftsmodell möglicherweise von heute auf morgen untergraben? Können diese eventuell sogar günstiger, schneller, individueller als der eigene Betrieb auf neue Marktanforderungen reagieren? Wissen Unternehmer heute, wie Kunden dies sehen und im Fall des Falles entscheiden werden?

Der Weg ist das Ziel

Die Digitalisierung ist eine Veränderung der Kommunikations- und Interaktionsmuster von Menschen, Unternehmen und Gesellschaften, getrieben durch Informationstechnologie und deren Vernetzung. Verhalten und Erwartungen von Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern, Marktlogik, Geschäftsmodelle, Strukturen sowie das Handeln und Denken (Kultur) von Unternehmen verändern sich, teilweise disruptiv. Die Arbeitswelt wird virtuell, vernetzt und geteilt. Hier ist der Weg Ihr Ziel: Eine flexible, moderne, kundenzentrische Organisation, die sich nicht nur einmal verändert, sondern in einem flexiblen Selbstregelkreis permanenten Veränderungen unterworfen sein wird.

Der Unternehmenswert digitaler Unternehmen liegt im Durchschnitt um neun Prozent über dem der nichtdigitalen Unternehmen. Aber es geht hier um mehr als eine Differenz von neun Prozent. Nicht digitale Unternehmen laufen Gefahr, das digitale Wettrennen zu verlieren. Hierzu trägt insbesondere die rasend zunehmende Transparenz der Märkte, die Flexibilität sich zu verändern und anzupassen, die Digitalisierung der Prozesse und die plötzliche Mitsprache der Kunden bei.Nachfolge hat mit Übernahme, Change und Modernisierung zu tun. Doch die größte Herausforderung ist die Digitalisierung und die damit verbundene Frage nach Vision, Strategie und Governance-Modell sowie der operativen Umsetzung.

Digitale Unternehmen kennen ihre Kunden und deren Anforderungen oder haben Prozesse, die es ihnen ermöglichen, diese schnell und flexibel kennenzulernen bzw. in die Unternehmensprozesse einzubinden. Soziale Medien, E-Commerce und Internet bieten sich als guter Ausgangspunkt an.

„Was kümmert mich denn die Digitalisierung? Wir sind erfolgreich wie nie zuvor und sehen auch keine negativen Veränderungen in der Auftragslage.“ So in etwa schildern zig Unternehmen ihre aktuelle Situation. Doch der Schein trügt. Das Internet mit seiner noch nie da gewesenen Transparenz bringt alternative Lieferanten aus aller Welt ans Tageslicht. Egal ob Einzel- oder Serienfertigung. Egal ob Produkte, Dienstleistungen oder Lösungen. Wer hätte gedacht, dass die Gewinner mit einst innovativen Produkten – wie etwa der Schallplatte und dem Plattenspieler, dem Walkman, dem Handy – so schnell vom Markt verschwunden sein würden? Das Erfolgsrezept von heute heißt nicht mehr, dass die Großen die Kleinen fressen, die internationalen Konzerne die nationalen. Die Gewinner von morgen sind ausschließlich diejenigen Unternehmen, die sich schnell und flexibel auf die sich verändernden Regeln der Märkte einstellen können. Dies erfordert höchste Flexibilität in der Gestaltung der Prozesse, der Informationstechnologie, der Produktionsverfahren und dem Kontakt zum Kunden.

Der menschliche Faktor

Derzeit suchen viele Unternehmen einen Nachfolger, also einer Führungskraft, die den Anforderungen gerecht wird. Einen Ebenbürtigen, der in der Lage ist, das Lebenswerk erfolgreich fortzuführen. Die Digitalisierung und ihre Anforderungen machen dies umso schwerer. Zum einen sind kaum Manager zu finden, die historisches Nachkriegsgeschäft erlernt und aufgebaut haben und zusätzlich bereits die digitale Zukunft gemeistert haben. Diese Wenigen sind aktuell selbst in Projekte eingebunden und stehen nicht zur Verfügung. Selbst wenn Kandidaten verfügbar wären, so steigt die Akzeptanzschwelle auf ein nahezu unerträgliches Maß, da Historie und Zukunft weit auseinanderliegen und inhaltlich womöglich nichts mehr miteinander zu tun haben. Dies zu verstehen ist eine Hürde, die immer höher und unerreichbarer scheint.Nachfolge hat mit Übernahme, Change und Modernisierung zu tun. Doch die größte Herausforderung ist die Digitalisierung und die damit verbundene Frage nach Vision, Strategie und Governance-Modell sowie der operativen Umsetzung.

Der mit einer Nachfolgeregelung anstehende Change-Prozess, das Lösen vom Inhaber und Gründer ist nicht genug. Jetzt müssen auch noch die Digitalisierung und die Zukunft bewältigt werden. So beginnt der Change-Prozess bereits im Kopf des Alteigentümers. Er muss für die Zukunft Kandidaten akzeptieren, deren Denke und Vorgehehen unverständlich und nicht erprobt scheinen.

Das Hamsterrad der Digitalisierung

Ist abwarten ein guter Ratschlag? Eher nicht. Das digitale Rad ist mit einem Hamsterrad vergleichbar. Einmal losgetreten entwickelt sich ein selbstlernendes und -justierendes Prozessmodell, das sich immer schneller dreht. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass auch der Abstand der digitalen Aufholjagd immer größer wird. Einziger Vorteil des Abwartens ist, dass sich Beispiele in der Praxis entwickeln, aus denen man bereits Gelerntes ableiten kann. Jedoch geht es bei der Digitalisierung darum, eine eigene Digitalstory zu entwickeln und nicht andere zu kopieren. Insofern ist der gedachte Vorteil nur bedingt ernst zu nehmen.

Fazit

Abwarten ist ein schlechter Ratgeber. Die digitalen Veränderungen halten hier und jetzt Einzug in unser Geschäfts- und Privatleben. Die Messlatte für den Nachfolger hängt damit ein Stück höher. Zusätzlich zur Übernahme des Betriebes stellt sich also die Frage der digitalen Vision, die nachhaltig für Erfolg/Misserfolg stehen wird. Mangels erfahrener und verfügbarer Kandidaten, die bereits digitale Transformationen durchlebt haben, ist die Suche nach einem geeigneten Nachfolger somit deutlich erschwert. Es ist ratsam Digitalexperten, die auch changeerfahren sind, bei der Suche nach einem geeigneten Nachfolger hinzuzuziehen.


Zur Person

(© EIM Executive Interim Management Deutschland)

Marcus Gerbershagen ist Partner der EIM Executive Interim Management GmbH und verfügt über Erfahrung als Geschäftsführer, Business Unit Manager, Projektmanager und Aufsichtsrat in den Bereichen ITK, Software, Neue Medien und Telematik. Zu seinen fachlichen Schwerpunkten gehören Krisenmanagement, Restrukturierung, Vertriebsperformance, Management von Großprojekten sowie Change Management und die digitale Transformation. www.eim.com

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