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Die Türkei bleibt ein wichtiger Wachstumsmarkt

Die türkische Wirtschaft boomt und die Zeichen am Bosporus stehen auf Wachstum. Angesichts der politischen und wirtschaftlichen Veränderungen ist die Unsicherheit bei deutschen Unternehmen aber zuletzt gestiegen. Doch Investitionen und Handel können sich auch künftig lohnen. 

Kriege in den Nachbarländern Syrien und Irak, der wieder aufgeflammte Kurdenkonflikt, außenpolitische Spannungen und die innenpolitische Polarisierung: eigentlich keine guten Rahmenbedingungen für die türkische Volkswirtschaft. Dass der Internationale Währungsfonds (IWF) dem Land zu Jahresbeginn ein bescheidenes Wachstum von 2,5 Prozent in Aussicht gestellt hat, überrascht nicht. Nun übertrifft die Türkei regelmäßig alle Schätzungen. Die Ökonomen der UniCredit erwarten 2017 ein Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 5,5 Prozent. Die türkische Wirtschaft wächst mehr als doppelt so stark wie die deutsche und schneller als die fast aller anderen europäischen Länder.

Deutsche Unternehmen weiter optimistisch

Auch wenn ein Teil des Booms in der Türkei durch staatliche Maßnahmen – etwa Infrastrukturvorhaben wie Autobahnen, Brücken oder Hochgeschwindigkeitsstrecken der Staatsbahn – getrieben ist: Die Wirtschaft präsentiert sich widerstandsfähig und in guter Form. Entsprechend laufen die Geschäfte deutscher Unternehmen trotz der Unsicherheiten zumeist ganz normal. Die Perspektiven bleiben aussichtsreich. Laut dem aktuellen „World Business Outlook“ der Deutschen Außenhandelskammern (AHK) planen 37 Prozent der deutschen Unternehmen in der Türkei, ihre Investitionen in den kommenden Monaten zu erhöhen. Etwa genauso viele gehen von gleichbleibenden Investitionen aus, und nur jedes vierte Unternehmen plant, die Investitionen im Land zu reduzieren.

Zu wichtig sind die deutsch-türkischen Wirtschaftsverbindungen. Mit einem Handelsvolumen von rund 36 Mrd. Euro im Jahr 2016 ist Deutschland der wichtigste Handelspartner der Türkei. Rund 6.800 deutsche Unternehmen sind im türkischen Markt aktiv, die im Land mehr als 100.000 Mitarbeiter beschäftigen. Umgekehrt gehört die Türkei für Deutschland seit Langem zu den 20 wichtigsten Handelspartnern.

Chancen in Automobilindustrie, Maschinenbau und Energiesektor

Investitionen können sich besonders in Wachstumsbranchen wie der Automobilindustrie, dem Maschinenbau, dem Energiesektor mit den erneuerbaren Energien, der Informationstechnik oder dem Konsumgüterbereich lohnen. Denn die Standortvorteile der Türkei liegen auf der Hand: Unternehmen finden dort gut ausgebildete Fachkräfte und vergleichsweise niedrige Löhne vor. Das Land verfügt über eine junge, aufgeschlossene und konsumfreudige Bevölkerung. Das Durchschnittsalter der rund 80 Millionen Einwohner liegt bei unter 30 Jahren. Die Türkei lockt nicht nur als Produktionsstandort, sondern wird auch ein immer attraktiverer Absatzmarkt. Zudem ist die Infrastruktur dank der Investitionen in den vergangenen Jahren gut.

Die türkische Wirtschaft boomt und die Zeichen am Bosporus stehen auf Wachstum. Angesichts der politischen und wirtschaftlichen Veränderungen ist die Unsicherheit bei deutschen Unternehmen aber zuletzt gestiegen. Doch Investitionen und Handel können sich auch künftig lohnen. 

Nicht zu vergessen ist die geografische Lage: Die Türkei bleibt ein Drehkreuz für den Handel zwischen Europa, dem Nahen Osten und Zentralasien. Eine Niederlassung in der Türkei ist für viele Unternehmen weiterhin ein idealer Brückenkopf, um in der Region Geschäft aufzubauen. Hinzu kommt: Die Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen ist ein wichtiger Bestandteil der türkischen Industriepolitik. Investitionswillige Mittelständler können in der Türkei zahlreiche Förderprogramme in Anspruch nehmen und profitieren von günstigen Finanzierungskonditionen. Die türkische Regierung kurbelt die Konjunktur mit Kreditbürgschaften über den staatlichen Kreditgarantiefonds an und erleichtert vor allem mittelgroßen und kleinen Betrieben die Aufnahme von Krediten.


“Die Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen ist ein wichtiger Bestandteil der türkischen Industriepolitik.”


Währungs- und Handelsrisiken aktiv angehen

Gleichzeitig werden die Bedingungen am türkischen Markt herausfordernder. Das Leistungsbilanzdefizit des Landes ist massiv. Die Inflation der türkischen Lira liegt bei über zehn Prozent. Gegenüber dem US-Dollar fiel sie zuletzt auf ein historisches Rekordtief. Türkische Unternehmen, die ihre Kredite in US-Dollar aufgenommen haben, ihre Einnahmen aber in türkischer Lira erwirtschaften, befinden sich in einer schwierigen Situation. Dadurch kann es verstärkt zu Zahlungsverzögerungen oder -ausfällen türkischer Importeure kommen. Für Unternehmen, die in die Türkei exportieren, ist es deshalb ratsam, Sicherungsinstrumente wie Dokumentenakkreditive oder Bankgarantien zu nutzen.

Auch für deutsche Unternehmen, die in der Türkei produzieren und Rohstoffe oder Bauteile größtenteils aus dem Ausland beziehen und diese in Fremdwährung bezahlen, stellt die derzeitige Entwicklung der türkischen Lira ein großes Währungsrisiko dar. Hier empfiehlt es sich, Transaktionen – etwa durch Devisentermingeschäfte – gegen Währungsverluste abzusichern. Zusätzlich erschweren neue Handelsrisiken den Außenhandel mit der Türkei. Die staatlich gewährten Exportkreditgarantien von Euler Hermes ermöglichen es deutschen Exporteuren, sich gegen wirtschaftliche und politische Risiken abzusichern. Sie schützen vor Zahlungsausfällen bei Lieferungen in potentiell risikoreiche Märkte wie die Türkei.

Die türkische Wirtschaft boomt und die Zeichen am Bosporus stehen auf Wachstum. Angesichts der politischen und wirtschaftlichen Veränderungen ist die Unsicherheit bei deutschen Unternehmen aber zuletzt gestiegen. Doch Investitionen und Handel können sich auch künftig lohnen. 

Fazit

Für die deutsche Wirtschaft bietet die Entwicklung der Türkei auch weiterhin große Chancen. Das Land ist aufgrund seiner Größe und der geografischen Lage ein bedeutender Handelspartner und Standort. Und auch wenn sich der wirtschaftliche Aufschwung verlangsamt, wird die türkische Wirtschaft nach Prognosen der UniCredit 2018 und 2019 ein beachtliches Wachstum von über 3,5 Prozent erreichen. Jedoch bleibt die politische und wirtschaftliche Unsicherheit im Land mittelfristig bestehen. Wer den türkischen Markt erschließen will, braucht heute mehr denn je lokale Kontakte und erfahrene Ansprechpartner, die sich im Umgang mit Behörden und Verwaltung auskennen. Dabei profitieren Unternehmen auch von der Zusammenarbeit mit einer Bank, die langfristig vor Ort ist: in Form lokaler Expertise, eines starken Netzwerks und derselben Beratungsqualität wie in Deutschland. Die reibungslose Kooperation länderübergreifender Teams stellt dabei die optimale Beratung im grenzüberschreitenden Geschäft sicher. Denn gerade in der Türkei der Gegenwart ist von Unternehmern viel Flexibilität und Geduld gefragt, um vor Ort erfolgreich zu sein. Getreu dem türkischen Sprichwort „Sabrın sonu selâmettir”: Am Ende der Geduld wartet der Segen.


 Zur Person

 

Dr. Andreas Wagner ist seit 2016 Leiter des UniCredit International Center der HypoVereinsbank. Zuvor verantwortete er fast drei Jahre das Geschäft der UniCredit in Asien. Die Türkei ist einer der 14 europäischen Kernmärkte der UniCredit. Sie ist dort über Yapı Kredi, die viertgrößte türkische Privatbank, vertreten.

www.hypovereinsbank.de

 

 

 

 

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