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Die Energieaudits kommen!

Durch das neue Energiedienstleistungsgesetz müssen große Unternehmen bis zum 5. Dezember 2015 Energieaudits durchführen. Auf die deutsche Wirtschaft kommen voraussichtlich Kosten in Höhe von mindestens 50 Mio. Euro jährlich zu.

Am 22. April 2015 ist das novellierte Energiedienstleistungsgesetz in Kraft getreten. Es dient der Umsetzung europäischen Rechts – die Europäische Kommission will bis 2020 eine Steigerung der Energieeffizienz innerhalb der Union um 20 Prozent erreichen. Mit dem neuen Gesetz trägt die Bundesregierung ihren Teil dazu bei, europaweit einheitliche Strukturen zu schaffen. Deutsche Unternehmen nehmen international eine Vorreiterrolle bei der Nutzung energieeffizienter Techniken ein, um vorhandene Einsparpotentiale zu identifizieren. Diese Entwicklung will die Bundesregierung verstärken. Neben der Versorgungsicherheit soll die Steigerung der Energieeffizienz auch der Wirtschaftlichkeit der Energieversorgung zugutekommen und einen Beitrag zum Klimaschutz und zur Ressourcenschonung leisten. All das entspricht der Nachhaltigkeitsstrategie der Bunderegierung.

Betroffen sind nur „Großunternehmen“

Bürgerinnen und Bürger müssen keine Energieaudits durchführen. In den Anwendungsbereich des Energiedienstleistungsgesetzes fallen nur „große“ Unternehmen. Auch Kleinstunternehmen, kleine und mittelständische Unternehmen, also sogenannte KMU im Sinne der EU-Definition von 2003, sind von der Pflicht zu Energieaudits ausgenommen. KMU im Sinne dieser Definition sind Unternehmen, die weniger als 250 Personen beschäftigen und entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. Euro erzielen oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 43 Mio. Euro aufweisen. Für die Berechnung der maßgeblichen Unternehmensgröße existieren im Einzelnen detaillierte Regelungen. Diese sind allerdings  nicht anwenderfreundlich formuliert und sollten im Zweifel eingehend geprüft werden. Insbesondere deswegen, weil bei der Berechnung der Unternehmensgröße auch Unternehmensverflechtungen und Abhängigkeiten von anderen Unternehmen zu berücksichtigen sind.

Ordnungsgemäße Durchführung von Energieaudits

In vielen Unternehmen werden bereits heute Energieaudits durchgeführt, um systematisch Optimierungsmöglichkeiten in der betrieblichen Energieversorgung zu erkennen. Das neue Energiedienstleistungsgesetz verpflichtet nunmehr alle Unternehmen, die nicht unter die KMU-Definition fallen, bis zum 5. Dezember 2015 ein Energieaudit durchzuführen und mindestens alle vier Jahre zu wiederholen. Von der Durchführung sind sie nur dann freigestellt, wenn sie ein Energiemanagementsystem oder ein Umweltmanagementsystem eingerichtet haben. Der Nachweis erfolgt durch ein entsprechendes Zertifikat. Die Bundesregierung geht davon aus, dass eine gewisse Anzahl der Unternehmen bereits über eines der Systeme verfügt, um beispielsweise Steuerentlastungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen.Durch das neue Energiedienstleistungsgesetz müssen große Unternehmen bis zum 5. Dezember 2015 Energieaudits durchführen. Auf die deutsche Wirtschaft kommen voraussichtlich Kosten in Höhe von mindestens 50 Mio. Euro jährlich zu.

Das Energieaudit muss von einer Person durchgeführt werden, die über die erforderliche Fachkunde zur ordnungsgemäßen Durchführung verfügt. Die Überprüfung der Durchführung der Energieaudits erfolgt durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Die Unternehmen sollen ihren Nachweis über die ordnungsgemäße Durchführung stichprobenartig vorlegen müssen. Kommt ein Unternehmen etwa der Durchführung der Energieaudits nicht nach, stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro geahndet werden kann.

Kosten für die Wirtschaft

Die Bundesregierung geht davon aus, dass 50.000 Unternehmen in den Anwendungsbereich des Energiedienstleistungsgesetzes fallen. Dies entspricht – bei insgesamt 3,6 Mio. Unternehmen in Deutschland – einem Anteil von ca. 1,4 Prozent. Vor dem Hintergrund, dass Energieaudits nur alle vier Jahre durchgeführt werden müssen, sind das schätzungsweise 12.500 Unternehmen jährlich. Die Europäische Kommission prognostiziert die Kosten für die Durchführung eines Energieaudits für ein mittleres Unternehmen mit beispielsweise 260 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 50 Mio. Euro auf einen Betrag von 4.000 Euro. Allerdings werden die Kosten für ein Energieaudit je nach Unternehmensgröße, Anzahl der Standorte sowie nach Verbrauchsprofil variieren. Wie viele weitere KMU unter Berücksichtigung ihrer gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zu anderen Unternehmen als großes Unternehmen im Sinne der vorbenannten Definition der Europäischen Kommission zu qualifizieren sind und daher der Pflicht zur Durchführung eines Energieaudits nachkommen müssen, lässt sich nur schwer einschätzen. Die von der Bundesregierung prognostizierten Kosten für die deutsche Wirtschaft in Höhe von 50 Mio. Euro dürften überschritten werden – zumal sich zahlreiche Unternehmen externer Unterstützung bedienen müssen, um sorgfältig zu prüfen, ob sie überhaupt in den Anwendungsbereich des Energiedienstleistungsgesetzes fallen.

Fazit

Alle Unternehmen, die in den Anwendungsbereich des neuen Energiedienstleistungsgesetzes fallen, sollten sich zeitnah mit der Thematik befassen, um nicht gegen Ende des Jahres in Zeitnot zu geraten. Derweil geht die Europäische Kommission in ihren Prognosen davon aus, dass ein Energieaudit zu Energieeinsparungen in Höhe von 20 Prozent führt, wovon die Hälfte ohne oder mit nur geringen zusätzlichen Investitionen erzielt werden kann. Es bleibt abzuwarten, ob das neue Energiedienstleistungsgesetz 2015 tatsächlich die gewünschten Energieeinsparungen erzielen wird.


Zur Person

(© GSK Stockmann + Kollegen)

Frederick Brüning ist Rechtsanwalt im Hamburger Büro von GSK Stockmann+ Kollegen Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft mbB. Er ist Mitglied in den Praxisgruppen Energie- und Immobilienrecht und berät schwerpunktmäßig in den Bereichen Immobilien- und Energierecht. www.gsk.de

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