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“Deutschland ist eine Ideenschmiede”

Sie ist Bundesvorsitzende der „Jungen Unternehmer“, Geschäftsführerin im Familienunternehmen und bald auch als Investorin in der TV-Casting-Show für Gründer und Unternehmer „Die Höhle der Löwen“ zu sehen: Lencke Wischhusen ist mit ihren 28 Jahren eine Vollblutunternehmerin. Uns erzählt sie, womit junge Gründer bei ihr punkten können und wie sie in Deutschland eine bessere Gründerkultur etablieren will.

Unternehmeredition: Frau Wischhusen, als Sie 2012 im Alter von 27 Jahren den Vorsitz des Verbands „Die Jungen Unternehmer“ von Marie-Christine Ostermann übernahmen, sagten Sie in einem Interview: „Wenn es nicht so gut läuft am Anfang, genieße ich vielleicht noch Welpenschutz.“ Ist der Welpenschutz jetzt vorbei?

Wischhusen: Ja. Auch eine Regierung hat ja 100 Tage zum Einfinden. Außerdem war der Welpenschutz darauf bezogen, dass ich noch extrem jung war und bin. Ich habe aber gemerkt, wie ich mit der Zeit sicherer und souveräner geworden bin. Das merken auch die Gesprächspartner und je nach Auftreten wird einem der Welpenschutz dann auch nicht mehr zugesprochen.

War es am Anfang schwierig, sich in die Rolle hineinzufinden?

Identifikation war von Anfang an zu 100 Prozent da. Es war immer mein großer Wunsch, den Bundesvorsitz der Jungen Unternehmer zu übernehmen und in diese Rolle reinzuwachsen. Trotzdem war es wie ein neuer Job: Sie fangen bei null an. Natürlich haben Sie zu den meisten Themen eine Meinung, aber Sie müssen sich inhaltlich reinfuchsen.

Sie sind demnächst auf VOX bei dem TV-Format „Die Höhle der Löwen“ zu sehen…

Ja, wir sind fünf „Löwen“.

Sind Sie die einzige „Löwin“?

Ich bin die Miezekatze – Spaß beiseite, also wir sind zwei Frauen und drei Männer. Wir sind alle sehr unterschiedlich mit unterschiedlichem Background und verschiedenen Geschichten. Jeder „Löwe“, der dort neben mir sitzt, ist für mich ein ganz besonderer Charakter. Ich bewundere die Geschichten dieser „Löwen“ und bin sehr stolz, dass ich dabei sein darf.Wenn Sie als Jurorin in der Show jungen gründungswilligen Menschen gegenübersitzen, was würden Sie ihnen am ehesten raten?

Ganz kurz: Wir sind keine Juroren, auch keine Jury. Eine Jury bewertet. Dieter Bohlen ist Jurymitglied und bewertet, ob jemand singen kann oder nicht. Wir aber investieren unser eigenes Geld. Wir sind Investoren. Und wenn wir uns entscheiden zu investieren, dann, weil wir von der Idee, der Gründerpersönlichkeit und von dem Konzept überzeugt sind.

Wie könnte denn ein Gründer einen Investor wie Sie gewinnen? Was muss er leisten können?

Was zählt, ist der erste Eindruck von der Person oder dem Team. Sprüht der Kandidat vor Energie? Hat er das berühmte „Feuer im Auge“, wenn er von seiner Idee, seiner Vision spricht? Er muss überzeugt sein und uns überzeugen.

Welche Faktoren sind bei der Idee am wichtigsten?

Alle Ideen haben eine Chance. Ein Franchise-Modell ist ebenso denkbar wie eine komplette Service- oder Produktinnovation. Wir Investoren fragen uns dabei: Wie sieht der Markt aus, wie ist der Wettbewerb? Welchen Kundennutzen hat das Produkt? Wie sind die Zahlen? Die Rentabilität ist für uns entscheidend. Aber auch: Wie skalierbar sind die Produkte?

Ein solches TV-Format kann eine breite Publikumsmasse ansprechen. Kann es einen Beitrag für eine positivere Gründerkultur in Deutschland leisten?

Meiner Meinung nach gibt es gar keine richtige Gründerkultur in Deutschland. Die muss erst noch entwickelt werden. Bei vielen ist das Thema noch nicht angekommen – auf Gründerseite, aber auch auf Investorenseite. Ich würde mir wünschen, dass gestandene Unternehmer bei Wagniskapital nicht immer nur an Aktien denken, sondern auch in junge Gründerideen in Form von Venture Capital investieren.Weshalb?

Es gibt ganz viele tolle Ideen, aber es gibt zu wenige Gründungen. Deutschland ist eine Ideenschmiede. Diese berühmten Geschichten von der Garage hin zum großen eigenen Unternehmen geschehen ja immer noch – wenn auch viel zu selten. Hierzulande wird sich nicht genug zugetraut.

Wollen Sie durch Ihre Teilnahme an der Sendung als Investor junge Gründer motivieren?

Ja, ich möchte dazu beitragen, dass in Deutschland eine Gründerkultur entwickelt wird. Aber das funktioniert nur, wenn wir unseren Visionen Leben einhauchen und Themen wie Unternehmertum und Eigenverantwortung in den Mittelpunkt stellen. Wir brauchen Role-Models, verrückte Ideen, die auch mit Venture Capital unterstützt werden.

Sie repräsentieren also mehr als nur den Geldgeber?

Wir sind keine reinen Investoren, wir geben unser Knowhow, unser Netzwerk, wir agieren eher als Mentoren.

Tut die Politik zu wenig für eine gesunde Gründerkultur? Politisch heiß diskutiert und debattiert werden ja eher Themen wie Frauenquote und Vorratsdatenspeicherung. Aber im Bereich Gründertum passiert doch eher wenig…

Gründer haben es schwer, weil für sie derselbe Bürokratiedschungel gilt, wie für die großen Unternehmen. Jemand will einen Pizzaladen aufmachen, will an der Innenarchitektur ein wenig verändern, braucht dafür aber eine Baugenehmigung oder einen Antrag. Das dauert in der Regel zwei bis drei Monate. In dieser Zeit muss er aber schon Miete zahlen und Verträge abschließen. Hier muss sich etwas ändern. Es kann nicht sein, dass jemand in Deutschland für seine Gründung so lange braucht und so viele Kosten hat.

Halten Sie den aktuell angestrebte, flächendeckende Mindestlohn auch für ein Hindernis für Gründer?

Ein flächendeckender Mindestlohn kann für Gründer eine große Markteintrittsbarriere sein. Wenn der Mindestlohn kommt, müssen daher Ausnahmen her. Im Zusammenhang mit Gründern ist es zum Beispiel wichtig, dass Ausnahmen für Praktikanten gelten. Es ist schwierig für ein Startup, wenn von Beginn an hohe Personalkosten anfallen.Trotz der Schwierigkeiten für Gründer: Hätten Sie, wenn Sie nicht die Nachfolge im Familienunternehmen übernommen hätten, selbst gegründet?

Bestimmt. Ich lebe das Unternehmertum und gehe darin voll auf. Aber nicht nur die Nachfolgerrolle macht das Unternehmertum für mich so besonders. Es geht um die Eigenverantwortung, und die Werte, die man lebt und weitergibt.

Welche Werte sind das für Sie?

Eine hohe Mitarbeiterbindung, Standorttreue und eine generationenübergreifende Orientierung. Das sind Werte, die uns als Familienunternehmer auszeichnen. Hätte ich heute kein Familienunternehmen, würde ich mich mit eigenen Ideen selbstständig machen.

Als Frau gibt es auch das Problem, wie Familie und Privatleben vereinbar sind…

Ja, eine Frau hat sehr viel mehr zu leisten. Die Frauen von heute wollen Karriere machen, ohne auf Familie zu verzichten. Für die Vereinbarkeit von Kindern und Karriere müssen wir daher noch viel tun. Da sind wir als Unternehmer gefragt, die unseren Mitarbeitern Home Office und Teilzeit ermöglichen. Da ist aber auch die Politik gefragt, die genügend Kinderbetreuungseinrichtungen zur Verfügung stellt.

Es gibt auf der andere Seite noch immer Unternehmervereinigungen speziell für Männer, „Alte Herren Clubs“. Haben Sie mal über eine Gegen-Initiative nachgedacht, bei der sich nur junge Unternehmerinnen zum regelmäßigen Austausch treffen?

Ich glaube, dass solche „sortenreinen“ Clubs nicht zielführend sind. Der Austausch sollte im Fokus stehen. Ich bin kein Freund von reinen Frauenveranstaltungen. Gemischte Veranstaltungen sind wesentlich zielführender.

Stören Sie solche „sortenreinen“ Vereinigungen für Männer?

Ich habe nichts gegen „Old Boys Clubs“. Ich finde es überhaupt nicht schlimm. Diese Clubs sind aus der Vergangenheit heraus so gewachsen. Aber ich muss jetzt kein Pendant dazu gründen und einen „Weiberclub“ initiieren. Der Mix macht’s.


Zur Person

Geboren: 1985

Beruf: Geschäftsführerin W-Pack Kunststoffe

Firma: W-Pack Kunststoffe GmbH & Co. KG

Hobbys:  Pferdesport

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