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Exporteure auf der Überholspur

Schnelle Autos, exzellente Technik, spektakuläre Überholmanöver, Adrenalin und hohes Risiko sowie unerwartete Rempler aus dem toten Winkel – die Formel 1 hat den Zuschauern viel zu bieten. Ähnlich wie in der Königsklasse des Motorsports liefern sich die deutschen Exporteure auch ein äußerst interessantes Rennen und drücken ordentlich aufs Gaspedal. Das Risiko ist jedoch hoch. 

Den Titel als Exportweltmeister mussten die Deutschen zwar vor einigen Jahren an China abgeben, aber sie setzen jetzt – zumindest beim Zuwachs – zu einem spektakulären Überholmanöver an: In den kommenden beiden Jahren winken den deutschen Exporteuren zusätzliche Gewinne in Höhe von rund 104 Mrd. US-Dollar. Damit lassen sie die chinesische Konkurrenz mit einem Plus von rund 96 Mrd. USD hinter sich und sichern sich die „Pole Position“ im Rennen um das größte Wachstum.

Deutsche Exporteure und Schwellenländer

Sie legen ein hohes Tempo vor – das ist wie im Motorsport nicht ohne Risiken. Hinzu kommen die unterschiedlichen Wetterbedingungen, die je nach Rennstrecke und Wirtschaftsklima variieren. Bei drei der fünf wichtigsten Handelspartnern der Deutschen steigen 2016 die Insolvenzen und damit die Risiken an: Bei Spitzenreiter USA dürften drei Prozent mehr Unternehmen Insolvenz anmelden, in Großbritannien dürfte der Anstieg bei einem Prozent und in China sogar bei 20 Prozent liegen. In den Niederlanden und beim zweitwichtigsten Handelspartner Frankreich sind die Pleiten rückläufig – wenngleich bei den Franzosen weiterhin in der Nähe des Rekordniveaus.

Die Schwellenländer spielen für deutsche Exporteure ebenfalls eine große Rolle, wenn es um Wachstumschancen geht. Aber auch dort droht hier und da ein technischer Defekt. Diese Länder haben ihren Namen nicht ohne Grund – es sind eben aufstrebende Märkte, gekennzeichnet mit allen Merkmalen, die dazugehören: eine nichtlineare, volatile Entwicklung mit Höhen und Tiefen und langfristig enormen Wachstumschancen.Schnelle Autos, exzellente Technik, spektakuläre Überholmanöver, Adrenalin und hohes Risiko sowie unerwartete Rempler aus dem toten Winkel – die Formel 1 hat den Zuschauern viel zu bieten. Ähnlich wie in der Königsklasse des Motorsports liefern sich die deutschen Exporteure auch ein äußerst interessantes Rennen und drücken ordentlich aufs Gaspedal. Das Risiko ist jedoch hoch.

Die Ausfallstatistik hält 2016 Brasilien mit einem Negativrekord von 22 Prozent Zuwachs bei den Pleiten. Der Olympiagastgeber liegt damit noch vor China (+20 Prozent). Auf den Plätzen folgen die stark von China abhängigen asiatischen Zulieferländer Taiwan (+17 Prozent), Singapur und Hongkong (je +15 Prozent) sowie die ebenfalls von der „China-Grippe“ betroffenen lateinamerikanischen Staaten Kolumbien und Chile. Australien, Südafrika, die Türkei, Russland, Griechenland und die Schweiz verzeichnen ebenfalls einen Anstieg bei den Insolvenzen.

Durchhalten trotz Adrenalin

Zu Hause bleiben ist allerdings keine Option, denn sonst müssen sich die Exportunternehmen hinten anstellen, wenn es in den derzeit risikoreicheren Märkten wieder richtig losgeht. Die besten Startplätze haben sich bis dahin längst andere gesichert. Vor allem diejenigen, die den längeren Atem und die besseren Nerven hatten und trotz der Adrenalinschübe vor Ort geblieben sind. Schaut man sich die Potenziale näher an, zeigt sich, dass die Deutschen in den kommenden beiden Jahren insbesondere von einem starken Importwachstum bei ihren wichtigsten Handelspartnern USA, Frankreich, Niederlande, Großbritannien und China profitieren. Genau dort setzen sie zum Überholmanöver an.

Super statt Super Plus im Tank

Und das, obwohl sich die Rahmenbedingungen beim Währungsturbo sogar etwas verschlechtert haben. Die Abwertung des Euro hat im vergangenen Jahr deutsche Waren im Ausland billiger gemacht. Dieser Effekt schwächt sich nun ab. Deutsche Exporteure tanken also auch wieder Super statt Super Plus. Die Kehrseite der Medaille: Die potenziellen Exportzuwächse außerhalb der Eurozone fallen entsprechend weniger hoch aus als noch 2015. Insofern legen Ausfuhren nach Frankreich 2016 stärker zu als in die USA, die sich 2015 erstmals den Titel als wichtigster Handelspartner der Deutschen sichern konnten. Großbritannien bleibt in der Boxengasse stecken, und Exporte ins Königreich können nur noch minimal zulegen. Zu den Verlierern bei den deutschen Exportmärkten zählen auch Griechenland, Russland und Brasilien.Schnelle Autos, exzellente Technik, spektakuläre Überholmanöver, Adrenalin und hohes Risiko sowie unerwartete Rempler aus dem toten Winkel – die Formel 1 hat den Zuschauern viel zu bieten. Ähnlich wie in der Königsklasse des Motorsports liefern sich die deutschen Exporteure auch ein äußerst interessantes Rennen und drücken ordentlich aufs Gaspedal. Das Risiko ist jedoch hoch.

Vorsicht vor unerwarteten Remplern

Aber auch wenn die Deutschen die Konkurrenz beim Exportwachstum auf Distanz halten, sollten sie sie wachsam im Auge behalten. Einige unerwartete Rempler aus dem toten Winkel könnten sie sonst von der Strecke abbringen, denn 2016 hat optional einige böse Überraschungen in der Hinterhand.

Adrenalinschübe sind vorprogrammiert, wenn eine Welle von Kapitalverkehrskontrollen etwa die Schwellenländer zu erreichen droht. Zudem halten politische Unsicherheiten durch Neuwahlen und mögliche soziale Unruhen in zahlreichen Ländern wie beispielsweise Thailand, Brasilien oder auch in der Türkei 2016 die Politik und vor allem auch die Wirtschaft in Atem. Sogar direkt vor der eigenen Haustüre in Europa lauern diese hinter der nächsten Spitzkehre, allen voran ein drohender „Brexit“ oder Neuwahlen in Spanien. Aber auch die Konflikte in der Türkei und im Nahen Osten werfen ihre wirtschaftlichen Risikoschatten auf die Rennstrecke.

Die Überraschungen werden dem turbulenten 2016 nicht ausgehen. Exportieren bleibt riskant und das Tempo hoch. Dieses Risiko müssen die Exporteure jedoch eingehen, wenn sie Chancen auf den Sieg haben wollen. Aber sie sollten für eine gute Absicherung auf der Strecke sorgen und trotz des Adrenalins eine umsichtige Fahrweise an den Tag legen.

Es wird immer und überall Gewinner und Verlierer geben. Die Kunst besteht in der richtigen Boxenstrategie, also darin, mit den richtigen Unternehmen Geschäfte zu machen, unabhängig vom Markt und der Branche. Dann gelingt der Sprung aufs Siegertreppchen.


Person

(© privat)

Ludovic Subran ist Chefvolkswirt bei der Euler Hermes Gruppe. Wichtige Bestandteile seiner Arbeit sind die Risikoeinschätzung, Ausfallwahrscheinlichkeitsberechnung und Bonitätsanalyse von weltweit 40 Mio. Unternehmen. Auf Basis dieser Daten versichert Euler Hermes jedes Jahr Geschäfte in Höhe von 890 Mrd. Euro gegen Zahlungsausfälle. www.eulerhermes.de

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