Der neue M&A-Sweetspot

Warum Investoren auf skalierbare, Asset-light- und Tech-enabled-Modelle setzen

Ein selektiverer und weltorientierterer M&A-Markt ist zurück. Dabei jagen Investoren nicht mehr jeder Wachstumsstory hinterher.
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Der M&A-Markt ist zurück – selektiver, anspruchsvoller, wertorientierter. Investoren jagen nicht mehr jeder Wachstumsstory hinterher, sondern suchen den klaren Sweetspot: skalierbar, asset-light, profitabel und tech-enabled. Wer dieses Profil erfüllt, landet ganz oben auf der Agenda. Gleichzeitig verschiebt sich die Logik der Transaktionen: Effizienz schlägt Vision, belastbare Zahlen ersetzen große Erzählungen. Für Verkäufer heißt das, Transparenz zu schaffen und die eigene Equity Story neu zu kalibrieren.

Nach Jahren der Unsicherheit kehrt Bewegung in den M&A-Markt zurück. Doch die Spielregeln haben sich verändert. Wo früher Masse zählte, dominiert heute Klasse. Investoren sind selektiver geworden, die Zahl der Transaktionen sinkt, während die durchschnittlichen Ticketgrößen steigen. Käufer scheuen Risiken – und sind zugleich bereit, für Unternehmen mit resilienten Geschäftsmodellen mehr zu zahlen. Diese Entwicklung hat Konsequenzen für beide Seiten. Verkäufer müssen ihre Hausaufgaben gründlicher machen, Transparenz schaffen und die Stärken ihres Geschäftsmodells messbar belegen. Käufer nehmen sich mehr Zeit für die Analyse, verlangen belastbare Zahlen und suchen Targets, die nicht nur kurzfristig wachsen, sondern auch langfristig Wert schaffen. Besonders im Small- und Mid-Cap-Segment zeigt sich dieser Trend deutlich. Es geht nicht mehr darum, das nächste „Wachstumswunder“ zu finden, sondern um Unternehmen, die bereits bewiesen haben, dass sie effizient skalieren und profitabel wirtschaften können. Der Markt belohnt nachhaltiges Wachstum und straft überzogene Versprechen ab.

Asset-light als Beschleuniger

Ein zentrales Kriterium in dieser neuen M&A-Logik ist die Kapitalintensität. Asset-heavy-Geschäftsmodelle geraten ins Hintertreffen, weil sie hohe Investitionen in Anlagen oder Vorräte erfordern und damit die Flexibilität einschränken. Asset-light-Modelle überzeugen dagegen mit geringer Kapitalbindung, schneller Skalierbarkeit und höherer Eigenkapitalrendite. Typische Vertreter sind Software- und SaaS-Anbieter, Plattformen, digitale Marktplätze, Payment-Provider oder technologiegestützte Business-Services-Unternehmen. Sie profitieren davon, mit vergleichsweise wenig Kapitaleinsatz große Wirkung zu erzielen. Wachstum wird hier nicht durch Maschinenparks oder Lagerbestände beschleunigt, sondern durch Technologie, Netzwerkeffekte und effiziente Prozesse. Für Investoren ergibt sich daraus ein attraktives Chancen-Risiko-Profil: Asset-light-Unternehmen sind anpassungsfähiger, können schneller international expandieren und verfügen über höhere strategische Flexibilität. Gleichzeitig reduziert die geringe Kapitalbindung das Risiko, in konjunkturellen Schwächephasen in Schieflage zu geraten.

Technologie als Enabler, nicht als Selbstzweck

Technologie ist längst kein reines Differenzierungsmerkmal mehr, sondern vielmehr Hygienefaktor. Entscheidend ist nicht, ob ein Unternehmen „Tech hat“, sondern wie diese Technologie eingesetzt wird. Gesucht sind Geschäftsmodelle, die durch digitale Werkzeuge skalierbarer, effizienter und widerstandsfähiger werden. Dabei geht es weniger um tiefgreifende Forschung oder hoch spezialisierte Innovationen, sondern um die intelligente Nutzung vorhandener Technologien. Unternehmen, die Daten konsequent in ihre Prozesse integrieren, Kundenschnittstellen digital professionalisieren oder durch Automatisierung messbare Effizienzgewinne erzielen, schaffen klare Wettbewerbsvorteile. Gerade im M&A-Kontext zählt diese Art von Technologieeinsatz doppelt: Sie erhöht die Margenstabilität und schafft planbare Cashflows – und sie signalisiert Käufern, dass das Geschäftsmodell auf Wachstum vorbereitet ist, organisch wie im Rahmen einer Buy-and-Build-Strategie. Wer Technologie so versteht, positioniert sich nicht als Visionär, sondern als pragmatischer Werttreiber.

Effizienz schlägt Wachstum um jeden Preis

Die Zeit, in der Wachstumsraten allein die Bewertung trugen, ist vorbei. Heute gilt: Wachstum ist nur attraktiv, wenn es effizient erfolgt. Investoren erwarten belastbare Unit Economics, einen Free Cashflow, der nicht dauerhaft negativ bleibt, und einen klaren Pfad zur Margenverbesserung. Damit rücken Kennzahlen in den Vordergrund, die lange Zeit ein Schattendasein führten: Wie hoch ist die Net Revenue Retention? Wie schnell amortisieren sich Kundenakquisitionskosten? Wie stabil sind Kohorten über mehrere Jahre hinweg? Solche Fragen bestimmen zunehmend den Investment Case. Besonders gefragt sind Unternehmen, die organisches Wachstum mit einer Buy-and-Build-Logik verbinden. Standardisierte Technologien, modulare Plattformen und klar definierte Integrationsprozesse machen ein Target nicht nur eigenständig attraktiv, sondern auch zum Ausgangspunkt für eine ganze Akquisitionsstrategie.

Was Verkäufer jetzt liefern müssen

Für Unternehmer, die einen Verkauf planen, gilt: Vorbereitung ist wichtiger denn je. Es reicht nicht aus, Umsatz- und EBITDA-Zahlen zu präsentieren. Gefragt sind transparente Cashflows, nachvollziehbare Brücken zwischen Ergebnis und Liquidität, sauber dokumentierte Normalisierungen sowie eine klare Abgrenzung zwischen laufendem Geschäft und Wachstumsinvestitionen. Darüber hinaus sollten Kohortenanalysen, Kundenbindung und Cross-Selling-Potenziale detailliert aufbereitet werden. Je konkreter ein Unternehmen belegt, wie effizient es wächst und welche technologischen Hebel zur Verfügung stehen, desto eher lässt sich ein attraktives Pricing-Narrativ entwickeln. Ein weiterer Erfolgsfaktor: ein klarer Buy-and-Build-Blueprint. Wer Investoren zeigen kann, wie sich das Unternehmen als Plattform für weitere Zukäufe eignet, welche Nischen adressierbar sind und welche Synergien realistisch gehoben werden können, verschafft sich einen entscheidenden Vorteil im M&A-Prozess.

FAZIT

Der neue Sweetspot im M&A-Markt liegt dort, wo Wachstum ohne Kapitalhunger gelingt: asset-light, tech-enabled und profitabel. 2025 honoriert der Markt Effizienz statt Visionen, Transparenz statt Narrative. Für Käufer heißt das, in Qualität und Integrationsfähigkeit zu investieren statt in bloße Expansionsgeschichten. Für Verkäufer gilt es, Cashflows, Kohorten und operative Hebel präzise zu dokumentieren und ein überzeugendes Buy-and-Build-Szenario aufzuzeigen. Wer beides liefert, Effizienz und klare Wachstumslogik, wird auch in einem selektiven Umfeld Transaktionen erfolgreich umsetzen und Bewertungsprämien erzielen können.

👉 Dieser Beitrag ist auch in der Magazinausgabe der Unternehmeredition 3/2025 erschienen.

Autorenprofil
Dennis Burfeind

Dennis Burfeind ist Senior Manager im Bereich M&A Advisory am Standort Hamburg und gehört dem Grant Thornton Netzwerk seit 2014 an. Er berät umfassend in der Unternehmensnachfolge und unterstützt bei der Initiierung und Umsetzung von Transaktionen auf Käufer- und Verkäuferseite. Darüber hinaus begleitet er Finanzierungsrunden für junge Technologieunternehmen und steht mittelständischen wie großen Unternehmen im TMT-Bereich zur Seite, auch im Umfeld von Venture Capital und Private Equity.

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