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„Der größte Fokus liegt derzeit auf dem Cashflow“

In den vergangenen Jahren brach der Markt für schnurlose Telefone ein. Auch die Ex-Siemens-Tochter Gigaset blieb davon nicht ausgenommen. Mit einem Effizienzprogramm und neuen Systemen will das Unternehmen aus der Krise kommen – CFO Dr. Alexander Blum stand der Unternehmeredition Rede und Antwort.

Unternehmeredition: Herr Dr. Blum, was waren die Gründe dafür, dass Gigaset im Jahr 2012 einen herben Verlust einfuhr?

Dr. Alexander Blum:
Der Markt für Schnurlostelefone in unseren Kernmärkten ist 2012 um 13% eingebrochen. Zwar konnten wir Marktanteile gewinnen, doch waren auch wir als Marktführer gegen diesen Trend nicht immun.

Unternehmeredition: 2012 war auch das Jahr, in dem Sie aufgeräumt haben. Welche Restrukturierungsmaßnahmen haben Sie getroffen, um die Firma wieder auf Erfolgskurs zu trimmen?

Blum: Zunächst haben wir dem Unternehmen eine neue Strategie gegeben. Wir wollen künftig mit Geschäftskunden wachsen und werden im zweiten Quartal dieses Jahres ein innovatives System fürs vernetzte Zuhause unter der Marke „Gigaset elements“ einführen. Zudem war es aber auch notwendig, die Kostenbasis zu senken. Daher haben wir ein Effizienzprogramm aufgelegt, das insgesamt 30 Mio. EUR Einsparungen pro Jahr bringen soll.

Unternehmeredition: Wann planen Sie, die Restrukturierung abzuschließen?

Blum: Die Personalmaßnahmen aus dem Effizienzprogramm konnten sehr schnell mit den Sozialpartnern noch im Oktober 2012 vereinbart werden. Damit haben wir allein aus Personalmaßnahmen etwa 13 Mio. EUR für das Jahr 2013 sicher. Auch der Rest des Programms ist vollends mit Maßnahmen hinterlegt, so dass das Programm ab 2014 voll wirksam sein wird.

Unternehmeredition: Wie weit fortgeschritten ist die Suche nach einem strategischen Investor?

Blum: Wir prüfen derzeit mehrere Optionen und stellen immer wieder fest, dass die Stärken der Gigaset für unterschiedliche Partner eine hohe Relevanz haben. Mehr kann ich dazu im Moment leider nicht sagen.

Unternehmeredition: Die Krise im Euroraum scheint längst nicht ausgestanden. Wie stark trifft Sie diese?

Blum: Der Euroraum ist unser Hauptmarkt. Die Eurokrise hat dazu geführt, dass die Konsumfreude dort deutlich zurückgegangen ist. Das spüren auch wir.

Unternehmeredition: Hat sich die Denke im Unternehmen geändert, seit Sie nicht mehr zu Siemens gehören?

Blum: Unsere Kultur hat sich sicher verändert und ist mittelständischer geworden. Auch unsere Strukturen haben sich verändert. Hierarchien sind flacher geworden und wir arbeiten daran, auch schneller bei der Einführung neuer Produkte zu werden.

Unternehmeredition: Allein mit schnurlosen Telefonen kann man nicht mehr bestehen. 2012 sank der Festnetzmarkt kräftig. Welche Zukunftsvisionen haben Sie für Gigaset?

Blum: Wir investieren derzeit vor allem in den Aufbau der neuen Geschäftsfelder Geschäftskunden und Home Networks, das bereits angesprochene System „Gigaset elements“ für ein vernetztes Zuhause. Dieses wird aus intelligenten Sensoren und einer cloudbasierten Lösung bestehen und für weniger als 200 EUR bereits in diesem Quartal auf den Markt kommen. Bei beiden Feldern investieren wir in Wachstumsmärkte und versprechen uns daher spätestens ab 2015 wieder steigende Umsätze.

Unternehmeredition: Ein Teil dieser Strategie ist die Einführung von Connect Home im zweiten Quartal. Welchen Erfolg versprechen Sie sich davon?

Blum: Wir glauben, mit „Gigaset elements“ eine günstige und daher massenmarktfähige „plug and play“-Lösung an den Start zu schicken. Diese Lösung bietet auch die Chance, durch wiederkehrende Umsätze sowie Umsätze mit dritten Servicepartnern das Geschäftsmodell der Gigaset zu erweitern und langfristig noch attraktiver zu gestalten.

Unternehmeredition: Die Konkurrenz von Smartphone-Herstellern wie Apple und Samsung ist groß. Warum brauchen Haushalte noch Schnurlostelefone?

Blum: Die Festnetztelefonie wird nicht verschwinden. Sprachqualität und Akkulaufzeiten sind deutlich besser. Vor allem nach der Familiengründung wird das Schnurlostelefon für die Haushalte wieder interessant. Denn ein Smartphone ist wie eine Zahnbürste: Man teilt sie ungern mit anderen Familienmitgliedern. Aber es ist klar, dass wir uns auch nach neuen Möglichkeiten umsehen müssen. Daher sind für uns die Investitionen in den Geschäftskundenbereich und den internetbasierten Mehrwertdienst „Gigaset elements“ auch so wichtig.

Unternehmeredition: Steht die Umsatzprognose von 500 bis 560 Mio. EUR für das Jahr 2015 noch?

Blum: Wir setzen uns nach wie vor ambitionierte Ziele und haben unsere Aussagen für 2013 und 2014 kürzlich konkretisiert.

Unternehmeredition: Was ist Ihre Umsatz- und Gewinnerwartung für das Geschäftsjahr 2013?

Blum: Wir erwarten weiter einen rückläufigen Umsatz im Kerngeschäft im hohen einstelligen bis niedrigen zweistelligen Prozentbereich. Das EBITDA wird sich aufgrund des Sparprogramms gegenüber dem Vorjahr voraussichtlich deutlich verbessern und wieder positiv ausfallen. Der größte Fokus gilt derzeit jedoch auf dem Cashflow und der Sicherstellung ausreichender Liquidität auch in den saisonal umsatzschwachen Sommermonaten.

Unternehmeredition: Wo sehen Sie mittelfristig Ihre stärksten Märkte?

Blum: Europa ist unser Kernmarkt und wird es sicher auch in Zukunft bleiben.

Unternehmeredition: Spielen Märkte außerhalb Europas überhaupt eine Rolle für Sie?

Blum: Wir sind derzeit in etwa 70 Ländern präsent. Aber in Anbetracht der aktuellen Marktlage führen wir derzeit eine Überprüfung der Rentabilitätschancen unserer außereuropäischen Aktivitäten durch.

Unternehmeredition: Warum glauben Sie, dass Sie sich gegen die große Konkurrenz wie Philips oder Panasonic durchsetzen können?

Blum: Wir sind in Europa Marktführer und gewinnen weiter Marktanteile. Dabei hilft uns unsere starke Marke, unsere Innovationskraft und Qualität „Made in Germany“.


Zur Person:
Dr. Alexander Blum studierte und promovierte an der European Business School in Oestrich-Winkel und war danach mehrere Jahre als Consultant bei einer großen internationalen Unternehmensberatung tätig, bevor er 2008 seine Tätigkeit bei der Gigaset AG aufnahm. Hier betreute er die Restrukturierung der Gigaset Communications GmbH, bevor er im Februar 2010 als CFO in deren erweiterte Geschäftsleitung eintrat. Seit dem 30.03.2011 ist er Finanzvorstand in der AG. www.gigaset.com

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