Der Erfolg hängt am Seil

Seit Jahrhunderten dreht sich beim Allgäuer Familienunternehmen Pfeifer alles rund um das Seil. Es gehört zu den ältesten Unternehmen Bayerns, längst zu den Marktführern der Branche und ist mit seiner Expertise weltweit gefragt – auch beim Bau von Stadiondächern für Fußball-Weltmeisterschaften.

Der große Sprung vom Handwerksunternehmen zur industriellen Fertigung gelang erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Wirtschaft begann kräftig zu wachsen. In der Region gab es viele Baufirmen, und Pfeifer hatte die entsprechenden Seile, die die Branche benötigte. Entscheidend für den künftigen Erfolg war, dass Gerhard Pfeifers Vater erkannte, dass Drahtseile die Zukunft beherrschen und Hanfseile an Bedeutung verlieren. Heute hat das Unternehmen acht Geschäftseinheiten, beschäftigt weltweit 1.400 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Umsatz von 250 Mio. Euro. Verwendung finden die Seile im Bergbau, der Aufzugstechnik, in der Lastaufnahme, bei Schutzverbauungen und vielem mehr. Pfeifer ist zudem mit Produkten in der Bau- und Hebetechnik aktiv.

Fokus auf Industriesektor

In verschiedenen Segmenten war das Unternehmen in der Vergangenheit tätig. Im Bergsport etwa: Pfeifers Vater übernahm eine Seilerei aus Kempten, die keinen Nachfolger fand. Spezialisiert war diese auf Kunstfaserseile für den Segel- und den Bergsport. Er ergänzte das Angebot um Karabiner und Haken. Bald waren auch Rucksäcke, Zelte und Bergsteigerbekleidung im Angebot. Allerdings entschied sich Pfeifer 1987 dazu, das Teilgeschäft an Mammut, eine große Schweizer Outdoor-Firma, die im Allgäu ihren Europasitz hat, zu verkaufen. Das Produktspektrum wurde zu groß. Man wollte sich nicht verzetteln. Fortan fokussierte sich das Unternehmen auf den Industriesektor.

June, 2009. Mary Avenue Pedestrian Bridge. Cupertino, CA. Client:City of Cupertino, CA. HNTB Project Mgr:John Litzinger, San Jose, CA. Job 46449. Bridges. Douglas Johnson Photography. www.douglasjohnsonphotography.com. 209-952-2100. Canon 5D. Shot RAW, processed to tif.
Mary Avenue Fußgängerbrücke in Cupertino: Die Seile kommen von Pfeifer.

Teilweise produzieren die Memminger die Seile selbst, etwa in Mühlheim an der Ruhr und im chinesischen Changsu. Neben der eigenen Produktion ist die Konfektionierung bedeutend. Die findet im Allgäu statt: Hier werden Seile zugeschnitten und mit den passenden Seilendverbindungen versehen. „Die meisten Hochleistungsseile, die in Memmingen verarbeitet werden, kaufen wir zu“, sagt Pfeifer. „Manchmal weiß Pfeifer mehr, was die Seile können, als die Hersteller selbst“, sagt ein Branchenkenner. Direkt am Gebäude der Zentrale steht ein Prüfturm, der ähnlich wie ein Kran funktioniert, mit dem Lasten auf- und abgefahren werden. Hier prüfen Techniker die eigenen, aber auch fremde Seile auf ihre Belastbarkeit. Auch renommierte Kran- und Seilhersteller lassen ihr Material hier prüfen. Einen Turm dieser Art gibt es lediglich in Memmingen. Auch der 240 Meter lange Recktunnel unter der Firmenhalle dürfte einzigartig sein: In diesem finden Dehn- und Zugversuche sowie Probebelastungen an Seilen statt.

Firmengelände als Spielplatz

Gerhard Pfeifer kennt hier jedes Eck und nahezu jeden Lichtschalter. Schon als Kind war das Betriebsgelände sein Spielplatz. Hier wuchs er auf, hier wurde ihm auch das erste Mal unterschwellig bewusst, dass er irgendwann mal die Verantwortung für das Familienunternehmen übertragen bekommt. Als Fünfjähriger kletterte er einen hohen Schornstein hinauf. Ein Mitarbeiter sah dies und rief ihm zu, dass er doch bitte vorsichtig wieder hinunterklettern möge. Schließlich bräuchten ihn die Mitarbeiter als künftigen Nachfolger seines Vaters noch eine Weile. Der Angestellte sollte recht behalten: Seit knapp 33 Jahren ist Gerhard Pfeifer im Familienbetrieb aktiv, seit 1996 leitet er das Unternehmen. Studiert hat er Betriebswirtschaftslehre und Philosophie. Zum Thema Wirtschaft hat er eine klare Meinung: „Wirtschaften dient dazu, dass Menschen für Menschen Güter und Dienstleistungen zur Verfügung stellen“, sagt Pfeifer.

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