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„Das ist moderner Monopolismus“

Im Interview spricht Börsenexperte Prof. Max Otte über seinen Mischfonds, der eher ein Aktienfonds ist, über die große Macht US-amerikanischer Konzerne und warum Unternehmer mehr Geld in Aktien investieren sollten.

Unternehmeredition: Herr Prof. Otte, Ihr Vermögensbildungsfonds AMI P ist zwar ein Mischfonds. Der Aktienanteil beträgt aber momentan 96 Prozent. Also doch ein Aktienfonds?

Max Otte: Nein, es handelt sich schon um einen Mischfonds. Doch bei dem derzeitigen Zinsniveau fällt es schwer, überhaupt investierbare Anleihen zu finden. Überspitzt ausgedrückt: Werfen Qualitätsanleihen wieder 6 Prozent Rendite ab und haben Aktien ein durchschnittliches Kurs-Gewinn-Verhältnis von 25 bis 30, erhöhen wir auch wieder unsere Anleihequote.

Trotz Krim-Krise in Russland, einem geringeren Wachstum in China und Problemen in anderen Emerging Markets klettern die Börsen. Der DAX steht nahe seinem Allzeithoch. Weshalb?

Vor allem weil Aktien nach wie vor in einigen Bereichen attraktiv bewertet sind. In vielerlei Hinsicht sind sie die attraktivste Anlageklasse. Doch muss man differenzieren: Einige Qualitätstitel sind nicht mehr ganz günstig, wie etwa Nestlé oder Beiersdorf. Doch insgesamt gibt es immer noch Kaufdruck. Denn erst langsam entdecken Investoren Aktien wieder. Dennoch ist die politische Weltsituation hoch brisant. Der Westen betreibt eine Politik der Unruhestiftung im Osten und kreist Russland ein. Das ist hoch brisant. Doch selbst wenn sich die Lage in den Krisenherden zuspitzt hat: Gut ausgewählte Aktien haben immer noch Chancen auf Wertstabilität.

Wenn Aktien immer noch attraktiv und unterbewertet sind, muss es viele Leute geben, die das nicht erkennen, auch Profis.

In der Tat. Märkte sind irrational. Sie neigen zu Übertreibungen. Nach oben und nach unten.

Sie haben Technologieaktien wie Microsoft und IBM in Ihrem Fonds hoch gewichtet, obwohl sie nicht zu den stärksten Werten der vergangenen Jahre gehören.

Die Technologiebranche ist reif geworden. Selbst Value-Investor Warren Buffett investiert in diese Blue Chips.

Immer noch stecken Unternehmer den größten Teil ihres Vermögens in das eigene Unternehmen. Denken sie zu wenig an die eigene Altersvorsorge?

Zumindest hat die Vermögensanlage meist nicht die höchste Priorität. Ich hatte den Fall, dass ein Unternehmer 80 Prozent seiner Firma verkauft und mehrere 10 Mio. Euro erlöst hat. Allerdings beschäftigt er sich immer noch fast ausschließlich mit dem Unternehmen, das ihm aber nur noch zu einem kleinen Teil gehört. Die Vermögensanlage kommt dabei viel zu kurz. Und das obwohl für ihn sein Asset-Management eigentlich der wichtigste Geschäftsbereich sein sollte.

Ein Einzelfall?

Ich befürchte nicht. Betreibt man Asset-Management, muss man Geldvermögen, Gold, Immobilien- und Unternehmensvermögen gedanklich trennen. Die Deutschen investieren zu immobilienlastig. Viele Mittelständler haben nicht den notwendigen Abstand. Sie vergessen ihr Vermögen zu streuen. Ich habe von einer meiner zwei Firmen vor zwei Jahren 30 Prozent verkauft, weil sie so einen großen Teil meines Privatvermögens ausmachte. Unabhängig von ihr wollte ich Privatvermögen aufbauen.Gibt es eine pauschale Formel, wie ein Unternehmer investieren sollte?

Schon André Kostolany sagte: Ein Drittel Immobilen, ein Drittel Unternehmensvermögen, ein Drittel Geldvermögen. Bei einem Unternehmer nimmt der zweite Teil tendenziell einen höheren Stellenwert ein. Ich würde mich jedoch nicht wohl fühlen, wenn mehr als 60 Prozent meines Vermögens im Unternehmen stecken würden.

Wird die Anlage in Aktien unterschätzt?

Absolut: Es wird häufig vergessen, dass eine Aktie im Prinzip genau dasselbe ist wie die Beteiligung am eigenen Unternehmen. Nämlich langfristiges Unternehmensvermögen, das inflationsgeschützt ist. Hat jemand ein schuldenfreies Unternehmen und ist die Liquidität sichergestellt, kann man sein Privatvermögen in Aktien stecken. Das Problem ist, dass Unternehmer selbst agieren wollen. Am Aktienmarkt können sie das nicht. Sie sind den Schwankungen des Marktes ausgesetzt. Da führt kein Weg dran vorbei.

Sollten sich sicherheitsorientierte Anleger derzeit Gold ins Depot legen?

Natürlich. Der Goldpreis ist in den vergangenen 18 Monaten zwar gefallen. Dass Gold heruntergeredet wird, kann ich jedoch überhaupt nicht nachvollziehen – und ich bin kein Gold-Fanatiker.

Ist die Niedrigzinspolitik der US-Notenbank gerechtfertigt?

Nein. Das ist reine Planwirtwirtschaft. Europa leidet, die Lebensversicherer leiden, der Mittelstand und die Sparer leiden. Es profitieren die Staaten, die Family Offices der Superreichen und die großen kapitalmarktfähigen Unternehmen. Das ist eine Verteilungspolitik gegen Europas kreditorientiertes Wirtschaftssystem und pro angelsächsisch orientiertes.

Hält aber die Aktienmärkte am Laufen…

…fördert aber gehypte Neuemissionen im Technologiesektor.

Natürlich sind die Bewertungen hoch. Doch bislang gibt es bei Facebook, Amazon & Co. keine Kurseinbrüche.

Die Strategie von Amazon ist klug. Das Unternehmen ist allerdings eine Maschine zur Zerstörung Europas. Sie schadet dem Einzelhandel extrem.

Es steht doch jedem frei, wo er einkauft.

Nein. Die Marktmacht von Amazon ist inzwischen so groß, dass es keinem mehr völlig frei steht. Durch Amazon sterben viele kleine Läden. Solange die USA dafür sorgen, dass die europäische Konkurrenz klein gehalten wird, gibt es keinen Ausweg.

Wie kann Amerika dafür sorgen?

Erstens ist der Markt einfach größer. Dadurch können riesige Unternehmen aufgebaut werden, die europäische Märkte durchdringen. Die Lobbyisten der Konzerne penetrieren diese. Das ist in der Computerindustrie so, das ist bei den Anbietern von Suchmaschinen so und das ist bei Amazon so. Das ist moderner Monopolismus, indirekt gestützt vom amerikanischen Militär.

Investieren Sie auch in diese Titel oder haben Sie einen ethischen Ansatz, der Sie davon abhält?

Sicher habe ich einen ethischen Ansatz, aber als kleiner Fondsmanager kann ich dagegen nichts tun.

Danke für das Interview, Herr Otte.


Zur Person
Seit Juli 2013 ist Prof. Dr. Max Otte für den Vermögensbildungsfonds verantwortlich. Otte studierte in Köln Volkswirtschaftslehre und politischen Wissenschaften. Er promovierte an der Princeton University. Otte ist Gründer des Instituts für Vermögensentwicklung und des Center for Value Investing. Er hat mehr als ein Dutzend Bücher verfasst und bereits frühzeitig auf eine bevorstehende weltweite Finanzkrise aufmerksam gemacht. Nach dem Crash an den Börsen war Otte einer der ersten, die wieder zum Kauf von Aktien rieten. www.maxotte.de

 

Kurzprofil Max Otte Vermögensbildungsfonds AMI
Anlage: Mischfonds mit Schwerpunkt Aktien
ISIN: DE000A1J3AM3
Auflagedatum: 01.07.2013
Ertragsverwendung: Thesaurierend
Mindestanlagebetrag: 500 EUR
Fondsvolumen: 64,18 Mio. EUR
 

 

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