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Das Burn-out-Syndrom

Das Burn-out-Syndrom – immer mehr Führungskräfte leiden an ihm. Fast jeder zweite leitende Mitarbeiter sei davon betroffen – eine deutliche Zunahme seit den 90er-Jahren, berichtete der Spiegel schon 2005. 

Die Fachwelt streitet sich, ob das Burn-out-Syndrom „neuer Wein in alten Schläuchen“ ist oder ob es sich tatsächlich um ein neues abgrenzbares Syndrom handelt. Seit der deutschstämmige Psychoanalytiker Herbert Freudenberger 1964 in einem Aufsatz in den USA den Begriff Burn-out geprägt hat, wurde dieser in kürzester Zeit populär. Begriffe wie Burn-out-Syndrom haben eine hohe suggestive Kraft und ein ansteckendes Potenzial. Allein die Tatsache ihrer sprachlichen Existenz schafft schon Betroffene, die sich damit leicht identifizieren können und wollen. Insofern schaffen solche Begriffe Wirklichkeiten. Dies gilt insbesondere für Erkrankungen, für die es keine harten biologischen Kriterien gibt.

Auf der anderen Seite sprechen die Daten der Krankenkassen eine eindeutige Sprache. In den letzten drei Jahren lässt sich zwar ein Rückgang des gesamten Krankenstandes finden – aber bei gleichzeitiger Zunahme von psychischen Erkrankungen. Psychische Erkrankungen sind die vierthäufigste Ursache für Fehltage, und Angst und Depressionen die häufigsten Krankheitsbilder. Krankschreibungen aus psychischen Gründen sind in den letzten fünf Jahren um 20 Prozent gestiegen. Eindeutige Hinweise, dass sich im Krankheitserleben und im Krankheitsausdruck in den letzten Jahren deutliche Veränderungen gezeigt haben.

Das Burn-out-Syndrom erkennen

Die typische Symptomatik des Burn-out-Syndroms lässt sich in drei Bereiche gliedern. Auf der emotionalen Ebene zeigen sich Gefühle der Hilflosigkeit, Insuffizienz, ein verringertes Selbstwertgefühl. Starke Stimmungsschwankungen drücken dann schon Depressivität, Pessimismus und Fatalismus aus, gefolgt von einem Gefühl der inneren Leere bis hin zur Apathie. Dies kann schließlich auch in Bitterkeit, Ärger und Aggressivität umschlagen, begleitet von Ungeduld, Reizbarkeit und Nervosität. Mit den emotionalen Veränderungen treten psychosomatische Reaktionen auf. Die Betroffenen können sich immer weniger in ihrer Freizeit entspannen, typischerweise kommen Schlafstörungen, Muskelverspannungen, Kopfschmerzen und Magen-Darm-Beschwerden hinzu. Aber auch vegetative Folgen wie Herzklopfen, erhöhter Blutdruck und Engegefühl in der Brust, schließlich auch reduzierte Immunabwehr werden beobachtet. Schließlich ergeben sich notgedrungen soziale Folgen aus den obigen Störungsbildern: Eine Zunahme des Alkohol- und Zigaretten­konsums, insgesamt im Missbrauch von Beruhigungsmitteln. Verflachung der Freizeitbeschäftigung, gestörtes Essverhalten und dann auch Ehe-, Partner- und Familienprobleme. Auch ein häufiger Arbeitsplatzwechsel und ein Ausstieg aus dem Beruf bis hin zur Frühberentung werden beobachtet.

Mit Willensstärke schaffen die Betroffenen es noch eine lange Zeit, über ihre eigentliche Leistungsfähigkeit hinweg eine gewisse Leistungsbereitschaft zu zeigen. Die bricht dann aber rasant ab. Dies führt wohl zu den gravierenden emotionalen Folgen der Selbstbewertung und schließlich Selbstabwertung.Das Burn-out-Syndrom – immer mehr Führungskräfte leiden an ihm. Fast jeder zweite leitende Mitarbeiter sei davon betroffen – eine deutliche Zunahme seit den 90er-Jahren, berichtete der Spiegel schon 2005. 

Therapeutische Ansätze

Die möglichen therapeutischen Ansätze Gegen das Burn-out-Syndrom gliedern sich nach drei möglichen Ursachenfeldern.

Die persönliche Ebene versucht, die mentale Einstellung zu Arbeit und Leistung zu klären, Motive für persönliches Engagement zu analysieren, Kränkbarkeiten zu bearbeiten und auch Anerkennung außerhalb des Berufes zu suchen. Weiter gibt es kompetente Therapieverfahren, die helfen, ein gesundes persönliches Stressmanagement zu entwickeln, Überlastungszeichen rechtzeitig zu erkennen und Balancen zwischen Spannung und Entspannung herzustellen. Die familiären und sozialen Bezüge sollten so gestaltet werden, dass sie deutlich mehr Unterstützung bieten.

Auf der organisationspsychologischen und betrieblichen Ebene kann der Einzelne gefördert werden, eher kreative und herausfordernde Arbeitsmilieus aufzusuchen, Verantwortung zu übernehmen, wieder Begeisterung herzustellen, letztlich auch über Solidarisierung ein neues Gemeinsamkeits- und nicht Vereinzelungsgefühl herzustellen. Achten Führungskräfte auf diese Bedingungen, können nach allen Zahlen der Krankenkassen erhebliche Kosten durch Arbeitsausfälle oder Minderleistungen im Alltag vermieden werden. Führungskräfte können geschult werden, das Burn-out-Syndrom bei ihren Mitarbeitern schneller zu erkennen und kompetenter darauf zu reagieren. Betriebliche Abläufe und Gratifikationssysteme können durchleuchtet und auch die Mitarbeiter in präventiven Maßnahmen geschult werden.

Fazit

Bei der Planung von therapeutischen oder präventiven Maßnahmen gegen das Burn-out-Syndrom sollte das Zusammenspiel der oben beschriebenen drei Einflussfaktoren berücksichtigt werden – allein schon, um eine einseitige Schuldzuweisung auf den einzelnen Betroffenen zu vermeiden. Der massive Anstieg an Krankmeldungen und Frühberentungen aus psychischen Gründen kann nur mit einer gemeinsamen Anstrengung aller Beteiligten bewältigt werden, und zwar auf allen Ebenen.


Zur Person

(© Privat)

Prof. Dr. Michael Sadre-Chirazi-Stark ist Facharzt für Psychiatrie, psychosomatische Medizin und Psychotherapie. In seiner Praxis in Hamburg behandelt er Burn-out-Patienten nach eigens entwickelter Methode. Hier finden Sie Online-Stress- und Burnout-Tests von Professor Stark: www.prof-stark.de.

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