Website-Icon Unternehmeredition.de

Chancen nach dem Verkauf

Der Verkauf als aktive Entscheidung zur Trennung vom Unternehmen ist für die meisten Unternehmer wohl eine der bedeutsamsten und am meisten einschneidenden Erfahrungen ihres Lebens. Dies gilt umso mehr, wenn sich der Betrieb seit vielen Jahren im Besitz der eigenen Familie befindet.

Sicherlich trennen sich einige Unternehmer ohne größere Probleme und Emotionen von ihren Beteiligungen. Die überwiegende Mehrzahl sieht sich jedoch nach dem Unternehmensverkauf zwei Problemebenen gegenüber.

Die erste ist die rational-kaufmännische bzw. wirtschaftliche Ebene. Das Unternehmen als bekannte und gut einschätzbare Ertragsquelle fällt aus. Stattdessen bestehen plötzlich hohe Kontenguthaben, deren sinnvolle Anlage, gerade im aktuellen Niedrigzinsumfeld, nicht leicht fällt. Eine Vielzahl externer Verkäufer, Berater und neuer Freunde steht allesamt bereit, um sich gegenseitig mit attraktivsten Anlageofferten und Investitionsideen zu überbieten. Mangels entsprechender Erfahrungen, fehlender vertrauenswürdiger Strukturen und valider Entscheidungsgrundlagen fällt deren Beurteilung jedoch häufig schwer. Konnten wegweisende Entscheidungen früher durch fundierte Sachkenntnis, Empathie und Bauchgefühl getroffen werden, stellt sich die Situation nun völlig anders dar. Der ökonomisch vorteilhafte Einsatz der Gelder aus dem Unternehmensverkauf gerät so nicht selten zum Glücksspiel.

Eng mit dieser Situation verbunden ist die zweite, psychologische Problemebene. Nach der Aufgabe der unternehmerischen Tätigkeit fehlen vielen Unternehmern beispielsweise die gewohnten Strukturen oder die Anerkennung des eigenen Engagements durch die Mitarbeiter. Häufig geht hiermit ein Gefühl des Kontroll- oder gar Identitätsverlusts einher. Die völlig neuen kaufmännischen Herausforderungen in der Vermögenssteuerung verstärken das Empfinden zusätzlich. Insgesamt wird die notwendige strategische Vermögensausrichtung damit zur großen persönlichen Last.Vorbereitung auf neue Herausforderungen

Doch bedingt ein Unternehmensverkauf nicht zwangsläufig eine Phase derartiger Unsicherheit. Besinnt sich der Unternehmer auch hierbei auf eine seiner hervorstechendsten Eigenschaften, nämlich den strategischen Weitblick und das frühzeitige Einleiten zielgerichteter Maßnahmen, ergibt sich stattdessen eine Vielzahl an Handlungsmöglichkeiten. So bietet sich, frei von teils unveränderlichen, eingefahrenen Rahmenbedingungen, den Ansprüchen verschiedener Interessengruppen und sonstigen Sachzwängen, die Möglichkeit zu einer interessenkonformen Neuausrichtung der Vermögensstruktur und der eigenen Lebenssituation.

Dies kann am einfachsten dann gelingen, wenn möglichst schon vor dem Verkauf des Unternehmens ein gewisser Bestand privaten Vermögens aufgebaut und entsprechende Rahmenbedingungen in Form eines professionellen Vermögensmanagements geschaffen wurden. Die eingesetzten Strukturen, Werkzeuge und geltenden Grundsätze sollten dabei im Wesentlichen denen eines klassischen Unternehmens entsprechen. Der zentrale Unterschied liegt letztlich nur darin, dass der Unternehmenszweck eben im Management des eigenen Vermögensstocks besteht. So können zu einem Zeitpunkt Arbeitsprozesse entwickelt und entsprechende Erfahrungen gesammelt werden, wenn diese noch nicht von derart existenzieller Bedeutung sind wie unmittelbar nach dem Unternehmensverkauf. Diese Erfahrungen in der Portfolioallokation, die dabei aufgebauten Netzwerke und bekannten Controllingabläufe schaffen Sicherheit bei den wesentlichen Entscheidungen. Vertrauen kann langfristig aufgebaut und ein gemeinsames Verständnis mit etwaig beteiligten Dritten entwickelt werden. Die durch den späteren Unternehmensverkauf zusätzlich verfügbaren Mittel können so sehr zielgerichtet und verhältnismäßig einfach in die vorhandene Portfoliostrategie einbezogen werden. Der Unternehmensverkauf stellt sich dadurch nicht mehr als völlig existenzverändernder Einschnitt dar. Vielmehr wird dieser zur strategisch planbaren Maßnahme und einem Schritt in der konsequenten Weiterentwicklung des unternehmerischen Vermögensbestandes.Steuerung des Vermögens

Nun ist der Aufbau derartiger Strukturen und Prozesse, wie auch in jedem anderen Unternehmen, nicht trivial. Ausgangspunkt, auch für jede spätere Investitionsentscheidung, ist eine langfristig ausgerichtete Strategie, die auf den Zielen, Vorstellungen und der Risikotoleranz des Vermögensinhabers fußt und alle relevanten Anlagebereiche umfasst. Diese Strategie mündet in eine konkrete Businessplanung. Erst auf Basis dieser beginnt der Umsetzungsprozess, wobei jener einer fortlaufenden Kontrolle und aktiven Steuerung unterliegen sollte. Nur so lassen sich etwaige Abweichungen zwischen Portfolioentwicklung und der formulierten Zielsetzung frühzeitig erkennen und notwendige Anpassungsmaßnahmen einleiten.

In Anbetracht der Komplexität der Vorgänge und deren Bedeutung kann hierbei die Unterstützung durch professionelle und erfahrene Partner, beispielsweise Family Offices, besonders gewinnbringend sein. Die oben umrissenen Prozesse der Zielfindung und Strategieformulierung sollten dabei ebenso zu deren regelmäßigem Leistungsumfang zählen wie der Aufbau von Controllingstrukturen und die Durchführung der entsprechenden Maßnahmen.

Von einem derartigen Partner erhält der Unternehmer in der von ihm geforderten Detailtiefe bzw. schwerpunktbezogenen Übersichtlichkeit die Transparenz, die er für seine unternehmerischen Entscheidungen, für die Einschätzung des bisherigen Managementerfolges sowie für die Risikostruktur seines Gesamtportfolios benötigt. Zwingende Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die handelnden Personen sich tatsächlich ausschließlich dem Unternehmer verpflichtet fühlen und nicht durch ungünstige externe Einflüsse, wie etwa generierte Vertriebsprovisionen, geleitet werden.

Fazit

Der Unternehmensverkauf bedeutet wesentlich mehr als nur die bloße Aufgabe einer beruflichen Tätigkeit. Professionell durchgeführt und entsprechend langfristig vorbereitet, bietet er aber auch nahezu unbegrenzte Möglichkeiten zur unternehmerischen und persönlichen Weiterentwicklung. Die Unterstützung durch einen erfahrenen und loyalen Partner kann den Unternehmer gerade in dieser fordernden Phase massiv entlasten und die optimale Umsetzung sichern.


Zur Person
Martin Drathen ist Geschäftsleiter und Prokurist des WSH Family Office in Düsseldorf, das der geschäftsführende Gesellschafter Christoph Weber 1999 mit zwei Unternehmerfamilien als klassisches Multi Family Office für die Gründerfamilien sowie eine begrenzte Anzahl weiterer Unternehmerfamilien gegründet hat. www.wsh-family-office.de

Die mobile Version verlassen