“Für private Beteiligungskapitalgeber soll es attraktiv sein, in Deutschland zu investieren”

Unternehmeredition: Herr Glos, Kernstück Ihrer Wirtschaftspolitik ist nach eigenen Angaben, mittelständischen Unternehmen neue Perspektiven zu eröffnen. Wenn Sie ein kurzes Zwischenfazit ziehen – was hat die große Koalition bisher für den Mittelstand getan?
Glos: Die Bundesregierung hat bereits eine Menge getan, um dem Mittelstand das Wirtschaften zu erleichtern. Erwähnen möchte ich an dieser Stelle die Verbesserung der Abschreibungsbedingungen für Unternehmen 2006 und 2007, die massive Aufstockung des Fördervolumens für die energetische Gebäudesanierung, von der die Bauwirtschaft und das Handwerk bereits sehr profitiert haben, und die verbesserte steuerliche Absetzbarkeit von handwerklichen und haushaltsnahen Dienstleistungen. Im Rahmen der unter meiner Federführung stehenden Mittelstandsinitiative hat die Bundesregierung darüber hinaus eine Vielzahl von Maßnahmen zugunsten der kleinen und mittleren Unternehmen in den Bereichen Bürokratieabbau, Gründungsförderung, Innovation, Finanzierung und Außenwirtschaft auf den Weg gebracht und zum Teil bereits umgesetzt. Ich finde es überaus erfreulich, dass der gegenwärtige Wirtschaftsaufschwung den Mittelstand in seiner ganzen Breite erfasst hat.

Unternehmeredition: Wie bewerten Sie die gegenwärtige Finanzierungssituation für den Mittelstand? Haben sich die Unternehmen den durch Basel II hervorgerufenen Veränderungen bisher erfolgreich angepasst?
Glos: Schon im Vorgriff auf die neuen Eigenkapitalregeln von Basel II mussten sich die kleinen und mittleren Unternehmen seit rund vier Jahren genau wie große Konzerne durchleuchten lassen, wenn sie einen Kredit aufnehmen wollten. Dennoch braucht kein Mittelständler – auch im Hinblick auf die erreichten Sonderregelungen für kleine und mittlere Unternehmen – Angst vor Basel II haben. Wenn ein mittelständischer Betrieb eine solide Unternehmensplanung hat, ist das neue Kreditvergabeverfahren keine Hürde, sondern eher eine Hilfe. Die befürchtete “Kreditklemme” für den Mittelstand ist ausgeblieben. Im Gegenteil: Die Finanzierungssituation für Mittelständler hat sich in den vergangenen Jahren verbessert. Die Einführung von risikogerechten Zinsen hat insbesondere Unternehmen mit schwächerer Bonität den Zugang zu Krediten erleichtert. Der Mittelstand hat seine Hausaufgaben gemacht. Er pflegt Transparenz und den Dialog mit der Hausbank. Außerdem konnten viele mittelständische Unternehmen ihre Eigenkapitalquote erhöhen. So verringerte sich der Anteil der Betriebe mit weniger als 10% Eigenkapital um rund 7 Prozentpunkte auf rund 29%.Die Kreditnachfrage von kleinen und mittleren Unternehmen ist nach wie vor größer als in der Vergangenheit. Diese Kreditnachfrage wird zunehmend befriedigt.

Unternehmeredition: Die Mittelstandsinitiative der Bundesregierung verfolgt unter anderem die Ziele, Wagniskapital für Innovationen zu mobilisieren sowie die Finanzierungssituation des Mittelstandes zu verbessern. Wie wollen Sie das konkret umsetzen? Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach privates Beteiligungskapital für die Finanzierung des Mittelstandes? Wie ist es volkswirtschaftlich zu bewerten?
Glos: Bereits heute bietet die Bundesregierung passgenaue Beteiligungsförderprogramme an. Aber mit Förderung allein wird es nicht gelingen, die Menge an Beteiligungskapital zu mobilisieren, die die Unternehmen in einem innovationsstarken Land wie Deutschland brauchen. Dafür ist privates Beteiligungskapital nötig. Die Bundesregierung plant deshalb, zeitgleich mit der Unternehmensteuerreform zum 1. Januar 2008 ein neues Beteiligungsfinanzierungsgesetz in Kraft zu setzen. Ziel ist es, wettbewerbsfähige regulatorische und steuerliche Rahmenbedingungen für Beteiligungsfinanzierungen zu schaffen, die insbesondere jungen, innovativen Unternehmen zu Gute kommen werden. Für private Beteiligungskapitalgeber soll es attraktiv sein, in Deutschland zu investieren. Das bei dem Vorhaben federführende Bundesfinanzministerium erarbeitet derzeit einen ersten Entwurf des Gesetzes. Dass Handlungsbedarf besteht, zeigt uns ein aktuelles Gutachten.

Unternehmeredition: Als eines der wichtigsten Projekte der Großen Koalition steht die für Anfang 2008 geplante Unternehmenssteuerreform auf Ihrer Agenda. Wie wird der Mittelstand dadurch vor allem entlastet? Wenn einerseits zwar die Steuersätze gesenkt werden, auf der anderen Seite aber die Bemessungsgrundlage erweitert wird, ist die Entlastung dann am Ende nicht gleich Null?
Glos: Mit den im Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vorgesehenen Steuersatzsenkungen werden wir im internationalen Vergleich der durchschnittlichen Steuerbelastung endlich wettbewerbsfähig. Wir senden also ein außerordentlich positives Signal an alle Unternehmen in Deutschland und internationale Investoren. Es geht bei der Reform aber auch um eine ausgewogene Verteilung von Entlastungen und notwendiger Gegenfinanzierung. Mit der Begünstigung einbehaltener Gewinne bei Personenunternehmen wird eine Gleichbehandlung mit Kapitalgesellschaften sichergestellt. Davon profitieren gerade die größeren ertragreichen mittelständischen Personenunternehmen. Auch für kleinere Personenunternehmen wird es mit dem Investitionsabzugsbetrag ganz unabhängig von Gewinnentnahmen zusätzliche Investitionsanreize geben. Einem gewissen Kreis von Unternehmen wird aber weder die eine noch die andere Maßnahme nützen. Ich habe deshalb deutlich gemacht, dass ich den Kreis der vom Investitionsabzugsbetrag begünstigten mittelständischen Unternehmen gern noch etwas ausweiten würde, um auch diese Unternehmen bei der Reform mitzunehmen. Wohl wissend, dass diese auch finanziert werden müssen, sollen deshalb im Rahmen des weiteren Gesetzgebungsverfahrens entsprechende Maßnahmen geprüft werden.

Unternehmeredition: Im März haben Sie den Parlamentarischen Staatssekretär Hartmut Schauerte zum neuen Mittelstandsbeauftragten ernannt. Wieso braucht es einen Mittelstandsbeauftragten, welche Aufgaben übernimmt er?
Glos: Der Mittelstand ist von entscheidender Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung in unserem Land. Die großen Potenziale mittelständischer Unternehmen zu nutzen und dem Mittelstand neue Perspektiven zu eröffnen, ist eines der wichtigsten Anliegen der Bundesregierung. Herr Schauerte, der vom Bundeskabinett ernannt worden ist, wird mit seinem persönlichen Engagement tatkräftig dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen. Er ist insbesondere für die konzeptionelle Koordinierung und Zusammenfassung der wesentlichen Aktivitäten der Bundesregierung im Bereich der Mittelstandspolitik zuständig und ist ein direkter Ansprechpartner für Angelegenheiten des Mittelstandes und seiner Verbände. Zudem vertritt er die Anliegen des Mittelstandes innerhalb der Bundesregierung und im Parlament.

Unternehmeredition: Welche weiteren Ziele haben Sie sich gesetzt, um die Rahmenbedingungen für den Mittelstand zu verbessern?
Glos: Zu den zentralen Zielen gehört für mich neben dem weiteren Abbau bürokratischer Hemmnisse, der Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen und der Mittelstandsfinanzierung die Sicherung des Fachkräftenachwuchses für den Mittelstand. Hier ist es sehr erfreulich, dass es uns gelungen ist, den Ausbildungspakt mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft um weitere drei Jahre zu verlängern. Mit 60.000 neuen Ausbildungsplätzen pro Jahr hat die Wirtschaft ihre Zusage von 2004 verdoppelt. Ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann. Wichtig ist es aus meiner Sicht auch, dass der Mittelstand seine Chancen auf den Auslandsmärkten noch stärker nutzt. Der Wettbewerb ist natürlich im Zuge der Globalisierung härter geworden und der Anpassungsdruck ist gestiegen. Die meisten mittelständischen Unternehmen haben aber ihre Hausaufgaben erfolgreich erledigt und ihre Wettbewerbsfähigkeit weiter verbessert. Immer mehr Betriebe suchen und finden ihre Chancen im Export. So ist die Zahl der exportierenden mittelständischen Unternehmen innerhalb von fünf Jahren um über 10% gestiegen. Die Bundesregierung unterstützt diese Entwicklung mit ihrem außenwirtschaftlichen Instrumentarium. Wir haben es noch stärker auf den Mittelstand und schwierige Märkte fokussiert. Mit all diesen Maßnahmen stärken wir der deutschen Wirtschaft den Rücken.

Unternehmeredition: Herr Glos, Danke für das Gespräch.

Das Interview führte Markus Hofelich


Zur Person: Michael Glos
Michael Glos (buero-p2@bmwi.bund.de) ist seit November 2005 Bundesminister für Wirtschaft und Technologie. an. Zuvor war er u. a. Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag und Erster Stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. www.bmwi.de

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