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Beteiligungskapital im Mittelstand

Der Mittelstand begegnet Private-Equity-Gesellschaften immer noch mit einer gewissen Skepsis. Experten sind jedoch der Überzeugung, dass sich eine Zusammenarbeit lohnt.

Wie entwickelt sich der Private-Equity-Markt 2013?


Andreas Deißner, Teamleiter Strukturierte Unternehmensfinanzierungen, Commerzbank AG
Im deutschen Markt entwickelte sich die Anzahl von Private-Equity (PE) -Transaktionen in den ersten beiden Quartalen seitwärts. Bis zum Jahresende gehen wir von einer eher steigenden Transaktionsanzahl aus. Neben unveränderten Treibern für solche Transaktionen, wie etwa Nachfolgelösungen, werden Refinanzierungen und Weiterverkäufe von PE-Beteiligungen ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. PE-Investoren verfügen über umfangreiche Mittel in ihren Fonds, die im Markt platziert werden müssen. Tiefe Taschen sind teilweise auch bei Unternehmen vorhanden. Das erzeugt in Bietungsprozessen Wettbewerb zwischen PE-Häusern und strategischen Interessenten.


Dr. Florian Herrmann, Partner bei Langwieser Rechtsanwälte
Nachdem Private Equity in Deutschland 2012 stagnierte, wurden in letzter Zeit mehrere Mega-Deals bekannt, z.B. Springer Science, ista, CeranTec. Derzeit finden viele Transaktionen ausschließlich zwischen PE-Investoren statt. Neue Investitionsziele sind im Bereich kleinerer und mittlerer Unternehmen aktuell schwer zu finden. Deutschland gilt unter Investoren für die nähere Zukunft als sehr attraktiv – insbesondere Unternehmen aus den Bereichen Gesundheit und Industrie stehen hier im Fokus. Im Mittelstand bestehen jedoch weiterhin große Vorbehalte gegenüber institutionellen Investoren, sodass die Anzahl der Deals bis auf Weiteres eher stabil bleiben dürfte.


Dr. Hannspeter Schubert, Vorstand Blue Cap AG
Der Private-Equity-Markt hat sich weiter gefestigt. Es werden jedoch primär profitable Unternehmen gesucht und weniger Restrukturierungsfälle. Vor dem Hintergrund einer Konjunkturabkühlung sind insbesondere auch die Bewertungen schwieriger geworden, weil die Unsicherheit über zukünftige Erträge wächst. Zugutekommt den Unternehmen auf der anderen Seite, dass das Zinsniveau nachhaltig niedrig ist und Alternativen zu klassischen Kapitalanlagen dringend gesucht werden.


Dr. Florian Brem, Rechtsanwalt, Kanzlei Buse Heberer Fromm
Die bereits im 1. Halbjahr 2013 vollzogenen Deals deuten darauf hin, dass wieder höhere Transaktionsvolumina mit Fokus auf den Mittelstand zu erwarten sind. Insbesondere im Bereich des Spätphasensegments lässt sich eine starke Verbesserung im Vergleich zum Jahr 2012 erkennen. Trotz dieser positiven Anhaltspunkte und einer positiven Grundstimmung im Markt wird es jedoch auch 2013 vermutlich nicht zu einem Boom kommen. Verantwortlich hierfür sind die immer noch schwierigen Bedingungen der Transaktionsfinanzierung sowie die nicht zu erwartende deutliche Verbesserung im Frühphasensegment.


Dr. Tobias Schneider, Rechtsanwalt und Partner bei CMS Hasche Sigle
Die Entwicklung des Private-Equity-Markts in Deutschland im Jahr 2013 verlief uneinheitlich. Erstmals sind wieder großvolumige Transaktionen im Bereich von mehr als 1 Mrd. EUR zu verzeichnen. Daneben ist allerdings die seit Längerem erwartete Zunahme von Transaktionen nicht so stark ausgefallen wie von vielen Marktteilnehmern erwartet. Dies liegt unter anderem daran, dass viele Investoren angesichts der widersprüchlichen Signale über die weitere Entwicklung der Wirtschaft restriktiv vorgehen, bevor ein Investment eingegangen wird und ihr Pulver bis auf Weiteres trocken halten. Der Ausblick auf den Rest des Jahres ist daher verhalten optimistisch.Der Mittelstand begegnet Private-Equity-Gesellschaften immer noch mit einer gewissen Skepsis. Experten sind jedoch der Überzeugung, dass sich eine Zusammenarbeit lohnt.

Wo liegt der größte Hemmschuh für den Mittelstand?


Andreas Deißner
Bei eigentümergeführten Unternehmen spielt oft der Wunsch, das Lebenswerk in zuverlässige Hände zu geben, eine bedeutende Rolle. Ein starkes Verantwortungsbewusstsein für die Mitarbeiter gepaart mit teils geringen Kenntnissen über PE-Gesellschaften lassen den verkaufsbedingten Kontrollverlust unattraktiv erscheinen. Hemmnisse bei der Einbindung von Investoren können ein bedingt aussagefähiges Berichtswesen, die manchmal limitierte Bereitschaft zur Weitergabe unternehmens- und bewertungsrelevanter Informationen, unübersichtliche Unternehmens- und Gesellschafterstrukturen oder fehlende Erfahrungen rund um den Verkaufsprozess sein.


Dr. Florian Herrmann
Auf Unternehmensseite ist man oft nicht ausreichend darüber informiert, was Private Equity genau ist, welche Interessen Investoren aus der PE-Branche verfolgen und welche Chancen sich für die Unternehmen daraus ergeben können. Oft steht die Sorge vor vermeintlichem Kontrollverlust oder Unabhängigkeitseinschränkungen im Vordergrund. Investoren wiederum nehmen sich im Vorfeld einer beabsichtigten Transaktion oft nicht ausreichend Zeit für ein Kennenlernen der Unternehmer und deren Interessen oder Sorgen. Oft fehlt es auch an einer Erläuterung der eigenen Interessen, Positionen und Ziele durch den Investor.


Dr. Hannspeter Schubert
Es sind immer noch die Kulturunterschiede, die den Mittelstand von Private Equity trennen. Mittelständler sind es gewohnt, allein zu entscheiden, orientieren sich primär am operativen Geschäft und weniger an Finanzkennzahlen und wollen vor allem keine vordefinierten Exit-Szenarien festlegen. Je größer und damit professioneller das Unternehmen ist, desto eher kommt es natürlich zu einer Annäherung bei diesen Positionen.


Dr. Florian Brem
PE-Investoren erwarten in der Regel ein detailliertes quartalsweises Reporting, welches für das Geschäft des Mittelständlers häufig gar nicht erforderlich wäre und den damit verbundenen Aufwand aus seiner Sicht daher nicht rechtfertigt.
Ferner weicht die von den Investoren nach internationalen Standards vorgenommene Bewertung insbesondere der stillen Reserven des Unternehmens häufig von derjenigen des Mittelständlers nach deutschem Standard ab. Dies kann dazu führen, dass sich Investor und Unternehmer nicht auf eine Bewertung einigen können. Zudem gibt es häufig eine unterschiedliche Auffassung über das Niveau des Einsatzes von Fremdkapital.


Dr. Tobias Schneider
Aus Sicht der PE-Investoren liegt der größte Hemmschuh bei divergierenden Vorstellungen über den Kaufpreis. Zwar befinden sich einige PE-Häuser in einer Phase, in der sie mehr oder weniger dringend ihre Mittel investieren müssten, um sie nicht an ihre Investoren zurückgeben zu müssen. Keine Beteiligungsgesellschaft investiert aber um jeden Preis und die Banken, die ihren Beitrag für die Finanzierung des Kaufpreises leisten, sind ebenfalls nicht bereit, überhöhte Preise mitzutragen. Aus Sicht des Mittelstands fällt es oft nicht leicht, die Kontrolle mit einem Investor teilen zu müssen, wobei es Mittel und Wege gibt, einen Interessenausgleich herzustellen.

Wann sollten sich mittlere Firmen PE ins Haus holen?


Andreas Deißner
Ein guter Zeitpunkt, PE-Investoren einzubinden, ist neben klassischen Szenarien wie der Nachfolgeregelung z.B. die Begleitung von Wachstumsszenarien, wenn die finanziellen Ressourcen allein solche Schritte nicht erlauben. PE-Gesellschafter können zudem unternehmensspezifisch Impulse für die strategische Ausrichtung eines Unternehmens, den Ausbau des internationalen Geschäftes, der Verbesserung der Marktposition und damit für internes und externes Wachstum geben. Investoren sind daran interessiert, wichtiges Know-how im Unternehmen zu halten. Eine Bereitschaft des Managements zur Rückbeteiligung am Unternehmen ist erfahrungsgemäß oft gewünscht.


Dr. Florian Herrmann
Solange Offenheit für die Interessen und Sorgen des jeweils anderen besteht und die beiderseitigen Vorstellungen und Ziele klar definiert werden, können sich aus der Aufnahme eines PE-Investors durchaus positive Effekte für das Unternehmen ergeben: Die Stärkung der Kapitalstruktur durch Zuführung von Eigenkapital hat eine größere Unabhängigkeit von Banken und bessere Finanzierungsmöglichkeiten von Innovationen und weiterer Expansion zur Folge. Ferner sind ein möglicher Zugriff auf Forschungs- und Entwicklungsergebnisse anderer Portfoliounternehmen des Investors und ein Know-how-Gewinn in operativen Bereichen sowie zusätzliche Professionalität in der Geschäftsführung zu nennen.


Dr. Hannspeter Schubert
Die Aufnahme von Private Equity konkurriert immer noch mit den günstigen Zinsen für die klassische Fremdfinanzierung oder sogar mit dem Anleihemarkt. Private Equity wird also insbesondere dann zum Einsatz kommen, wenn diese Finanzierungsmöglichkeiten erschöpft sind. Zudem kann es sinnvoll sein, sich einen starken Partner zur Seite zu stellen. Dieser sollte bereit sein, auch unternehmerische Risiken zu übernehmen, wenn diese zum Beispiel durch eine Umsatzausweitung oder durch Konjunkturveränderungen gewachsen sind. Nicht zuletzt kann die Exit-Strategie eines PE-Investors auch aus der Sackgasse eines Nachfolgeproblems führen und einen Verkauf des Gesamtunternehmens noch unterstützen.


Dr. Florian Brem, Rechtsanwalt
Ein PE-Investment kann insbesondere bei einer Nachfolgeproblematik eine sinnvolle Maßnahme sein. Eine solche externe Nachfolgelösung lässt sich auch mit einer durch das Investment finanzierten Wachstumsstrategie kombinieren, die der Unternehmer mit einem seiner erfahrenen Manager erarbeitet, der diese in der Folge gegebenenfalls mit dem neuen Management umsetzt. Dadurch kann der Unternehmer auf der Zielgeraden den Unternehmenswert häufig erheblich erhöhen und hat zudem mit dem PE-Investor einen exiterfahrenen Partner an seiner Seite, der sogar selbst nach einem Käufer für das Unternehmen sucht. Angesichts des in Deutschland gesunkenen üblichen Fremdkapitalanteils bei PE-Investitionen können diese auch einer Entschuldung des Unternehmens und dadurch gegebenenfalls einer Reduzierung der persönlichen Haftung des Unternehmers dienen.


Dr. Tobias Schneider
Immer wenn das Unternehmen Kapital für weiteres Wachstum benötigt, kein geeigneter Nachfolger in Sicht ist oder komplexe Gesellschafterstrukturen aufgelöst werden müssen oder bestimmte Expertise im Unternehmen benötigt wird, sollten Unternehmer an Private Equity denken. Viele PE-Investoren halten sich nach einem Einstieg bei einem Unternehmen im Hintergrund und lassen das Management seine Arbeit machen, nicht ohne regelmäßig mit dem Management über die Strategie und Ausrichtung zu sprechen.

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