Das soziale Erbe der Fugger

Liebe Leser, in der Weihnachtszeit und an den Feiertagen danach bis zum 7. Januar stellen wir Ihnen unsere Höhepunkte aus dem vergangenen Jahr vor. In zehn Teilen lesen Sie unser persönliches Best-of an Porträts, Interviews und Features aus dem Redaktionsjahr 2017. Wir hoffen, dass Sie die ein oder andere Geschichte auch nochmal gerne lesen oder neu entdecken.

Das Team der Unternehmeredition wünscht Ihnen besinnliche Feiertage und einen guten Start ins Jahr 2018.

 

Die Fuggerschen Stiftungen gehen auf den legendären Reichtum von Jakob dem Reichen und seiner zwei Brüder zurück. Heute sind sie der Kitt, der die drei Linien der Familie zusammenhält. Um das Vermächtnis an die nächsten Generationen weiterzugeben, werden fleißig Bäume gepflanzt.

Der Stolz der Familie Fugger befindet sich unweit des Augsburger Rathausplatzes in einer typischen Vorstadt. Das Viertel drumherum ist kein Ort der Besserverdiener, dafür versprüht es multikulturellen Flair.

Hier liegt die Fuggerei, mit 500-jähriger Tradition die älteste verbürgte Sozialbausiedlung der Welt. In 67 Reihenhäusern mit je zwei Wohneinheiten zu etwa 60 Quadratmetern sowie Gartenparzelle beziehungsweise Dachboden leben heute rund 150 bedürftige Menschen quasi umsonst. Die Stiftung als Wohnungsgesellschaft verlangt eine symbolische Kaltmiete von 88 Cent im Jahr, die der ursprünglichen Miete von einem Rheinischen Gulden entspricht. Von den Bewohnern wird erwartet, dass sie ihren katholischen Glauben täglich praktizieren, indem sie das Ave-Maria, das Vaterunser sowie ein Glaubensbekenntnis beten. Auch dabei geht es ums Glauben, überprüfen tut die Gebetsroutine niemand.

Musealer Charakter und Modernisierung

Ein Reihenhaus in der Fuggerei mit Vorgarten: Die Wohnungen in der historischen Kulisse sind an den modernen Lebensstandard angepasst.
Ein Reihenhaus in der Fuggerei mit Vorgarten: Die Wohnungen in der historischen Kulisse sind an den modernen Lebensstandard angepasst.

Die Siedlung wird wie ein Kulturerbe bewahrt, entspricht gleichzeitig aber den Ansprüchen an ein modernes Wohnen. Seit ein paar Jahren sind alle Wohnungen an das Fernwärmenetz angeschlossen. Rein optisch wird der museale Charakter beibehalten. Die individuellen, gusseisernen Klingelzüge gehören genauso zum Denkmal Fuggerei wie die gotischen Hausnummern. Auch die charakteristische Außenfassade, das sogenannte Fugger-Ocker, ist bis heute genauso wie früher – und bekommt regelmäßig einen frischen Anstrich. Die Siedlung ist nach dem Renaissance-Stil konzipiert mit der Herrengasse als Hauptstraße, von der rechtwinklig die Seitenstraßen abgehen.

Auf der Herrengasse herrscht ein gediegenes Treiben. Einige Touristengruppen schlendern durch die historische Kulisse, darunter mischen sich die Sozialarbeiter und Hausmeister von der Stiftung. Hie und da kommt ein Bewohner aus seiner Wohnung, unter ihnen auch Schulkinder, die mit den neugierigen Touristen aufwachsen. In den vergangenen Jahren hat sich der Altersdurchschnitt auf 48 Jahre verringert.

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