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Besser absichern

Marktchancen lassen sich nur dann auf Dauer nutzen, wenn Finanzierung und Liquidität gewährleistet sind. Da die Bedeutung der Geschäfte auf offenes Zahlungsziel auch international weiter stark steigen wird, ist die Absicherung des Forderungsausfallrisikos wichtig.

Forderungen müssen heute nicht mehr nur als Risiko, sondern können als Potential im Kontext der Unternehmensfinanzierung gesehen werden. Der professionelle Umgang mit Forderungen erweitert den oft noch eingeschränkten Blickwinkel zwischen Eigen- und Fremdkapital auf die eigenen Ressourcen, die in der Bilanzgröße „Forderungen“ stecken. Dann erwächst aus dem professionellen Risikomanagement ein unternehmerisches Chancenmanagement. Aber worauf muss im Einzelnen geachtet werden?


“Forderungsverluste und Zahlungsverzögerungen sind der Hauptgrund für Insolvenzen.”


Sicherheiten stehen manchmal nur auf dem Papier

Ein Unternehmen überlebt nur, wenn seine Kunden die erbrachten Leistungen vertragskonform bezahlen. Allzu oft ist allerdings ein stringentes Forderungsmanagement die Achillesferse in den Unternehmen. Forderungsverluste und Zahlungsverzögerungen sind der Hauptgrund für Insolvenzen, wie Studien bestätigten.
Infolge der Wirtschafts- und Finanzmarktkrise sind die Insolvenzzahlen in vielen Ländern stark gestiegen. Hinzu kommt ein höheres politisches Risiko, das im Extremfall die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsunwilligkeit eines Staates und damit gegebenenfalls die Unmöglichkeit des Transfers der Zahlungen nach Deutschland birgt.
Um die Chancen zu nutzen, die es trotz der Risiken für das Exportgeschäft gibt, das schon weit vor Entstehen einer Forderung beginnt, müssen einige Fragen beantwortet werden. Versäumnisse in diesem frühen Stadium können hinterher zu hohen wirtschaftlichen Schäden führen.

Fragen, die es zu klären gilt

Mit wem habe ich es zu tun? Eine wichtige Frage, wenn es um einen neuen Kunden geht. Der neue Kunde muss anhand einer detaillierten Wirtschaftsauskunft aus zuverlässiger Quelle auf Herz und Nieren geprüft werden. Wichtig ist dabei die Überprüfung der Register- oder Steuernummer. Betrüger firmieren oft mit fast identischen Namen bekannter Unternehmen und hoffen, dass hier niemand so genau prüft. Ebenso wichtig: Wie lange gibt es diesen Kunden schon am Markt? Wie gut sind die Zahlungserfahrungen, die andere gemacht haben? Neugründungen oder Unternehmen mit negativen Beurteilungen hinsichtlich ihres Zahlungsverhaltens sollten grundsätzlich nur gegen Vorkasse beliefert werden.
Marktchancen lassen sich nur dann auf Dauer nutzen, wenn Finanzierung und Liquidität gewährleistet sind. Da die Bedeutung der Geschäfte auf offenes Zahlungsziel auch international weiter stark steigen wird, ist die Absicherung des Forderungsausfallrisikos wichtig.

Oft unterschätzt wird das Fabrikationsrisiko, wenn etwa eine Maschine erst nach Kundenwunsch gebaut wird. Eine Anzahlung deckt nicht die Produktionskosten. Eine Insolvenz des Kunden während der Fabrikationszeit führt dann in der Regel zu einem Totalverlust, da die Maschine so nicht anderweitig verkauft werden kann.

Was die Gestaltung des Kaufvertrages angeht, liegen mögliche Fehlerquellen bei den Zahlungsbedingungen, inklusive der Incoterms, Eigentumsvorbehaltsregelungen, dem Gerichtsstand und dem anzuwendenden Recht. In vielen Ländern ist die Durchsetzung eines Eigentumsvorbehaltes insbesondere in den erweiterten Formen kaum möglich oder bedarf einer notariellen Beurkundung oder dem Eintrag in ein Register. Das wird allzu oft vergessen.


“Die Zahlung per Wechsel oder Scheck sollte höflich abgelehnt werden und nur guten und langjährigen Kunden vorbehalten sein.”


Wechsel nur bei guten Kunden akzeptieren

Wie gut ist ein unwiderrufliches Akkreditiv, etwa einer lokalen Bank ohne deutsche Bestätigung? Auch das oft als sicher bezeichnete Dokumenteninkasso ist als Zahlungsart mit Vorsicht zu genießen. Die beteiligten Banken bieten hier nur die Dienstleistung des Inkassos an. Sie übernehmen aber keine Haftung für die Zahlung wie beim Akkreditiv.
Die Zahlung per Wechsel oder Scheck sollte höflich abgelehnt werden und nur guten und langjährigen Kunden vorbehalten sein. Aber: Es gibt Untersuchungen, dass über 80 Prozent aller Forderungsausfälle von Bestandskunden herrühren. Deshalb ist auch die laufende Überwachung der Bonität der Kunden ratsam.
Marktchancen lassen sich nur dann auf Dauer nutzen, wenn Finanzierung und Liquidität gewährleistet sind. Da die Bedeutung der Geschäfte auf offenes Zahlungsziel auch international weiter stark steigen wird, ist die Absicherung des Forderungsausfallrisikos wichtig.

Gefährlich ist auch die Vereinbarung lokalen Rechts und lokaler Gerichte. Nicht nur etwa in Rumänien dauert ein Prozess Jahre. Empfehlenswerter ist daher die Vereinbarung eines Schiedsgerichts gemäß den Bestimmungen der Internationalen Handelskammer (ICC). Strikte und schnelle Mahnungen sind heute das Gebot der Stunde. Niemand verliert Kunden, wenn er auf die vereinbarte Zahlungsmodalität besteht. In vielen Ländern kann man säumige Zahler nur mit lokalen und etablierten Inkassoinstituten mit internationalem Netzwerk erfolgreich zur Zahlung bewegen. Ein Schreiben eines deutschen Anwalts wird wenig ausrichten. Ebenso wenig sollte man dubiose Inkassodienste bemühen. Das negative Image fällt schnell auf einen selbst zurück.

Fazit

Trotz aller Risiken: Der Schritt in den Export bietet auch nach der Finanzkrise gute Chancen für neue Geschäfte. Allerdings muss man die Besonderheiten der einzelnen Märkte kennen: Hilfreich ist die Zusammenarbeit mit Kammern und Verbänden sowie eine konsequente Absicherung der Forderungen. Hier gibt es bei Kreditversicherern auch Lösungen für kleine und mittlere Unternehmen.


Zur Person

Eberhard Ehret ist Diplom-Betriebswirt (FH) und seit mehr als 39 Jahren in verschiedenen Funktionen für den internationalen Kreditversicherer Coface tätig. Aktuell ist er in der Deutschland-Niederlassung in Mainz zuständig für die Absicherung von Investitionsgütern.

www.coface.de

 

 

 

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