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Banken prüfen strenger

Die viel zitierte Kreditklemme gibt es – bisher jedenfalls – nicht. Soweit die gute Nachricht. Allerdings sehen sich Mittelständler derzeit häufig mit schlechteren Konditionen konfrontiert. In der Krise verlangen die Kreditinstitute je nach Bonitätseinstufung höhere Risikozuschläge beim Zins oder mehr Sicherheiten.

Die viel zitierte Kreditklemme gibt es – bisher jedenfalls – nicht. Soweit die gute Nachricht. Allerdings sehen sich Mittelständler derzeit häufig mit schlechteren Konditionen konfrontiert. In der Krise verlangen die Kreditinstitute je nach Bonitätseinstufung höhere Risikozuschläge beim Zins oder mehr Sicherheiten. Kreditverhandlungen dauern häufig länger, zum Teil müssen Unternehmen mehr Informationen liefern. “Mildernde Umstände” in der insgesamt schwieriger gewordenen Kreditbeschaffung bieten die Leitzinssenkungen der Europäischen Zentralbank (EZB) und die Sondermaßnahmen der Bundesregierung im Rahmen ihrer Konjunkturprogramme.

Ausfallrisiken erheblich gestiegen

Unternehmen und Privatleute bekommen am leichtesten einen Kredit, wenn sie keinen brauchen – so ein altes Bonmot. Soll heißen, wenn es ihnen finanziell ohnehin gut geht, erhalten sie ohne Probleme weitere Mittel. Geht es ihnen aber schlecht, und frisches Geld wäre dringend nötig, dann zögern die Kreditinstitute. Im Grundtenor ist es heute nicht anders. Mit der Rezession, höheren Insolvenzzahlen und unsicheren Unternehmensprognosen steigen auch die Ausfallrisiken. Vor diesem Hintergrund schauen die Banken genauer hin, bevor sie Kredite vergeben. Auch Mittelständler spüren die verschärften Bedingungen. Von einer Kreditklemme auf breiter Fläche kann aber keine Rede sein.

Rating und Sicherheiten noch wichtiger

Fünf Trends sind momentan zu erkennen: Erstens ist bei Großkrediten die Vergabepolitik restriktiver als bei kleinen und mittleren Krediten. Zweitens verbilligt die Zinspolitik der EZB in der Tendenz die Firmenkredite. Drittens wirken höhere Risikoaufschläge diesem Zinsvorteil entgegen. Viertens sind Sparkassen und Genossenschaftsbanken in ihrer Vergabepolitik etwas “freier”, da in ihrer Refinanzierung nicht vom Kapitalmarkt abhängig, als die großen Geschäftsbanken. Fünftens und letztens sind das Rating von Unternehmen und deren Sicherheiten zur Abdeckung der Ausfallrisiken noch stärker in den Vordergrund gerückt. Firmen, insbesondere aus schwachen Branchen, werden beim Kreditantrag teilweise mit mehr Dokumentationspflichten konfrontiert.

“Verhandlungen nicht generell schwieriger”

“Sparkassen werden auch in diesem Jahr jede wirtschaftlich sinnvolle Investition finanzieren, wenn Aussicht besteht, dass der Kredit auch zurückgezahlt wird”, sagt Martin Lambert vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV). “Natürlich müssen Kreditinstitute in Krisenzeiten hier und da auch genauer hinschauen, von generell schwierigeren Kreditverhandlungen für den Mittelstand kann aber nicht gesprochen werden.” Sparkassen haben bei der Finanzierung von Unternehmen und Selbständigen einen Marktanteil von rund 43%, in klassischen Mittelstandsbranchen liegt er oft noch höher. Natürlich seien die einzelnen Branchen unterschiedlich von der Krise betroffen. Lambert: “Handwerk und Dienstleistungsbetriebe haben in der Regel keine Schwierigkeiten. Bei eher exportabhängigen Branchen sieht das anders aus.” So seien bei Autozulieferern und im Maschinenbau die Vorzeichen derzeit ungünstiger. “Das Firmenkundenrating der Sparkassen hat aber kein explizites Branchenkriterium, die Bonität unserer Kunden wird individuell bewertet. In einzelnen Fällen kann es so zu höheren Risikozuschlägen beim Zins oder zur Forderung nach zusätzlichen Sicherheiten kommen”, so Lambert.

Stark gebremst, aber dennoch: Wachstum

Ebenso wie die Sparkassen sind die Genossenschaftsbanken nicht abhängig von der Refinanzierung am Kapitalmarkt. “Aufgrund unseres stabilen Einlagenüberhangs müssen wir unsere Kreditvergabe in keiner Weise einschränken”, sagt Volker Stolberg, Mittelstandsexperte beim Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). 2008 verzeichneten die genossenschaftlichen Institute gegenüber den Aufschwungjahren 2006 und 2007 noch einmal einen deutlichen Anstieg der Firmenkredite: Das Kreditvolumen an inländische Unternehmen lag um 9,2% über dem Vorjahr. In den vergangenen Monaten habe sich der Anstieg zwar deutlich verlangsamt, aber in erster Linie wegen sinkender Nachfrage, berichtet Stolberg. Wie in Abschwungphasen üblich, gehe auch diesmal die Nachfrage nach Investitionskrediten zurück.

Weniger Investitionskredite gefragt

Auch die Deutsche Bank spricht davon, dass allenfalls die gesunkene Nachfrage das im vergangenen Jahr noch vorhandene Kreditwachstum im Mittelstand gebremst habe. “Durch Lagerabbau und geringere Investitionen besteht weniger Finanzierungsbedarf”, sagt Ulrich Schürenkrämer, Mitglied der Geschäftsleitung Firmenkunden und des Management Committee Deutschland der Deutsche Bank AG. “Die Diskussion über eine Kreditklemme geht deshalb an der Realität vorbei. Und sie wird zum falschen Zeitpunkt geführt, denn die Gefahr besteht eher bei einem neuen Aufschwung, wenn die Nachfrage auf breiter Front wieder steigt.” Allerdings führten die gestiegenen Risiken teilweise zu Bonitätsherabstufungen – je weiter unten sich ein Unternehmen in der Ratingskala befinde, umso stärker wirke sich die Herabstufung beim Zinszuschlag aus. Unternehmen sollten sich nicht scheuen, frühzeitig auf Probleme aufmerksam zu machen. Schürenkrämer: “Transparenz stärkt das Vertrauen, man kann dann mit dem Kunden rechtzeitig die Weichen stellen.”

Vorsichtig und selektiv

Die Hamburger Privatbank M.M. Warburg sieht keine Änderung in ihrer Politik. “Wir haben immer eine sehr vorsichtige und selektive Kreditvergabe betrieben und waren zurückhaltend bei der Ausweitung des Kreditvolumens”, berichtet Dr. Henneke Lütgerath, verantwortlich für den Bereich Firmenkunden. “Dies hat sicher auch einen Grund in der Identität zwischen Unternehmensleitung und persönlicher Haftung. Und wir bleiben dabei, die strenge Bonitätsprüfung hat sich bewährt.” Firmenkredite sind nur ein kleiner Bereich des auf Vermögensberatung und Investmentbanking fokussierten Instituts. Nach Einschätzung Lütgeraths gewinnen in der Wirtschaftskrise die Eigenkapitaldecke eines Unternehmens ebenso wie alternative Finanzierungsformen – z. B. Factoring und Leasing – an Bedeutung.

Firmen mit mehr Eigenkapital gewappnet

Vielleicht der positivste Aspekt im derzeitigen Konjunkturabschwung: Die meisten mittelständischen Unternehmen sind mit deutlich gestärkter Eigenkapitaldecke besser für die Krise gewappnet, als dies zu Beginn des Jahrzehnts der Fall gewesen war. Und sie haben auch die Ausgaben besser unter Kontrolle als 2001/2002. Den Puffer Eigenkapital brauchen sie aber derzeit auch – denn so schnell wie teilweise die Nachfrage einbricht, können die Kosten bei weitem nicht gesenkt werden.

Unternehmer sind skeptischer

Manch mittelständischer Unternehmer ist ohnehin nicht ganz einverstanden mit der insgesamt positiven Lagebeurteilung der Kreditinstitute. “Gerade bei Investitionen gibt es Probleme bei der Kreditbeschaffung”, sagt Markus Storck, Gründer und Geschäftsführer des Fahrradherstellers Storck Bicycle. “Teilweise sind die Konditionen deutlich schlechter geworden; gerade bei den Großbanken ist das zu spüren, obwohl die EZB die Zinsen mehrfach gesenkt hat.” Er habe von etlichen Unternehmerkollegen gehört, dass die Kreditversorgung nicht so gut sei, wie von den Banken bekundet. Man müsse aufpassen, dass Firmen in ihrer Finanzierung nicht ausgebremst würden bei ihrem Wachstum.

Engpässe bei Kurzfristkrediten

Auch wenn Unternehmer teilweise die Kreditversorgung kritischer sehen als die Banker – von einer klassischen Kreditklemme will auch Albrecht von der Hagen, Hauptgeschäftsführer des Verbands Die Familienunternehmer – ASU, nicht sprechen. “Aber Schwierigkeiten bei kurzfristigen Betriebsmittelkrediten gibt es schon, wie ich von manchen Firmen zu hören bekomme. Das scheint weniger an der Bonität der Unternehmen zu liegen, sondern eher daran, dass viele Banken relativ wenig mit solchen Krediten verdienen und ihr knappes Eigenkapital lieber mit margenstärkerem Geschäft belegen.” Investitionskredite bereiteten – abgesehen von höheren Sicherheitsanforderungen – weniger Probleme. Es sei denn, man komme aus einer von der Krise besonders betroffenen Branche wie z. B. Autozulieferer oder Maschinenbauer. Oder es handelt sich um Großinvestitionen im dreistelligen Millionenbereich mit längerer Laufzeit, für die Banken ein Konsortium bilden und sich untereinander – insbesondere wegen Sicherheiten und Risikoaufteilung – abstimmen müssen. “Hier sind die Banken sehr zögerlich in ihrer Kreditvergabe”, sagt von der Hagen. Betroffen sind also eher die großen als die kleinen Familienunternehmen.

Statistik zeigt keine Kreditklemme

Die Statistiken der Bundesbank, die keine gesonderten Zahlen für den Mittelstand enthalten, weisen für das letzte Quartal 2008 noch ein geringes Wachstum der Kreditvergabe an inländische Unternehmen und Selbständige aus. Der Anstieg war aber – nach deutlichen Zuwächsen in den ersten drei Quartalen 2008 – stark abgeschwächt. Einem erneuten Plus bei mittel- und langfristigen Krediten stand ein fast ebenso großes Minus bei kurzfristigen Krediten gegenüber. Die KfW Bankengruppe weist für das Neugeschäft der deutschen Kreditinstitute an Unternehmen und Selbstständige im 4. Quartal 2008 ein kleines Plus von 5% gegenüber dem Vorjahresquartal aus. “Der Trend zu abnehmenden Wachstumsraten von zuvor außergewöhnlich hoher Dynamik auf dem Unternehmenskreditmarkt hat sich fortgesetzt”, heißt es im jüngsten KfW-Bericht. Statistiken für das 1. Quartal 2009 liegen noch nicht vor, aber die KfW rechnet für das erste Halbjahr noch mit einem leichten Plus im unteren einstelligen Prozentbereich. Eine Kreditklemme sei nicht auszumachen, wohl aber deutlich verschlechterte Bedingungen bei der Kreditvergabe. Insbesondere beträfe dies sehr kleine (Jahresumsatz unter 1 Mio. Euro) und große Unternehmen (Umsatz über 500 Mio. Euro).

Gefahr noch virulent

Auch wenn es bisher noch keine gibt – die Gefahr, dass doch noch eine Kreditklemme kommt, insbesondere bei Anschlussfinanzierungen in Krisenbranchen, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Immerhin haben aber einige Kreditinstitute reagiert und teils öffentlich geförderte Kreditprogramme aufgelegt, die einer möglichen Klemme vorbeugen sollen. Unter anderem hat die Deutsche Bank dem Mittelstand zur Betriebsmittelfinanzierung 11 Mrd. Euro zugesagt, die im Verlauf der nächsten Monate oder auf Termin abgerufen werden können. Die Genossenschaftsbanken haben bereits im Dezember eine Mittelstandsoffensive gestartet und über die genossenschaftlichen Zentralbanken einen Sonderkreditfonds mit zusätzlichen Finanzierungsmitteln von 1 Mrd. Euro aufgelegt. “Wir wollen den Mittelständlern ein Zeichen geben, dass sie nicht alleine gelassen werden”, sagt Stolberg.

Öffentliche Programme über die KfW

Als Bestandteil des Konjunkturpakets II der Bundesregierung gibt es Sonderprogramme der KfW Bankengruppe – für Mittelständler und für Großunternehmen – mit teilweiser Haftungsfreistellung für die Banken. Die KfW übernimmt bei mittelständischen Firmen dann 60% des Ausfallrisikos bei Betriebsmittelkrediten sowie 50 oder 90% – je nach Sicherheitenstellung des Unternehmens – bei Investitionsgüterkrediten. Zudem wurde das Instrumentarium der Bürgschaftsbanken der Länder zur Deckung fehlender Sicherheiten von Mittelständlern ausgeweitet.

Bernd Frank
redaktion@unternehmeredition.de

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