Website-Icon Unternehmeredition.de

Banken buhlen um gute Mittelständler

Die Lage bei der Kreditfinanzierung für Unternehmen ist zurzeit sehr entspannt. Die Kreditvergabebereitschaft der Banken ist wieder deutlich größer als noch vor zwölf oder 15 Monaten. Die durch gute Geschäftszahlen verbesserte Bonität erleichtert den Unternehmen den Kreditzugang, zumal die Konditionen durch das günstige Zinsumfeld niedrig sind. Nur Firmen mit schwacher Bonität bzw. instabilem Geschäftsmodell haben es schwer.

Kredithürde sehr niedrig

Die Möglichkeit für mittelständische Unternehmen, Kredite bei Banken aufzunehmen, war seit 2007 nicht mehr so günstig wie heute. Die Kreditinstitute haben ihre Risikoscheu weitgehend abgelegt und viele Unternehmen sind deutlich besser aus der Krise herausgekommen, als zunächst befürchtet. Die vom Münchner ifo-Institut für Wirtschaftsforschung monatlich ermittelte Kredithürde für die gewerbliche Wirtschaft ist in den vergangenen 14 Monaten kontinuierlich gesunken: Nur 23,7% der befragten Unternehmen klagen über Schwierigkeiten beim Kreditzugang, das ist der niedrigste Stand seit fast vier Jahren. “Der Kreditmarkt ist so liquide wie lange nicht”, so das ifo-Institut.

Banken kämpfen um Marktanteile

Durch den Aufschwung haben sich bei vielen Unternehmen die Geschäftszahlen und -perspektiven stark verbessert – mit der Folge höherer Bonitätseinstufungen und geringerer Kreditausfallwahrscheinlichkeiten für die Banken. Zudem haben einige Großbanken die Unternehmen als Kunden wieder stärker im Visier. Der Kampf um Marktanteile im Firmenkundengeschäft hat zugenommen, Unternehmen mit guter bis sehr guter Bonität sind begehrt. Der dritte Faktor für die entspannte Lage am Kreditmarkt ist, dass Unternehmen nicht so viel Kredit nachfragen, wie dies üblicherweise in einem Aufschwung der Fall ist.

Eigenkapitalquote überraschend gut

Die Betriebe konnten ihr Working-Capital-Management verbessern und können sich durch die gestiegenen Erträge auch von innen heraus gut finanzieren. Nach der Studie “Diagnose Mittelstand 2011” von der Sparkassenfinanzgruppe hat sich auch die Eigenkapitalsituation “zur großen Überraschung” erheblich besser entwickelt als erwartet. In der Breite des Mittelstands habe die Krise nicht zu einer abnehmenden Eigenkapitaldecke geführt – sie sei im Gegenteil schon 2009 leicht auf 15,6% gestiegen. Zudem war die Investitionsbereitschaft im vergangenen Jahr – aus den negativen Erfahrungen der Krise heraus – noch sehr zögerlich, und damit auch die Nachfrage nach Investitionskrediten. Die Banken konnten letztlich gar nicht so viele Kredite auslegen, wie sie gerne wollten. Erst seit Beginn des Jahres ziehen die Investitionen und die entsprechende Kreditnachfrage langsam wieder an. “Die Chancen für noch dynamischere Investitionen stehen gut”, heißt es in der “Diagnose Mittelstand”.

Wenig Investitionskredite nachgefragt

Für Stefan Boden, Leiter Unternehmensfinanzierung bei der Deutschen Bank, war die Kreditnachfrage im 2. Halbjahr 2010 für eine Aufschwungphase ungewöhnlich niedrig, was auch mit dem guten Cash-Management vieler Firmen zu tun habe. Die Vorsicht der Unternehmen bei Erweiterungsinvestitionen sei nach ihren Erfahrungen in den vergangenen Jahren nachvollziehbar. Die Investitionszurückhaltung werde nun aber wohl allmählich nachlassen. In den vergangenen Monaten habe man als Bank jedoch aufgrund der zögerlichen Kreditnachfrage gar nicht so viele Mittel vergeben können, wie man wollte. “Der Wettbewerb ist intensiv”, sagt Boden. “Wir beobachten mehr Aggressivität hinsichtlich Risikobereitschaft und Pricing im Kreditgeschäft.” Den Unternehmen kommt dies zugute, bei guter Bonität haben sie eine starke Verhandlungsposition. Boden: “Entscheidend für die Kreditvergabe ist die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells bzw. die Frage, wie stark das Unternehmen von Schwankungen bei der Konjunktur, den Rohstoffpreisen und der Situation einzelner Großkunden abhängig ist und ob es auf solche exogenen Störungen vorbereitet ist.”

Mehr Dialog mit den Unternehmen

Auch die Commerzbank berichtet, dass man insbesondere mit Beginn des Aufschwungs gerne mehr Kredite vergeben hätte. Durch die Integration der Dresdner Bank ist das Institut regional gut aufgestellt und engagiert sich stärker im Firmenkundengeschäft. Um in der Bonitätseinstufung mehr nach vorne statt in den “Rückspiegel” zu schauen, hat die Commerzbank das “Analyse-Tool Zukunftsfähigkeit” entwickelt. “Wir gehen sehr stark mit den Unternehmen in den Dialog: Welche Maßnahmen für weiteres Wachstum wurden ergriffen, welche Kundenstruktur und welche Sicherungsmaßnahmen gibt es”, sagt Marc Steinkat, Leiter Mittelstandsbank Region Bayern Süd. In seinem Bereich hätten Unternehmen von einem 6 Mrd. EUR hohen Kreditvolumen erst 2,8 Mrd. EUR in Anspruch genommen. Steinkat: “Das liegt nicht an den Konditionen, sondern die Unternehmen kommunizieren sehr strategisch mit der Bank und lassen sich höhere Kreditlinien einräumen, um mehr Spielraum zu haben.” Insgesamt verzeichnete die Mittelstandsbank der Commerzbank während der Krise in ihrem Kreditbestand eine Inanspruchnahme von lediglich zwei Dritteln der eingeräumten Kreditlinien. “In besseren Zeiten ist dies deutlich höher”, so Steinkat. Letztlich habe auch die Rückkehr einiger ausländischer Banken auf dem deutschen Markt für mehr Wettbewerb um Firmenkunden gesorgt.

Innenfinanzierung verbessert

Ein großes Interesse der Banken, “Geschäft zu machen”, sieht auch André Knöll, Geschäftsführer der Hauck & Aufhäuser Finance Management GmbH. “Die Kreditsituation hat sich aus Sicht der Unternehmen deutlich entspannt.” Besonders bei größeren Unternehmen (ab 100 Mio. EUR Umsatz) mit Investment-Grade-Rating oder besser stünden die Banken Schlange. Den Rückgang bei der Kreditnachfrage sieht er insbesondere im Schuldenabbau und Eigenkapitalstärkung der Unternehmen sowie in der Nutzung alternativer Finanzierungsmöglichkeiten begründet. “Die Unternehmen haben ihre Innenfinanzierung vorangetrieben und mehr als früher die komplette Bandbreite der Finanzierungsinstrumente im Blick.” Das werde sich auch in Zukunft noch stärker auswirken. Schwer hätten es allerdings weiterhin kleine Unternehmen mit schwächerer Bonität.

Investitionen ziehen wieder an

Als treibende Kraft in der Kreditversorgung des Mittelstands sehen sich die Genossenschaftsbanken. Der Kreditbestand an nicht-finanzielle Unternehmen und Selbstständige sei 2010 bei den Genossenschaftsinstituten um 5% gestiegen, während er in der Kreditwirtschaft insgesamt um 0,2% gesunken sei, wie Volker Stolberg, Mittelstandsexperte beim Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), erklärt. Auch er verweist darauf, dass in der Wirtschaftskrise die Eigenkapitalquote der Unternehmen – entgegen den Erfahrungen aus früheren Abschwüngen – gestiegen sei. “Dadurch konnten sie in gewissem Maße aus eigenen Mitteln schöpfen.” Stolberg geht davon aus, dass im Laufe der kommenden Monate die Investitionen weiter anziehen und die Kreditnachfrage steigen werde. Er stelle einen zunehmenden Bankenwettbewerb um Unternehmen mit guter Bonität fest. Stolberg verweist zudem auf das historisch günstige Zinsniveau, wobei sich der seit einigen Monaten zu beobachtende leichte Anstieg im Verlauf 2011 fortsetzen dürfte. Diese Entwicklung werde aber durch die insgesamt gute Geschäftslage der Unternehmen abgeschwächt.

Höhere Zinsen erwartet

Die Sparkassenfinanzgruppe hat 2010 bei den Darlehenszusagen um 3,4% auf 64,2 Mrd. Euro zugelegt. Christiane Bauer, Mittelstandsexpertin beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV), verweist darauf, dass man damit, inmitten der verhaltenen Kreditnachfrage, Marktanteile gewonnen habe. Trotz allgemeiner Investitionszurückhaltung sei das von Sparkassen bereitgestellte Volumen an Beteiligungskapital und Mezzanine von insgesamt 550 Mio. EUR etwa zur Hälfte in Anspruch genommen worden. Bauer rechnet mit leicht ansteigenden Zinsen im Jahresverlauf sowie einer zunehmenden Investitionskreditnachfrage. Neben einem schlüssigen und nachhaltigen Geschäftskonzept liege der Fokus bei der Kreditvergabeentscheidung darauf, wie gut das Unternehmen mit Eigenkapital ausgestattet sei.

Unternehmer sehen Umdenken

Die Finanzierungssituation wird durch eine Sonderumfrage der Bundesbank, die bereits Ende Januar veröffentlicht wurde, bestätigt. Demnach wollen rund zwei Drittel der befragten 29 deutschen Banken ihre Kreditvergabe an kleine und mittlere Unternehmen (KMU) 2011 ausweiten. Auch der Verband “Die Familienunternehmer – ASU” sieht ein Umdenken einiger Großbanken im Vergleich zu 2009 und ein stärkeres Bemühen um mittelständische Kunden. “Die Probleme beim Zugang zu Fremdkapital sind im Vergleich zu Anfang 2010 erheblich zurückgegangen”, sagt Daniel Mitrenga, Verbands-Referent für Unternehmensfinanzierung. “Die Geschäfts- und Auftragslage bei vielen Familienunternehmen ist sehr positiv, und sie investieren wieder stärker.” 2010 seien es überwiegend Ersatzinvestitionen gewesen, “aber seit Jahresbeginn spüren wir auch einen Anstieg bei Erweiterungsinvestitionen”. Damit bestätigt er den schon seit längerem zu beobachtenden Trend, dass sich Unternehmen unabhängiger vom Bankkredit gemacht haben.

Basel III wirft Schatten voraus

Kurzfristig dürfte die Lage also entspannt bleiben, jedoch sollten die Unternehmen nicht nur mit anziehenden Konditionen, sondern auch mit schwierigerem Kreditzugang rechnen. Basel III, mit seinen verschärften Eigenkapitalvorschriften, und andere Regularien, wie etwa die Bankenabgabe, werfen ihre Schatten voraus. DSGV-Expertin Bauer befürchtet, dass die Kultur der langfristigen Kreditvergabe durch Basel III leiden wird. “Die neuen Liquiditäts- und Refinanzierungsregelungen dürften nicht dazu führen, dass Kreditinstitute die bewährten langfristigen Finanzierungen nicht mehr im bisherigen Umfang gewähren können. Wir setzen uns deshalb für eine mittelstandsfreundliche Regelung ein.” Es ist davon auszugehen, dass die strengeren Anforderungen in der Eigenkapitalunterlegung sich auf Unternehmensseite besonders bei Firmen mit schwacher Bonität auswirken werden. “Die Rahmenbedingungen werden sich durch Basel III fundamental ändern”, sagt Deutsche-Bank-Experte Boden.

Ausblick:
Das Finanzierungsumfeld bleibt für die Unternehmen vorerst sehr gut. Sie sollten dies nutzen, um ihren Finanzierungsbedarf, insbesondere für kommende Investitionen, zu decken. Im Zukunft werden nicht nur die Zinsen steigen, sondern die Banken auch wieder höhere Margen nehmen und strengere Kriterien bei der Vergabe anlegen, um den künftigen Eigenkapitalanforderungen gerecht zu werden.


Bernd Frank
redaktion@unternehmeredition.de

Die mobile Version verlassen