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B2B-Verträge mit Tücken

Nationale und internationale B2B-Verträge zwischen Wirtschaftsunternehmen sind regelmäßig komplex und vielschichtig. Für die beteiligten Parteien stellen sie große Herausforderungen dar.

B2B-Verträge sollen einerseits die eigenen unternehmerischen Interessen angemessen sichern und schützen, andererseits aber den Anforderungen des Gesetzgebers und der Rechtsprechung entsprechen. Denn nur dann sind die Vertragswerke überhaupt wirksam. Insbesondere die deutsche Rechtsprechung zum Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) hat in den letzten Jahren massiv dazu beigetragen, die Wirksamkeitsvoraussetzungen an Verträge zu erhöhen, wenn deutsches Recht Anwendung findet.

Deutsche AGB-Rechtslage

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind nicht nur standardisierte Liefer- und Einkaufsbedingungen, sondern regelmäßig auch Regelungen in den eigentlichen Verträgen zwischen Wirtschaftsunternehmen als AGB einzustufen. Das überrascht, da das AGB-Recht ursprünglich im B2C-Verkehr seinen Hauptanwendungsbereich zum Schutz der Verbraucher hatte. Die Rechtsprechung hat diesen Schutz nunmehr aber auch auf den B2B-Verkehr und B2B-Verträge ausgedehnt und zudem den – früher klassischen – Vertrag ebenfalls dem AGB-Recht unterworfen. Die Anforderungen an einen ausgehandelten Individualvertrag, für den das AGB-Recht nicht gelten würde, sind mittlerweile derart hoch, dass der Individualvertrag in der Praxis die Ausnahme bleibt. Verträge müssen sich daher grundsätzlich an den strengen §§ 305 ff. BGB (dem AGB-Recht) und der diese Vorschriften konkretisierenden AGB-Rechtsprechung messen lassen.

Folgen für fehlerhafte B2B-Verträge

Beachten die Parteien bei ihren Verhandlungen und die abgefassten B2B-Verträge die vorgenannten Anforderungen des AGB-Rechts nicht, sind die Klauseln regelmäßig unwirksam oder werden erst gar nicht Vertragsbestandteil. In der Praxis sind hiervon insbesondere der Ausschluss mittelbarer Schäden, nicht den Anforderungen der Rechtsprechung entsprechende sonstige Haftungsausschluss- und Begrenzungsklauseln, Verkürzungen der Gewährleistungsfrist, Vertragsstrafenregelungen, Preisanpassungsklauseln und das Recht, einseitig die Leistung verändern zu können, erfasst. Nach neuerer Rechtsprechung kann die Verwendung unwirksamer AGB-Klauseln zudem eine wettbewerbswidrige Handlung darstellen, die von Wettbewerbern kostenpflichtig abgemahnt werden kann.

Deutsches Recht als Standortnachteil

In vielen anderen Ländern ist das AGB-Recht deutlich liberaler. Nach deren Rechtsordnungen kann beispielweise die Haftung für mittelbare Schäden ausgeschlossen oder die Haftungshöhe weitgehend eingeschränkt werden, z.B. auf den Auftragswert. Viele Stimmen sehen daher – nicht ganz zu Unrecht – das deutsche AGB-Recht als internationalen Standortnachteil für Wirtschaftsunternehmen.Nationale und internationale B2B-Verträge zwischen Wirtschaftsunternehmen sind regelmäßig komplex und vielschichtig. Für die beteiligten Parteien stellen sie große Herausforderungen dar.

Ein Ausweichen auf ein ausländisches Recht ist zwar prinzipiell möglich, eine solche Rechtswahl unterliegt jedoch hohen Hürden. Zudem können tragende Elemente des deutschen Rechts, zu denen wohl auch das AGB-Recht gehört, von Unternehmen bei einer abweichenden Rechtswahl nicht vollständig ausgeschlossen werden. Damit müsste das AGB-Recht – quasi über die „Hintertür“ – doch wieder berücksichtigt werden.

Geltung des UN-Kaufrechts

Ein häufiger Fehler deutscher Unternehmen, die grenzüberschreitend B2B-Verträge abschließen, ist die unreflektierte Einbeziehung oder auch der unreflektierte Ausschluss des UN-Kaufrechts. Das UN-Kaufrecht stellt eine durchaus durchdachte Rechtsordnung für den grenzüberschreitenden Kauf zwischen Unternehmen aus Mitgliedsstaaten dar, die dem Übereinkommen zum UN-Kaufrecht beigetreten sind. In Deutschland ist es für B2B-Verträge und AGB nach wie vor üblich, das deutsche Recht – allerdings unter Ausschluss des UN-Kaufrechts – für anwendbar zu erklären. Es kann im Einzelfall aber durchaus sinnvoll sein, das UN-Kaufrecht anzuwenden, zumal sich das UN-Kaufrecht und das deutsche Schuldrecht ähnlicher sind, als vielfach vermutet wird. Häufig kann das UN-Kaufrecht auch einen angemessenen Kompromiss für Vertragsparteien bei grenzüberschreitenden Verträgen darstellen.

Globalisierung als Herausforderung

Rechtsgeschäfte mit dem Ausland bedürfen zudem besonderer vertraglicher Regelungen, um Rechtsnachteile für die deutsche Vertragspartei zu vermeiden. Rechtswahlregelungen, die Wahl eines Gerichtsstandes oder die Vereinbarung des richtigen schiedsgerichtlichen Verfahrens, damit Ansprüche überhaupt durchgesetzt werden können, sind wichtige Aspekte, die genau durchdacht werden sollten.

Anforderungen bei Vertriebssystemen

Häufig werden Vertriebsrechte an ausländische Unternehmen vertraglich vergeben oder es wird ein internationales Vertriebssystem implementiert. Der deutsche Unternehmer muss sich bei der Gestaltung der B2B-Verträge zwischen einer Vielzahl existierender Vertriebssysteme – beispielsweise zwischen Handelsvertretern, Vertragshändlern sowie freien Händlern – entscheiden. Sämtliche Vertragsmodelle weisen dabei charakteristische Besonderheiten auf, die bei der Vertragsgestaltung zu berücksichtigen sind. Unterlässt der Unternehmer dies, so kann der internationale Vertrieb beispielsweise in schadens- und haftungsträchtigen Produkthaftungsansprüchen, Provisionsklagen, Streitigkeiten über Exklusivrechte und deren Verletzung, dem Stopp der Distribution aufgrund unzureichender Genehmigungslage sowie hohen Ausgleichsansprüchen der Vertriebspartner enden.


Zu den Personen

(© Hoffmann Liebs Fritsch & Partner Rechtsanwälte mbH)

Christoph Schmitt und Lothar Köhl sind Partner der national und international tätigen Wirtschaftskanzlei Hoffmann Liebs Fritsch & Partner Rechtsanwälte mbB in Düsseldorf. Das Commercial Team von HLFP begleitet mittelständische Unternehmen und Konzerne bei Vertragsverhandlungen und Vertragsgestaltungen. Sie sind seit vielen Jahren als Referenten in der Ausbildung von Rechtsanwälten und Unternehmensjuristen tätig und sind Autoren zahlreicher Fachpublikationen, u.a. des Praxishandbuchs „Gestaltung von Wirtschaftsverträgen“ und „AGB und Verträge für Unternehmen“. www.hlfp.de

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