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Auch Individual-Mezzanine rückläufig

Trotz seiner Vorteile bekommt auch Individual-Mezzanine die Finanz- und Konjunkturkrise zu spüren. Angesichts des Versiegens von Standard-Mezzanine als Finanzierungsquelle und der restriktiver gewordenen Kreditvergabe der Banken sind Unternehmen zwar auf der Suche nach Alternativen.

Trotz seiner Vorteile bekommt auch Individual-Mezzanine die Finanz- und Konjunkturkrise zu spüren. Angesichts des Versiegens von Standard-Mezzanine als Finanzierungsquelle und der restriktiver gewordenen Kreditvergabe der Banken sind Unternehmen zwar auf der Suche nach Alternativen. Doch der Nachfrage nach Individual-Mezzanine steht die nachlassende Risikoneigung vieler Investoren entgegen.

Risiken höher, Investitionen niedriger

Nachdem 2008 insgesamt ein sehr gutes Jahr für Individual-Mezzanine war, hat sich seit vergangenem Herbst eine “Beruhigung” eingestellt. Zwar ist der Markt – anders als bei Programm-Mezzanine – keineswegs “tot”. Die für mittelständische Unternehmen in den vergangenen Jahren wichtiger gewordene Finanzierungsquelle sprudelt inzwischen aber weniger stark. Die Konjunkturkrise und die zunehmenden Zahlungsausfälle von Unternehmen haben nun auch diesen Bereich berührt. Noch bis weit in das Jahr 2008 hinein war Individual-Mezzanine der Profiteur des Einbruchs bei Programm-Mezzanine gewesen. “Angesichts der Investitionszurückhaltung der Unternehmen hat sich das Geschäft gegenüber dem Vorjahr deutlich abgeschwächt”, sagt Dirk Köhler, Geschäftsführer der BeteiligungsKapital Hannover. Die 100%-Tochter der Sparkasse Hannover hat kleine und mittlere Firmen mit Jahresumsätzen zwischen 1 Mio. und 200 Mio. Euro als Kunden und geht überwiegend typisch stille Beteiligungen ein – Größenordnung etwa 500.000 bis 5 Mio. Euro. Köhler: “Die meist inhabergeführten Unternehmen wollen einen stillen Partner mit nur sehr eingeschränkten Mitspracherechten.”

Firmen suchen Eigenkapitalersatz

Nachfrage ist weiterhin vorhanden. Unternehmen sehen sich teilweise rückläufigen Eigenkapitalquoten gegenüber, brauchen also bilanzielles oder zumindest wirtschaftliches Eigenkapital, um dies auszugleichen und ihre Bonität bzw. ihr Rating als Kriterium für die Aufnahme weiteren Fremdkapitals zu halten. “Deshalb sind sie in manchen Fällen durchaus sogar bereit, eine Verteuerung von Individual-Mezzanine hinzunehmen”, erklärt Christian Vogel, Geschäftsführer der CFH Beteiligungsgesellschaft in Leipzig, einem Unternehmen der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). “Die Kunden verstehen Mezzanine inzwischen besser als früher und sehen die Vorteile einer individuell zugeschnittenen Finanzierung. Wir können auch echtes EK mit Mezzanine obendrauf als Wachstumsfinanzierung miteinander kombinieren.” In den letzten drei Jahren hat die CFH rund 25 Mittelständler mit individuellem Mezzanine und EK unterstützt.

Fixe und variable Zinskomponente

Kapitalgeber verlangen angesichts der gestiegenen Ausfallrisiken höhere Renditen. Alles in allem liegen die Kosten für Individual-Mezzanine deshalb – trotz der deutlichen Zinslockerung der Europäischen Zentralbank (EZB) – ungefähr auf dem Niveau von vor einem Jahr. Es variiert etwa in einer Bandbreite zwischen 8 und 16%, was in erster Linie von der Bonität des Mezzanine-Nehmers abhängt, in zweiter Linie von der Ausgestaltung hinsichtlich der Nähe zu “echtem” EK und – in diesem Zusammenhang – auch von der Aufteilung in die feste und die variable Zinskomponente. Je besser die Cashflow-Aussichten sind, umso höher kann der variable Zins in Relation zur fixen Zinskomponente sein. Zusätzlich wird bei einem Teil der Mezzanine-Ausreichungen noch ein Equity-Kicker vereinbart, d. h. der Investor erhält ein Options- oder Wandlungsrecht in Anteile am Unternehmen.

Nachfrage weiterhin gut

“Insbesondere Unternehmen, die noch relativ stabil in der Krise sind und sich in ihrer Finanzierung auf eine breitere Basis stellen wollen, fragen Individual-Mezzanine verstärkt nach”, beobachtet Guy Selbherr, Vorstand der MBG Baden-Württemberg. Überhaupt machten sich Unternehmer gerade jetzt mehr Gedanken über ihre Finanzierungsstruktur. Obwohl sich die Investitionsneigung deutlich abgeschwächt hat, konnte die MBG bei ihren Ausreichungen zulegen. Auch vom Konjunktureinbruch betroffene Firmen können noch mit Beteiligungskapital rechnen. Selbherr: “Aber man muss klar unterscheiden: Intakte Unternehmen, die nur durch die Krise in Schwierigkeiten geraten sind, erhalten viel eher eine Finanzierungszusage als Firmen, die schon vor dem Juli 2008 Probleme hatten.” Für die zunehmende Zahl der Restrukturierungsfälle liege eine offene Beteiligung meist näher.

MBGs mit stillen Beteiligungen

Selbherr sieht die allgemeine Bereitschaft zur Mezzanine-Vergabe deutlich eingeschränkt. “Es hätte keiner gedacht, dass Unternehmen mit Umsatzeinbrüchen von 40% und mehr binnen kurzer Zeit kippen können. Das beunruhigt auch die Mezzanine-Geber.” Die Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften (MBGs) gehen in der Regel typisch stille (Minderheits-)Beteiligungen ein, bis zur Höhe des wirtschaftlichen Eigenkapitals des Unternehmens und mit Kontroll- und Informationsrechten ausgestattet. Die Einlage gilt als wirtschaftliches EK, auch wenn sie als Fremdkapital bilanziert wird. Die MBGen bieten diese schon etwa ab 200.000 Euro an mit einer Laufzeit zwischen 5 und 10 Jahren.

Tendenz zu höheren Margen

Bei größeren Mittelständlern, ab etwa 200 Mio. Euro Umsatz, sieht Stefan Ries von der Kölner Privatbank Sal. Oppenheim seit September 2008 einen regelrechten Einbruch bei Individual-Mezzanine. “Investoren sehen, dass schon einige Rückzahlungen von bestehenden Mezzanine-Finanzierungen wackeln.” Nachrangkapital ist zurzeit bei Investoren schwer zu platzieren. Ries: “Aber der Markt wird sich wieder beleben, weil Mezzanine unverändert eine ideale Alternative zu klassischem EK bleibt. Es wird aber tendenziell teurer werden, im Vergleich zum Vorjahr vielleicht mit etwa 3 oder 3,5% höherer Marge, bei allerdings niedrigerem Zinsniveau.” Der Vorteil von Individual-Mezzanine liegt auf der Hand: Es kann individuell an die Finanzierungssituation des Kapitalnehmers und an den Finanzierungszweck angepasst werden. Die Anbieterseite reicht von Banken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken über die MBGen der Bundesländer und die KfW-Bankengruppe bis hin zu unabhängigen Investoren. Beratend können spezialisierte Anwaltskanzleien sowie Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften zur Seite stehen.

Entscheidungshoheit und besseres Rating

Am häufigsten sind stille Beteiligungen, möglich sind aber auch Genussscheine und Hybridanleihen sowie Nachrangdarlehen. Vorteil insgesamt ist, dass der Unternehmer das Heft bei der Unternehmensführung in der Hand behält und dem Kapitalgeber zwar Informations- und Kontrollrechte, aber keine oder nur sehr eingeschränkte Mitspracherechte einräumt. Zugleich verbessert er mit der Erhöhung der EK-Quote sein Rating, was die Aufnahme weiteren Fremdkapitals erleichtert. Häufigster Anlass sind Wachstumsfinanzierungen. Auch Management Buyouts und Leveraged Buyouts, Nachfolgefinanzierungen sowie Restrukturierungen werden mit Individual-Mezzanine (teils im Verbund mit zusätzlichen Fremdmitteln) finanziert. Die Volumina reichen von weniger als 100.000 Euro in sehr kleinen bis zu mehr als 50 Mio. Euro in sehr großen Fällen.

Anschlussfinanzierungen früh vorbereiten

Das Auslaufen von Standard-Mezzanine in den nächsten ein bis zwei Jahren kann zu Finanzierungsengpässen bei einigen Unternehmen führen. Individual-Mezzanine ebenso wie offene Beteiligungen (mit klassischem EK) wären Alternativen – betroffene Unternehmer sollten sich frühzeitig mit dieser Frage auseinandersetzen.

Bernd Frank
redaktion@unternehmeredition.de

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