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Altes Haus mit neuer Einrichtung

Beim mittelständischen Möbelzulieferer Plocher hat ein externer Jungunternehmer das Ruder übernommen, um es mit frischen Ideen in die Zukunft zu führen. Dabei wird er unterstützt durch Beteiligungskapital.

Hier fügen sich Tradition und ein moderner Maschinenpark zusammen. Beim Möbelhersteller Plocher entstehen aus Rohspanplatten an jedem Arbeitstag 50.000 kleine Schmalbauteile –   Schubkastenelemente beispielsweise oder Travers- und Sockelleisten für die Küche. Was hier im Schwarzwald in mehr als einem halben Jahrhundert gewachsen ist, führt ein neuer Eigentümer jetzt in die Zukunft. Der 30-jährige Philipp Egner stammt nicht aus dem Familienkreis, aus dem sich kein Nachfolger gefunden hat. Dennoch hat auch er sich vorgenommen, die Grundstrukturen der Firma zu erhalten und für Wachstum zu sorgen. Es ist das, was die drei Altgesellschafter von einem Nachfolger erwarten. Für Egner wiederum ist der Traditionsbetrieb genau das, was er sich gewünscht hat: „Ich habe gezielt nach einer offenen Nachfolgeregelung im produzierenden Mittelstand gesucht, bei der man sich mit den Herstellungsprozessen und deren Weiterentwicklung identifizieren kann.“

Wie der Vater, so der Sohn

Egner bringt Wissen und Praxiserfahrung mit. Nach dem Studium an der London School of Economics hat er sich beim Technologiekonzern Exceet Group mit Firmenkäufen und der Entwicklung von Unternehmen beschäftigt. Anschließend war er Leiter einer Tochtergesellschaft für Chipkartenverkauf, ehe er den Start in die Selbständigkeit suchte. Der Kontakt mit den Familieneigentümern von Plocher kam über das Netzwerk des Vaters Dr. Manfred Egner zustande. In seiner Laufbahn war Senior Egner selbst erfolgreicher Geschäftsführer mehrerer Unternehmen. Es stellte sich schnell heraus, dass die Interessen zueinander passten. Die Alteigner wollten nicht, dass die Traditionsfirma unter dem Dach eines Konzerns ihre Eigenständigkeit verliert oder beim Kauf durch eine Private Equity-Gesellschaft mit Schulden belastet wird. Der Käufer sollte den Mitarbeitern eine langfristige Perspektive bieten und das Unternehmen in die Zukunft ausrichten. „Vor allem geht es darum, auf die Wünsche unserer Kunden aus der deutschen Möbel- und Küchenindustrie, aber auch aus der Schweiz, Österreich und den Beneluxstaaten schnell und zuverlässig zu reagieren“, unterstreicht Egner.

 Losgröße 1 bedienen

Gleich 2017, im Jahr nach der Übernahme, wurde in Automatisierung und Digitalisierung investiert. So sorgt ein neues ERP-System für einheitliche EDV-und Softwarekomponenten. Die weitere Automatisierung des modernen Maschinenparks hilft, noch schneller auf Kundenwünsche zu reagieren. „Das ist unsere Antwort auf den Trend hin zu weniger Massenproduktion und mehr Losgröße 1“, sagt Egner. Losgröße 1 bedeutet eine bedarfsgerechte Herstellung einzelner Produkte auch in kleinen Mengen. Die von Plocher zunächst mit einer Folie, sogenannten Dekoren, ummantelten Rohspanplatten werden dabei maßgeschneidert produziert. Der Zulieferer stellt darüber hinaus ganze Futon-Betten oder Schrankkränze her, die er entsprechend den Vorgaben innerhalb von 48 Stunden produziert und liefert.

Beim mittelständischen Möbelzulieferer Plocher hat ein externer Jungunternehmer das Ruder übernommen, um es mit frischen Ideen in die Zukunft zu führen. Dabei wird er unterstützt durch Beteiligungskapital.

Vater und Sohn Egner haben das Unternehmen über ihre Beteiligungsgesellschaft ME Capital Advisory & Consulting GmbH erworben. Um Eigenkapital durch eine 50/50-Partnerschaft auf Augenhöhe mit dem Vater investieren zu können, entschied sich Philipp Egner für eine stille Beteiligung der MBG Baden-Württemberg. „Diese Finanzierungsform ist interessant, weil sie die Eigenkapitalquote erhöht und damit regelmäßig zu einem besseren Rating bei Banken und Finanzinformationsdienstleistern führt“, sagt MBG-Geschäftsführer Guy Selbherr. Andererseits verändert sie nicht die Anteilsverhältnisse. Der Unternehmer muss also – trotz gewisser Informationspflichten – nicht fürchten, eine weitere mitbestimmende Person in die Firma zu holen. Ungeachtet dessen steht die MBG mit ihrem Know-how und ihren Netzwerken beratend zur Verfügung. Die Beteiligungsgesellschaft hatte ebenfalls gute Gründe für ihr Engagement. „Plocher ist ein etabliertes Unternehmen, das auch in Zukunft erfolgreich am Markt agieren wird“, sagt Selbherr. Überzeugt hätten neben dem angemessenen Kaufpreis auch das Fachwissen sowie die frischen Ideen der neuen Eigentümer.

Altgesellschafter und Senior gemeinsam im Beirat

Der Firmenchef sieht sowohl im Exportgeschäft als auch bei den deutschen Kunden Potenzial. „Viele Möbelhersteller konzentrieren sich auf ihr Kerngeschäft, wollen Lagerbestände abbauen. Wir können sie dabei unterstützen, indem wir unser Leistungsspektrum noch einmal erweitern“, so Egner. Und er freut sich, dass er über neue Ideen mit erfahrenen Partnern reden kann. Sein Vater ist im Beirat des Unternehmens. Einer der Altgesellschafter steht ihm auf Vertragsbasis beratend zur Seite.

Beim mittelständischen Möbelzulieferer Plocher hat ein externer Jungunternehmer das Ruder übernommen, um es mit frischen Ideen in die Zukunft zu führen. Dabei wird er unterstützt durch Beteiligungskapital.

 „Ich will jungen Unternehmern Mut machen“

Interview mit Philipp Egner, Geschäftsführender Gesellschafter, Plocher Möbelelemente GmbH

Unternehmeredition: Was stimmt Sie optimistisch, ein Traditionsunternehmen wie Plocher in die Zukunft zu führen?

Egner: Die Möbelindustrie gilt durchaus als schwierige Branche, auch weil osteuropäische Anbieter etwa in Polen viele Jahre lang von der EU subventioniert wurden. Wenn sich ein deutsches Unternehmen in dieser Zeit behauptet hat, dann ist ihm das aufgrund strikter Kundenorientierung und einer nachhaltigen Ausrichtung gelungen. Hinzu kommt: Plocher kann komplexen Anforderungen gerecht werden, die man nicht einfach so kopieren kann.

Wo sehen Sie besondere Herausforderungen?

Der Fachkräftemangel ist nicht nur ein Schlagwort. In unserer ländlichen Region herrscht nahezu Vollbeschäftigung. Hier sind auch für einfachere Tätigkeiten gute Leute schwer zu bekommen. Bei einer gehobenen Tätigkeit, wie etwa der eines Maschinenführers, passen oft die Verdiensterwartungen und unsere Lohnstrukturen nicht zusammen. Für uns als Wachstumsunternehmen, das öfter einmal neues Personal einstellen muss, ist all das schon eine Herausforderung.

Wer in ein Unternehmen einsteigen will, fürchtet sich oft vor der Finanzierung oder davor, nicht die passende Firma zu finden. Was raten Sie?   

Ich will gerade auch jungen Unternehmern gerne Mut machen. In Deutschland sind viele Nachfolgeregelungen noch ungelöst, was übrigens auch ein Problem für den Standort werden kann. Von M&A-Beratern über Online-Plattformen bis hin zu persönlichen Netzwerken finden sich genügend Möglichkeiten, interessante Unternehmen zu identifizieren. Mit Investoren wie der MBG Baden-Württemberg kann man dann auch Vorhaben im eher kleineren Bereich realisieren. Auch unsere Beteiligungsgesellschaft sucht nach weiteren Nachfolgeunternehmen.


Kurzprofel Plocher Mögelelemente GmbH

Gründungsjahr 1953
Branche Möbelzuliefererindustrie
Unternehmenssitz Vöhringen
Umsatz 2016
15 Mio. Euro
Mitarbeiterzahl 100

www.plocher-gmbh.de

 

 

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