Nicht um jeden Preis

In der Wirtschaftspolitik wird derzeit nichts so kontrovers diskutiert wie Freihandelsabkommen. Die Frontlinie verläuft quer durch die Gesellschaft und politische Lager. Allein die großen Wirtschaftsverbände sprechen sich uneingeschränkt für TTIP und Co. aus. Doch die, die davon betroffen sind, denken in Alternativen.

Als an einem Mittwochmorgen im November feststeht, dass Donald Trump der nächste Präsident der USA sein wird, sitzt Dirk Seitz in seinem Karlsruher Büro und wirkt entspannt. „Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass Zölle erhoben und Einfuhrbeschränkungen verstärkt werden“, sagt der Geschäftsführer des Fensterherstellers Aluplast.

Skepsis wird als Mythos abgetan

Seitz ist Mittelständler und Familienunternehmer. Sein Betrieb Aluplast ist Systemhersteller von Kunststofffenstern und Haustüren. In den USA in der Nähe von Salt Lake City hat Aluplast einen Vertriebsstandort. Damit sollte er also von Freihandelsabkommen wie TTIP und CETA so richtig profitieren. Das jedenfalls sagen Vertreter aus Politik und Wirtschaft: Wegfall von Zöllen, Abbau von Handelsbarrieren, Angleichung von Produktstandards, mehr Investitionsmöglichkeiten. Die größten Befürworter von Freihandelsabkommen sind die großen Unternehmensverbände. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag nennt „10 gute Gründe für TTIP“ und bezeichnet die Skepsis daran als „Mythen“. Der Bundesverband der Deutschen Industrie fordert eine „vernehmbare und kontinuierliche Fürsprache“ und bezeichnet die Kritik als „Foulspiel gegen TTIP“.

Doch mit der Wahlentscheidung vom 8. November dürften sich all die vermeintlichen Vorteile erledigt haben, denn der Republikaner Trump hatte sich im Wahlkampf klar gegen Freihandel und Globalisierung ausgesprochen. Die Ankündigung Trumps, aus dem Transpazifischen Freihandelsabkommen TPP auszusteigen, gilt hierfür als schlechtes Omen. Führende Politiker wie die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström gehen davon aus, dass die Verhandlungen zu TTIP, dem Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union (EU) und den USA, nun zum Erliegen kommen werden.

Das allerdings freut nicht nur die Trump-Wähler. Auch in Deutschland sind die Freihandelsabkommen TTIP sowie CETA, das Abkommen zwischen der EU und Kanada, umstritten – Kritiker befürchten etwa die Angleichung europäischer Standards an die vermeintlich laxeren nordamerikanischen Vorgaben, insbesondere in der Landwirtschaft und der Lebensmittelbranche.

Für, dagegen oder irgendwas dazwischen?

Auch einige Geschäftsführer von kleinen und mittleren Unternehmen machen sich ihre Gedanken über die Verhandlungen und sorgen sich vor allem um ihre Wettbewerbsfähigkeit. Sehen sie sich also nicht als die großen Gewinner, zu denen sie von den Verbänden erkoren werden? Wie ist die Stimmung unter Mittelständlern beim Thema Freihandel – für, dagegen oder irgendetwas dazwischen?

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